8. Oktober 2011

Seit 60 Jahren daheim in Nordrhein-Westfalen

Eine Woche bevor am ersten Oktoberwochenende in Bonn der NRW-Tag mit der ersten Riege deutscher Politprominenz begangen wurde, zelebrierten die in Nordrhein-Westfalen lebenden Siebenbürger Sachsen ihren ganz eigenen NRW-Tag in Gummersbach, etwa 75 Kilometer von der ehemaligen Bundeshauptstadt entfernt. 60 Jahre Landesgruppe Nordrhein-Westfalen des Verbandes der Siebenbürger Sachsen in Deutschland sollten gebührend gefeiert werden – und gekommen waren viele: Vertreter aus den nordrhein-westfälischen Kreisgruppen, Chöre, Blaskapellen, Tanz- und Theatergruppen, Vorstände anderer Landesverbände und Vereine sowie gut gelaunte Siebenbürger aus der ganzen Republik. So hochrangige Politiker wie beim NRW-Tag in Bonn waren zwar in Gummersbach bei der drittgrößten Landesgruppe im Verband der Siebenbürger Sachsen nicht zu Gast, aber immerhin doch ein Staatssekretär, ein Generalkonsul, ein Landrat, zwei Landtagsabgeordnete und drei Bürgermeister.
Die Festveranstaltung am Nachmittag des 24. September in der Stadthalle Gummersbach wurde nach dem Festruf der siebenbürgischen Blaskapellen aus Overath, Herten und Gummersbach von Rainer Lehni, Vorsitzender des Landesverbandes Nordrhein-Westfalen, eröffnet, der die zahlreichen Ehrengäste begrüßte, unter ihnen den Festredner Marc Jan Eumann, Staatssekretär für Bundesangelegenheiten, Europa und Medien, Dr. Bernd Fabritius, Bundesvorsitzender des Verbandes der Siebenbürger Sachsen in Deutschland und Präsident der weltweiten Föderation der Siebenbürger Sachsen, Dr. Vlad Vasiliu, Generalkonsul von Rumänien in Bonn, sowie Bodo Löttgen, MdL, Beauftragter für Heimatvertriebene und Spätaussiedler der CDU-Landtagsfraktion in Nordrhein-Westfalen. Das Motto des Jubiläums, „Wir sind daheim“, gehe auf den ehemaligen Landesvorsitzenden Robert Gassner (1961-1966 und 1974-1979) zurück, der seine Rede bei der Einweihung der Siebenbürger-Sachsen-Siedlung 1966 in Drabenderhöhe mit diesem Satz begonnen hatte. Dieser Satz habe seine Gültigkeit bis heute nicht verloren, so Lehni.

60 Jahre Siebenbürger Sachsen in NRW
Videos: Eine Videodokumentation von Günther Melzer mit freundlicher Unterstützung der Carl Wolff Gesellschaft

Festschrift:

Der Bürgermeister von Gummersbach, Frank Helmenstein, hatte es sich nicht nehmen lassen, die rund 800 Festbesucher persönlich in der Gummersbacher Stadthalle zu begrüßen, und auch Hagen Jobi, siebenbürgischer Landsmann und Landrat des Oberbergischen Kreises, sprach ein Grußwort, ebenso wie Bodo Löttgen, der den Einsatz der Siebenbürger in der nordrhein-westfälischen Gesellschaft lobte. Daneben schnitt er aber auch weniger erfreuliche Themen wie die nicht erfolgte Finanzierung einer siebenbürgischen Veranstaltung an und nutzte die Gelegenheit, dies der Landesregierung in Person des Staatssekretärs Eumann zu Gehör zu bringen. Dr. Vlad Vasiliu erinnerte sich an die in Zusammenarbeit mit den Siebenbürger Sachsen in NRW organisierten Veranstaltungen und bedauerte den Weggang der siebenbürgischen Landsleute aus Rumänien, dankte ihnen aber auch für den Erhalt des Kulturguts in seinem Heimatland.
Von links: Dr. Bernd Fabritius, Hagen Jobi, Marc ...
Von links: Dr. Bernd Fabritius, Hagen Jobi, Marc Jan Eumann, Rainer Lehni. Foto: Gunter Roth
Dr. Bernd Fabritius betonte in seinem Grußwort, dass die Siebenbürger Sachsen in NRW bestens integriert seien und dies ein Verdienst der ehrenamtlich tätigen Landsleute sei, deren „bemerkenswertes Engagement“ er lobte. Besonders eindrücklich erklärte er, dass die Siebenbürger Sachsen entgegen der landläufigen Auffassung keine Migranten seien, sondern dem deutschen Kulturkreis entstammten. Mit dem Hinweis auf die Patenschaft Nordrhein-Westfalens über die Siebenbürger Sachsen in Deutschland verband der Bundesvorsitzende einen Gruß und eine Einladung an die Ministerpräsidentin des Patenlandes, Hannelore Kraft, im nächsten Jahr den siebenbürgischen Heimattag in Dinkelsbühl zu besuchen.

Weil sich die vorangegangenen Grußworte in die Länge gezogen hatten und der nächste Termin drängte, war der Festredner Marc Jan Eumann in Eile – und musste sich zu seinem eigenen und des Publikums Bedauern kurz fassen. Der Staatssekretär überbrachte Grüße der nordrhein-westfälischen Landesregierung und der Ministerpräsidentin Hannelore Kraft und lobte die Siebenbürger Sachsen als „Erfolgsgeschichte“ und „gutes Beispiel für Integration und Vielfalt“. Er regte an, den Austausch mit Rumänien zu verstärken und auszuweiten, damit die Erfolgsgeschichte weitergehen könne, sowie die Patenschaft des Landes NRW über die Siebenbürger Sachsen mit mehr Leben zu füllen, was die Zuhörer mit anerkennendem Nicken honorierten. Dann musste sich Eumann verabschieden, um zur nächsten Veranstaltung zu eilen.

Musikalisch umrahmt wurden Grußworte und Festrede von der Sängerin Hildegard Bergel-Boettcher und der Gitarristin Andrea Gatzke, die siebenbürgisches Liedgut zu Gehör brachten, sowie Conny Melzer und Carmen Daniela, die auf der Querflöte und am Klavier Klassisches von Donizetti und Constantinescu spielten. Karin Roth, Vorsitzende der Kreisgruppe Herten und Landesfrauenreferentin von Nordrhein-Westfalen, moderierte die Festveranstaltung, die mit dem gemeinsamen Singen des Siebenbürgen- und des Deutschlandlieds endete, souverän und heiter.
Festgottesdienst in der Evangelischen Stadtkirche ...
Festgottesdienst in der Evangelischen Stadtkirche Gummersbach. Foto: Gunter Roth
Begonnen hatte der Festtag mit einem gut besuchten Gottesdienst in der Evangelischen Stadtkirche Gummersbach, dessen Kollekte für die Instandsetzung des Chorgestühls in Bistritz und die Tobsdorfer Orgel, die zur Aufbewahrung nach Mediasch gebracht wird, verwendet werden soll. Am anschließenden Festzug von der Kirche zur Stadthalle hoch über der Stadt beteiligten sich 220 Trachtenträger und viele Gäste, die bei spätsommerlicher Hitze ins Schwitzen kamen, dafür aber – oben angekommen – mit einem sensationellen Ausblick über Gummersbach belohnt wurden.

Das Singspiel „Ein Jahr im Weinberg“ von Susanna Kräutner, inszeniert von Gerda Gusbeth, Anneliese Hüll und Enni Janesch, aufgeführt von den Kulturgruppen aus Drabenderhöhe, sorgte vor dem Abendessen für Erheiterung und begeisterten Applaus. Besonderes Augenmerk galt dem den Chor begleitenden Akkordeonspieler Hans-Otto Tittes, der an diesem Tag seinen 74. Geburtstag feierte, sowie der Kindertanzgruppe Drabenderhöhe, die trotz einiger nicht ganz so sauber getanzter Schrittfolgen und daraus resultierender kurzzeitiger Orientierungslosigkeit ansteckend gute Laune verbreitete und für typisch siebenbürgische Ausrufe wie „Joi, wie schatzig!“ sorgte.
Die Kindertanzgruppe Drabenderhöhe wirkte beim ...
Die Kindertanzgruppe Drabenderhöhe wirkte beim Singspiel mit. Foto: Doris Roth
Am Abend spielten die Kapellen aus Drabenderhöhe, Gummersbach, Herten und Overath Blasmusik und die siebenbürgischen Tanzgruppen aus Köln, Wiehl-Bielstein und Drabenderhöhe zeigten ihr Können auf dem Parkett. Die Gäste der Jubiläumsfeier konnten sich den ganzen Tag über verschiedene Ausstellungen des Frauenreferates und des Siebenbürgisch-Deutschen Heimatwerks ansehen und die 452 Seiten starke Festschrift zum 60-jährigen Jubiläum der Landesgruppe Nordrhein-Westfalen erwerben – eine knapp 1,2 Kilo schwere Chronik von der Gründung am 28. Januar 1951 bis heute.

Was bleibt von diesem Festtag in Nordrhein-Westfalen im Gedächtnis? Die entspannte Atmosphäre, von der Landesfrauenreferentin Karin Roth begeistert „Volksfeststimmung“ genannt, der makellos blaue Himmel über Gummersbach, der Fernsehbericht im WDR (zu sehen in der WDR-Mediathek im Internet auf www.wdr.de) und das gute Gefühl daheim zu sein – daheim in NRW.

Doris Roth



Online-Bildergalerie:

60-jähriges Jubiläum der Landesgruppe Nordrhein-Westfalen

Schlagwörter: Nordrhein-Westfalen, Jubiläum

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