15. Juni 2011

Hans-Peter Friedrich: Optimismus für ein gemeinsames Europa

Bundesinnenminister Dr. Hans-Peter Friedrich hat in seiner Festrede beim Heimattag der Siebenbürger Sachsen am 12. Juni 2011 in Dinkelsbühl die tragfähigen Brücken angesprochen, die die Siebenbürger Sachsen in Europa und insbesondere zwischen Deutschland und Rumänien bauen. Wer die Farbenpracht und Fröhlichkeit des heutigen Festzugs gesehen habe, spüre den „Optimismus den es braucht, um ein gemeinsames Europa zu bauen“, sagte der CSU-Politiker. In über 850 Jahren ihrer Siedlungsgeschichte hätten die Siebenbürger Sachsen ihre Wurzeln nie vergessen. Mit einer aktiven Jugendarbeit sei es dem Verband der Siebenbürger Sachsen gelungen, diese kulturellen Werte an die nachfolgende Generation weitergeben. Die Festrede des Innenministers wird im Wortlaut wiedergegeben.
Sehr geehrter Herr Bundesvorsitzender Dr. Fabritius,
lieber Ministerkollege Herr Außenminister Dr. Baconschi,
sehr geehrter Herr Oberbürgermeister Dr. Hammer,
lieber Peter Maffay,
liebe Siebenbürger Sachsen aus nah und fern, die Sie gekommen sind heute nach Dinkelsbühl weit über die Grenzen Deutschlands hinaus, ich grüße Sie alle und, meine Damen und Herren, wer diesen Festzug hier heute gesehen hat mit seiner Farbenpracht, mit seiner Jugend, mit der Fröhlichkeit der Menschen, die hier vorbeigezogen sind, der spürt den Optimismus, den wir brauchen, um das gemeinsame Europa zu bauen.

Ich freue mich sehr, lieber Herr Bischof Reinhart Guib, dass Sie auch zu Beginn dieser Kundgebung das geistliche Wort an uns gerichtet haben, denn ich glaube, wir sollten jeden Anlass auch wahrnehmen, und gerade einen solchen, um darauf hinzuweisen, dass unser Land und dass unsere Kultur, dass unser Europa aufbaut auf dem christlichen Glauben, auf den Werten, die uns lehren, was gut und böse, was richtig und falsch ist.

Bundesinnenminister DR. Hans-Peter Friedrich ...
Bundesinnenminister DR. Hans-Peter Friedrich während seiner Festrede in Dinkelsbühl. Foto: Lukas Geddert
Lieber, sehr verehrter Herr Außenminister, ich darf Ihre Regierung in Rumänien beglückwünschen. Beglückwünschen zu dieser Weitsicht, dass Sie erkennen, welchen großartigen Wert diese Menschen hier als Brückenbauer für Ihr Land und für unser Land und für unsere Gemeinsamkeit haben.

Bereits im letzten Jahr hat der damalige Innenminister Vasile Blaga auf die guten Beziehungen zwischen Deutschland und Rumänien hingewiesen und auch darauf, wie wichtig bei Ihnen in Rumänien diese Beziehungen genommen werden, und ich glaube heute an diesem Tag demonstrieren wir auch, wie wichtig für uns Deutsche diese Beziehungen nach Rumänien sind. Nicht nur eine stattliche Anzahl von Landtagsabgeordneten aus dem bayerischen Parlament, aus dem Nordrhein-Westfalens, der Präsident aus Hessen, sondern auch Stephan Mayer, mein Kollege aus dem deutschen Bundestag, ist gekommen, und, liebe Freunde, Stephan Mayer ist ein junger Abgeordneter, schon zehn Jahre immerhin im Bundestag, ein junger Abgeordneter aus Oberbayern, der gesagt hat: Ich will mir die Anliegen der Menschen, die aus den östlichen Ländern zu uns kommen, und die Anliegen der Minderheiten, der deutschen Minderheiten dort, zu meinem Anliegen machen. Lieber Stephan, ich danke dir für dein patriotisches Engagement.

Meine Damen und Herren, diese Kontakte haben in den letzten Jahren dazu beigetragen, dass inzwischen die Mentalitäten zwischen unseren Ländern, und die sind ja schon oft zwischen Bundesländern in Deutschland nicht so ganz einfach, besser verstanden werden. Sie alle haben dazu beigetragen, dass inzwischen auch ein festes Band an Geschäftsbeziehungen besteht, dass es deutsche Unternehmer gibt, die in Ihrer Heimat, Ihrer ehemaligen Heimat investieren und es gibt immer mehr aus dem deutschen Bereich, die hinübergehen in Ihre ehemalige rumänische Heimat, um für immer wieder dort zu wohnen und zu arbeiten oder wenigstens teilweise dazubleiben und es ist heute schon die Rede von den so genannten Sommer-Sachsen, das sind die Siebenbürger Sachsen, die regelmäßig im Sommer zurückfahren in ihre Heimat. Das ist eine wunderbare Geschichte, meine sehr verehrten Damen und Herren, denn die Liebe zur Heimat, die lässt sich keiner von uns nehmen, und darauf sollten wir auch stolz sein.

Liebe Freunde, ich glaube gerade bei Ihnen und in diesem Gefühl, dass Sie Ihre Heimat im Herzen und unser deutsches Vaterland im Blick haben, gerade bei Ihnen gibt es die Grundlage dafür, dass wir ein gemeinsames Europa der Zukunft bauen.

Begeisterung für unser gemeinsames Europa

Liebe Freunde, das 21. Jahrhundert bedeutet eine große Herausforderung. Die Globalisierung bringt mit sich, dass wir in einen Wettbewerb der Kulturen weltweit treten, und die europäische Kultur, unsere gemeinsame Geschichte, gewachsen über Jahrhunderte, muss gemeinsam zusammengeführt werden in einem Europa, in dem wir auch diesen Wettbewerb der Kulturen bestehen können. Und deswegen, liebe Freunde, so wie wir unsere Heimat im Herzen haben, so wie wir Begeisterung für unser deutsches Vaterland empfinden, hoffe ich, dass wir gemeinsam auch die Begeisterung für unser gemeinsames Europa eines Tages empfinden können. Lasst uns gemeinsam daran arbeiten.

Sprache schafft Gemeinsamkeit

Eine der wichtigen Herausforderungen, denen sich gerade auch die Bundesregierung widmet und auch in vielerlei Hinsicht auf verschiedenen Ebenen, ist die Pflege der deutschen Sprache, auch in Ihren rumänischen Heimatgebieten. Das ist nicht so einfach, denn viele der Deutschen sind hierher gekommen. Es fehlt dort eine mittlere Generation. Wir haben nur noch relativ wenig junge Leute und es ist natürlich schwierig, auch die Infrastruktur an Bildungseinrichtungen, an Schulen aufrecht zu erhalten, und ich glaube, das wird eine der wichtigen Herausforderungen für uns gemeinsam sein, dass wir die Pflege der deutschen Sprache in Rumänien weiter aufrecht erhalten und vielleicht auch den einen oder anderen rumänischen Jugendlichen für unsere Sprache begeistern können, denn Sprache schafft Gemeinsamkeit, und deswegen müssen wir daran arbeiten.

Die Siebenbürger Sachsen haben Zukunft

Meine Damen und Herren, und hier spielt die Jugend eine besondere Rolle. Sie haben in Ihrem Verband schon sehr früh erkannt, wie wichtig eine gute Jugendarbeit ist, und die vielen Kinder- und Jugendgruppen, die wir heute auch gesehen haben, zeigen: Die Siebenbürger Sachsen haben Zukunft, weil die Botschaft des Herzens auf die Kinder übergeht – das ist der entscheidende Punkt.

Meine Damen und Herren, in diesem Jahr feiern wir den 800. Jahrestag seit der Niederlassung des Deutschen Ordens in Siebenbürgen. Sie sind damit als Siebenbürger Sachsen eine der ältesten Traditionen aller deutschen Aussiedler und Sie haben es geschafft, Ihre Identität zu bewahren, und ich denke, darauf können Sie in besondere Weise stolz sein. Das ist im Übrigen auch, wenn ich das sagen darf an dieser Stelle, lieber Herr Fabritius, lieber Herr Graeff, die Grundlage Ihrer erfolgreichen Verbandsarbeit, die natürlich auch bei uns im Innenministerium sehr genau beobachtet wird – mit sehr viel Wohlwollen. Aus einer langjährigen Tradition heraus den Weg in eine erfolgreiche Zukunft zu finden und dabei zu wissen, dass man auf einer Tradition aufbaut, dass man auf einem festen Fundament steht und dass man auf diesem Fundament in die Zukunft geht, darauf kommt es an und Sie machen das in ganz hervorragender Weise.

Hilfestellung für Deportierte

Meine besondere Anerkennung gilt den vielen ehrenamtlich Engagierten in Ihrem Verband, die sich für die Belange hilfsbedürftiger und ratsuchender Menschen einsetzen, und hier waren es besonders diejenigen Männer und Frauen, die nach dem Krieg mit Deportation und Zwangsarbeit für die Verbrechen Deutschlands im Zweiten Weltkrieg büßen mussten. Dass Sie diese Menschen, und ich glaube es waren mehr als 70.000, aufgenommen haben, Ihnen die Hand gereicht und Ihnen Hilfestellung geleistet haben, das ist eine wunderbare Geschichte und dafür danke ich Ihnen ganz, ganz herzlich.

Die aus dem Banat stammende Nobelpreisträgerin Herta Müller hat in ihrem großartigen literarischen Werk „Atemschaukel“ eindringlich und bewegend das Schicksal Oskar Pastiors, eines Siebenbürger Sachsen aus Hermannstadt, beschrieben. Und deswegen war es auch kein Zufall, dass sich sein Bruder Peter jahrelang als Vorsitzender des Sozialwerks der Siebenbürger Sachsen auch um die Belange der Deportierten gekümmert hat, die oft heute noch in bedrückenden Verhältnissen leben. Meine Damen und Herren, ich glaube, das ist eine gemeinsame Aufgabe, und Sie wissen, dass Sie hier auch die Unterstützung des Bundesinnenministeriums haben.

Bundesregierung fördert Projekte für deutsche Minderheit in Rumänien

Das Ministerium, dem ich seit nunmehr über drei Monaten vorstehen darf, fördert auch die gesellschaftlichen und wirtschaftlichen Bereiche. Wir haben fünf Wirtschaftsstiftungen, die in Rumänien erfolgreich arbeiten, die Handel und Gewerbe fördern. Wir sichern Altenheime und Sozialstationen in Rumänien, auch das eine Verpflichtung, die wir gerne eingegangen sind und die wir halten wollen. Ich danke der guten und vertrauensvollen Zusammenarbeit mit dem Demokratischen Forum der Deutschen in Rumänien, an dessen Spitze der weithin bekannte Bürgermeister von Hermannstadt, Klaus Johannis, steht. Wir können auch auf diese Weise in Zukunft wichtige Projekte zugunsten der deutschen Minderheit fördern als Bundesregierung und ich denke, dass es wirklich auch einen Applaus und einen Dank wert ist für diese wunderbare Arbeit des Demokratischen Forums.

Ich danke für die enge Zusammenarbeit, die wir auch mit der evangelischen Kirche, sehr geehrter Herr Bischof, in Rumänien haben können. Ich danke Altbischof Dr. Klein für seine 20-jährige gute Arbeit und Zusammenarbeit mit uns und wünsche Ihnen, lieber Herr Bischof, nachdem Sie jetzt neu gewählt sind, nicht nur herzlichen Glückwunsch, sondern Gottes Segen für Ihr Wirken und Ihre Arbeit.

Peter Maffay als prominenter Brückenbauer

Ja, meine Damen und Herren, Brückenbauer, das sind Sie alle, die meisten von Ihnen, und einige sind ganz prominent. Lieber Peter Maffay, ganz herzlichen Dank für die Brücken, die Sie bauen, und damit auch als Aushängeschild der Siebenbürger Sachsen, der Rumäniendeutschen in Deutschland und auch in Ihrer Heimat wirken. Ganz herzlichen Dank auch dafür, dass Sie heute gekommen sind und diesem Fest einen besonderen Akzent geben.

Ich möchte aber auch ganz herzlich danken Ihnen, die Sie beigetragen haben zu dem Aufbau unseres Landes in den letzten 65 Jahren. Es sind über 100 000 Siebenbürger Sachsen allein nach Bayern gekommen, haben hier ihre Heimat gefunden neben vielen anderen, die aus den östlichen Ländern und Nationen zu uns gestoßen sind. Sie haben dazu beigetragen Bayern aufzubauen, aber nicht nur Bayern, sondern, Herr Präsident, Hessen genauso gut wie Nordrhein-Westfalen, genauso gut wie Baden-Württemberg. Sie haben das, was Sie hier erfahren durften, in vielfältiger Weise zurückgegeben. Dafür, liebe Landsleute, ganz, ganz herzlichen Dank. Und am Ende, lieber Oberbürgermeister Dr. Hammer, Ihnen einen herzlichen Glückwunsch. Geschickt, wie Sie das gemacht haben, die Siebenbürger Sachsen hier nach Dinkelsbühl zu holen und Ihnen hier eine dauerhafte Bleibe und Heimat zu geben. Ich glaube, besser und wirkungsvoller kann man Ihre schöne Stadt nicht repräsentieren, als Sie das tun mit diesem wunderbaren Tag heute.

Und so wünsche ich Ihnen allen, die Sie gekommen sind heute nach Dinkelsbühl, heute und soweit Sie Zeit haben auch noch morgen und übermorgen schöne Tage hier und alles Gute für die Zukunft. Vielen Dank.

Schlagwörter: Heimattag 2011, Integration, Europa

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