1. Oktober 2019

Kulturelle und naturkundliche Reise nach Siebenbürgen

Siebenbürgen hat eine einzigartige Berg-, Pflanzen- und Tierwelt zu bieten. Das wurde schon deutlich, als die ersten Informationen zu der einwöchigen Exkursion unter der Leitung von Horst Dengel und Prof. Dr. Wolfgang Schumacher erfolgten. So versprach das angekündigte Programm eine abwechslungsreiche Mischung aus Natur und Kultur, was der Reisegruppe, die sich aus 23 insbesondere forstwirtschaftlich und biologisch-botanisch Interessierten aus dem Rheinland und aus Norddeutschland zusammensetzte, besonders entsprach.
Hermannstadt mit seinen engen mittelalterlichen Gassen, weitläufig gestalteten Plätzen sowie prächtigen Bauten der Kaufleute und Patrizier diente als wunderbarer Ausgangspunkt unserer Tagestouren. Dem besseren Verständnis der aktuellen Situation von Land und Leuten diente die Einführung in die Geschichte Rumäniens und in die aktuellen politischen Verhältnisse durch Benjamin Józsa vom Deutschen Forum und die Information über die Geschichte der Siebenbürger Sachsen durch Dr. Heidrun König vom Friedrich-Teutsch-Museum. Danach ging es mit dem Bus in das Dorf Rășinari, wo wir nach einer Wanderung durch offenes Weideland und Laubwälder nach Michelsberg gelangten. Marga Grau steuerte als renommierte Botanikerin ihre fundierten Ortskenntnisse während unserer Wanderungen bei. Sowohl am Wegesrand als auch bei einem Vortrag im Gemeindeforstamt Rășinari erhielten wir einen ersten Eindruck von Flora und Fauna des Zibinsgebirges.
Vor dem Katharinentor in Kronstadt. Foto: Frank ...
Vor dem Katharinentor in Kronstadt. Foto: Frank Wagener
Die Forstverwaltung im Kreis Hermannstadt hat neben der Waldbewirtschaftung auch den Naturschutz als wichtiges Tätigkeitsfeld. Direktor Robert Blaj sorgt darüber hinaus für eine moderne und zeitgemäße Ausstattung der zugehörigen Verwaltungsgebäude. Ein ganz besonderes Naturerlebnis im Verlauf der Reisewoche war eine geführte Wanderung durch den Urwald im Strimbatal, in dem mächtige Tannen, Fichten und Buchen bis zu 40 m Höhe erreichen. Ein „richtiger“ Urwald, wie es ihn in den Karpaten gibt, der noch Bären und Wölfe beheimatet, obwohl die Menschen in unmittelbarer Nachbarschaft leben und das Land seit Jahrzehnten nutzen – für viele der Reisegruppe bis dahin noch unbekannt. Zu einem späteren Zeitpunkt der Reise ging es auch in den Nationalpark Königstein (Piatra Craiului) sowie zu den Rutschungshügeln bei Trappold mit ihrer artenreichen Vegetation.

Während unserer Rundreise entdeckten wir aber nicht nur die wilde Natur des Landes, sondern auch wichtige kulturelle Schätze, beeindruckende Wehrkirchen und besonders gut erhaltene siebenbürgische Städte: die Kirchenburgen von Kleinschelken, Mediasch und Deutsch-Weißkirch, die Orte Kronstadt und Schäßburg. Spannendes über Hermann Oberth und den Flug zum Mond erfuhren wir im Museum für Raumfahrtgeschichte in Mediasch. Und natürlich durften eine Fahrt auf der Transfogarascher Hochstraße bis zum Bulea See und ein Besuch in der Sommerresidenz Brukenthal nicht fehlen. Bei einem Abstecher nach Kleinkopisch wurden die Immissionsschäden durch Sünden der kommunistischen Vergangenheit präsentiert.
Die Reisenden vor dem Hermann-Oberth-Museum für ...
Die Reisenden vor dem Hermann-Oberth-Museum für Raumfahrtgeschichte in Mediasch. Foto: Frank Wagener
Wir lernten auch: Wer in Rumänien unterwegs ist, braucht sich nicht sorgen, er könne verhungern oder verdursten. Schon am ersten Abend, bei dem wir einer Einladung von Anna und Horst Dengel folgten, gab es kulinarische Köstlichkeiten wie den rumänischen Tannenrindenkäse Brânză de Burduf aus dem Bucegi-Gebirge. Und auch die warme rumänische Küche ist auf unserer Reise nicht zu kurz gekommen. Die typische saure Suppe Ciorbă lernten wir in vielen schmackhaften Varianten kennen, ebenso wie die sehr leckeren Krautwickel namens Sarmale. Zum Dessert gab es Hanklich, einen saftigen Hefeteigboden mit Schmand-Ei-Belag, oder aber Papa­nași, in heißem Fett gebackene Topfenknödel, die warm mit Sauerrahm und Heidelbeeren serviert werden. Rundum köstlich!

Was bleibt in Erinnerung? Eine Woche lang unterwegs zu sein in fantastischen Naturschönheiten und an grandiosen kulturellen Schauplätzen, in denen Tradition und Moderne auf engem Raum vereint scheinen: in den Großstädten Siebenbürgens, in denen das 21. Jahrhundert Einzug gehalten hat, wohingegen in manch ländlichen Regionen die Zeit stehen geblieben zu sein scheint. Heuernte per Sense, Pferdekarren und Storchennester gehören dort noch heute zum normalen Landschaftsbild. In besonders guter Erinnerung wird uns die Herzlichkeit der rumänischen Bürger und Gastgeber bleiben, die diese acht Tage Ende Juni für uns zu einer unvergesslichen Reise machten. Ein besonderer Dank gilt Anna und Horst Dengel für die Organisation und herzliche Durchführung der Reise, Prof. Dr. Wolfgang Schumacher für die Organisation und botanische Leitung und den siebenbürgischem Forstwirten für die kompetente und gastfreundliche Unterstützung vor Ort. Durch die geknüpften Kontakte sind Kooperationen geplant, die für beide Seiten vorteilhaft sein werden. Die rumänische Gesellschaft scheint sich insgesamt in einem Umbruch zu befinden – wer sie in ihrer unverfälschten Ursprünglichkeit erleben möchte, sollte bald die nächste Reise in dieses wundervolle Land antreten.

Gabi und Norbert Mertens

Schlagwörter: Reise, Rumänien, Siebenbürgen, Hermannstadt, Kronstadt, Mediasch, Natur, Kultur

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