26. November 2019

Haushoher Wahlsieg für Klaus Johannis: Rückenwind für den proeuropäischen Kurs Rumäniens

Bukarest – Staatspräsident Klaus Johannis hat die Stichwahl am Sonntag, dem 24. November, gegen Viorica Dăncilă haushoch gewonnen und tritt gestärkt seine zweite fünfjährige Amtszeit an. Der Kandidat der Nationalliberalen Partei (PNL) erzielte laut Angaben des Zentralen Wahlbüros 66,10 Prozent der Stimmen. Die Konkurrentin Dăncilă, Vorsitzende der Sozialdemokratischen Partei (PSD), unterlag mit 33,89 Prozent.
Die Wahlbeteiligung in Rumänien stellt mit 49,9 Prozent die niedrigste aller Präsidentschaftswahlen seit der Wende dar – vermutlich, weil der Sieger mehr oder weniger feststand, bei der ersten Runde lag Klaus Johannis mit 36,91 Prozent deutlich vor Viorica Dăncilă mit 23,45 Prozent. In der Diaspora wurde hingegen eine Rekordwahlbeteiligung verzeichnet: 930 000 Auslandsrumänen nahmen an der Stichwahl teil und stimmten mit einer überwältigenden Mehrheit von 93,96 Prozent für Johannis, für Dăncilă nur schlappe 6,04 Prozent.
Staatspräsident Klaus Johannis tritt seine zweite ...
Staatspräsident Klaus Johannis tritt seine zweite Amtszeit gestärkt an. Seinen Einsatz für ein "normales", demokratisches Rumänien will er verstärken. Foto: Rumänisches Präsidialamt (www.presidency.ro)
Als Kandidatin der PSD erlitt Dăncilă das „blutärmste Ergebnis aller Präsidentschaftswahlen in der Geschichte ihrer Partei“, kommentiert die Jassyer Online-Zeitung ziaruldeiasi.ro. Man rechne mit einem „blitzartigen Ende“ ihrer Karriere als Parteichefin. Quellen von Mediafax zufolge wird Dăncilă auf der für Dienstagabend angesetzten Sitzung des Exekutivkomitees der PSD ihren Rücktritt als Parteichefin bekanntgeben. Als Nachfolger ist der Präsident der Abgeordnetenkammer Marcel Ciolacu im Gespräch, seit 1990 PSD-Mitglied und in der Vergangenheit in mehrere Skandale verwickelt.

Trotz Etappensieg kein Waffenstillstand

Analysten sehen in der Wiederwahl von Johannis ein Zeichen für die Sehnsucht der Bürger nach mehr Stabilität. Den Wahlausgang werten Politbeobachter generell als positiv sowohl für Rumänien als auch Europa. „Die Wiederwahl von Präsident Johannis signalisiert Kontinuität“, wird Rumänienexperte Martin Sieg von der CDU-nahen Konrad Adenauer Stiftung im Handelsblatt zitiert. Die Wahl ist also ein klarer Sieg für Johannis und die PNL – doch der Kampf wird noch lange weitergehen.

Ob die von Premierminister Ludovic Orban (PNL) angekündigte Rücknahme der umstrittenen, sowohl von Johannis als auch seitens der EU immer wieder scharf kritisierten Justizreform der Regierung Dăncilă gelingt, ist ungewiss. Orbans Partei stellt in der Abgeordnetenkammer nur 69 von 329 Parlamentariern und ist daher von den Stimmen anderer Fraktionen abhängig. Hinzu kommt, dass die PSD im Parlament mit den Präsidenten beider Kammern und den meisten Ausschussvorsitzenden immer noch als stärkste Partei ist. An vorgezogenen Neuwahlen scheint derzeit keine wichtige Partei interessiert zu sein. Wie sich das Gleichgewicht bei den Parlamentswahlen im Herbst ändern wird, hängt wohl auch von den Erfolgen der PNL-Regierung ab. Politanalyst Radu Magdin gibt die hohen Erwartungen der Bevölkerung zu bedenken. Nach den üblichen „Flitterwochen von zwei bis drei Monaten“ würde man überprüfen, ob die Regierung ihre Versprechen gehalten habe, wird Magdin im Handelsblatt zitiert. Dabei besteht rascher Handlungsbedarf: Rumänien hat im Augenblick die höchste Inflationsrate der EU. Das – noch – hohe Wirtschaftswachstum wird durch langfristig fehlende Fachkräfte, wegen des Brain Drains, gefährdet. 3,5 Millionen Rumänen suchten ihr Glück im Westen. Die hohe Wahlbeteiligung der Diaspora kann jedoch auch als Zeichen für einen Rückkehrwunsch verstanden werden. Johannis gilt für sie als Hoffnungsträger für den europäischen Weg Rumäniens und den Kampf gegen die Korruption.

Schwierige Herausforderungen für das Land

Eine der wichtigsten Aufgaben von Klaus Johannis wird es sein, den tiefen Graben einer politisch polarisierten Gesellschaft zwischen links und rechts zu überbrücken, meint Martin Sieg, der sich hierzu skeptisch zeigt: Zu tief sei die Spaltung, als dass sie nicht auch weiterhin den politischen Diskurs bestimmen würde. Die Schlammschlacht während der Kampagne der Präsidentschaftswahlen gab einen Vorgeschmack auf die Methoden, die sich bis zu den Lokalwahlen und Parlamentswahlen im Herbst wohl kaum ändern dürften: Neben gezielt geschürten nationalistischen Anwandlungen – Johannis sei „kein echter Rumäne“, könne sein Land nicht wie ein „echter Patriot“ lieben, würde Rumänien „ans Ausland verkaufen“ – war der Gipfel der Lügenkampagne gegen die PNL und ihren Kandidaten eine geklonte Facebook-Seite des neuen PNL-Finanzministers Florin Cîțu, auf der Rentenkürzungen, Besteuerungen der Gehälter und Geldtransfers der Auslandsrumänen angekündigt wurden.

Auch Premierminister Ludovic Orban ist wegen seines ungarischen Namens immer wieder Zielscheibe solcher Diskreditierungen, die in Rumänien bisweilen auf fruchtbaren Boden fallen, auch wenn das Wahlergebnis – sowohl dieses als auch die Bestätigung der PNL-Regierung nach der Absetzung der Regierung Dăncilă durch Misstrauensantrag – deutlich zeigte, dass die überwältigende Mehrheit proeuropäisch und keinesfalls nationalistisch denkt. Die nächsten Monate dürften also spannend bleiben, denn die PSD verfügt noch immer über große Mobilisierungspotenziale, um die politische Atmosphäre im Land zu vergiften.

Nina May

Schlagwörter: Präsidentschaftswahlen, Rumänien, Klaus Johannis

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