20. November 2006

"Uns widerfährt Gerechtigkeit"

1948 waren 19 wertvolle Gemälde unter Missachtung der testamentarischen Verfügungen des Barons Samuel von Brukenthal nach Bukarest verbracht worden – am 10. November 2006 wurden sie dem Brukenthalmuseum in Hermannstadt zurückgegeben.
Sechs Transporter mit der mehreren Hundert Millionen Euro wertvollen Fracht, Kleinbusse der Gendarmerie, Waffen, Neugierige, Offizielle, Presse: „Uns widerfährt Gerechtigkeit. Dies ist das bedeutendste Ereignis im Rahmen der Vorbereitungen für das Kulturhauptstadtjahr 2007“, erklärte Bürgermeister Klaus Johannis, Vorsitzender des Demokratischen Forums der Deutschen in Rumänien (DFDR), im Namen der deutschen Minderheit. Nach 58 Jahren wurden die Gemälde persönlich vom Kulturminister Adrian Iorgulescu übergeben, im Beisein u. a. des Bürgermeisters, Bischofs D. Dr. Christoph Klein, Kreisratsvorsitzenden Martin Bottesch, Präfekten Ion Ariton und des Direktors des Brukenthalmuseums Sabin Adrian Luca. Symbolisch wurden drei Werke – Van Eycks „Mann mit der blauen Sendelbinde“, Da Messinas „Kreuzigung“ und Memlings „Bildnis eines lesenden Mannes“ ausgepackt.

Van Eyck: Mann mit der blauen Sendelbinde. Foto: Ruxandra Stănescu
Van Eyck: Mann mit der blauen Sendelbinde. Foto: Ruxandra Stănescu
Museumsdirektor Sabin Luca erklärte, er könne „einen Diebstahl nicht feiern“, sei aber froh, diese wertvollen Kunstwerke im Haus zu haben. Vorbereitet wurde ein Saal mit den modernsten Sicherheitsmaßnahmen. Ab 1. Dezember sollen die Bilder auch für das Publikum zu sehen sein.

Bischof Klein erinnerte daran, dass die rechtmäßigen Besitzer jahrelang um die Rückgabe gekämpft hätten, und dankte dem Minister, dass er Wort gehalten habe. Iorgulescu hatte wie auch einer seiner Vorgänger Razvan Theodorescu den Hermannstädtern versprochen, die Bilder aus der Bukarester Nationalgalerie in das Brukenthalpalais zurückzubringen. Während Iorgulescus Amtszeit wurden sowohl das Brukenthalmuseum als auch dessen wertvollste Gemälde an den Besitzer zurückgegeben. Bischof Klein erklärte „mit deren Rückgabe ist das Kulturerbe der evangelischen Kirche um ein Weiteres vervollständigt worden“.

Bereits Anfang der 90er Jahre hatte die Leitung des Brukenthalmuseums die Rückgabe der Gemälde aus dem Bukarester Nationalgalerie beantragt, allerdings ohne Erfolg. Die Leitung der Nationalgalerie berief sich auf einen Erlass des 1991/92 amtierenden Kulturministers Ludovic Spiess der besagte, dass jeder Eigentumsstreit über Museumsobjekte bis zur Verabschiedung des Gesetzes über den öffentlichen Besitz (Legea Patrimoniului) auszusetzen sei. Dann trat am 27. Januar 2001 das Gesetz über den öffentlichen Besitz in Kraft, und schon im März des gleichen Jahres versprach der damalige Kulturminister Razvan Theodorescu, er werde die Rückgabe der Bilder anordnen. Allerdings müssten in Hermannstadt entsprechende Sicherheitsvorkehrungen getroffen werden. Das Brukenthalmuseum sei ja schon einmal, 1968, wegen eines Kunstdiebstahls in die Schlagzeilen geraten. Acht wertvolle Bilder waren verschwunden, vier wurden 1998 aus den Vereinigten Staaten zurückgebracht, von den anderen fehlt weiterhin jegliche Spur. Theodorescu hielt sein Versprechen allerdings nicht ein.

Pressekonferenz in Hermannstadt: Nach 58 Jahren wurden 19 wertvolle Gemälde an das Brukenthalmuseum erstattet. Foto: Ruxandra Stănescu
Pressekonferenz in Hermannstadt: Nach 58 Jahren wurden 19 wertvolle Gemälde an das Brukenthalmuseum erstattet. Foto: Ruxandra Stănescu

Die 19 Gemälde waren im „volksdemokratischen Auftrag“ der Kommunisten von den Kunstkritikern George Oprescu und Ion Frunzetti ausgewählt und 1948 in das Königspalast nach Bukarest verbracht worden, den König Mihai I. schon am 30. Dezember 1947 verlassen musste. Das Brukenthalmuseum war 1946 per Regierungsdekret nationalisiert worden. Im Laufe der Jahre wurden auch andere Objekte aus dem Besitz des Brukenthalmuseums entfremdet, so Museumsdirektor Luca, und vor allem in Bukarester Museen gebracht.

Ruxandra Stănescu

Schlagwörter: Eigentumsrückgabe, Kulturspiegel, Hermannstadt, Brukenthalmuseum, Museum, Brukenthal

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