12. August 2018

Gottesdienst zur Aussegnung der Martinsberger Orgel

Gemeindeglieder aus mehreren Gemeinden Siebenbürgens (Hermannstadt, Kerz, Braller) fuhren zu diesem feierlichen Anlass am 21. Juli nach Martinsberg im Schenker Stuhl. Freudig erwartet wurden sie von Küster Hans Lazăr und 13 Martinsbergern aus Deutschland, die sich gerade zur Sommerfrische in ihrem Heimatdorf aufhielten.
Die evangelische Kirchengemeinde Hermannstadt hat durch die momentane Renovierung der Stadtpfarrkirche die Möglichkeit, deren Inneres neu zu gestalten. Im Lauf der Planung stellte sich heraus, dass der Turmfuß der Ferula ein idealer Ort ist, eine bedrohte Orgel aufzunehmen. Die Martinsberger Orgel erwies sich aus verschiedenen Gründen als besonders geeignet dafür.

Die Begrüßung der zahlreichen Gäste übernahm Pfarrer Michael Reger, wobei er sich besonders bei den Martinsbergern bedankte, die in ihrem Urlaub mitgeholfen hatten, die Kirche von Spinnweben und dem Staub von Jahren zu befreien und für diesen Gottesdienst herzurichten. Nach dem Orgelvorspiel – Jürg Leutert, Musikwart des Landeskonsistoriums, spielte auf der alten Orgel – wandte sich der Hermannstädter Stadtpfarrer Kilian Dörr an die Gemeinde mit einer Ansprache und dem Psalmgebet. Die Gemeinde sang daraufhin den Choral „Großer Gott, wir loben dich“. Pfarrer Hans-Georg Junesch hielt, auch in seiner Funktion als neu gewählter Bezirksdechant, eine bewegende Ansprache. Die Übergabe fand ihren Höhepunkt in der Aussprache einer Übergabeformel von Pfarrer Reger und einer Übernahmeformel von Pfarrer Dörr. Ermutigt durch Pfarrer Reger nahm Emma Moder die Martinsberger Kerze vom Altar in die Hand und sprach im Namen aller Martinsberger rührende Abschiedsworte, in denen sie an das so oft unter den Klängen dieser Orgel gesungene Lied „Ich bete an die Macht der Liebe“ erinnerte. Sie und ihr Mann Rudolf (Kassierer der HOG Martinsberg) fuhren am nächsten Tag auf Einladung der Hermannstädter Gemeinde zur Stadtpfarrkirche, um sich den Platz zeigen zu lassen, wo die Martinsberger Orgel die nächsten 15 Jahre stehen wird, denn auf der Eigentümerseite wird sich nichts ändern.
Die „Protagonistin“ glänzte noch einmal an ihrem ...
Die „Protagonistin“ glänzte noch einmal an ihrem alten Platz in Martinsberg. Fotos: Brunhilde Böhls
Als Jürg Leutert den Choral „Bis hierher hat mich Gott gebracht durch seine große Güte“ anstimmen wollte, versagte die gute alte Orgel plötzlich. So musste er etwas früher als vorgesehen zu der kleinen, im Altarraum aufgestellten mobilen Orgel wechseln.

Im Anschluss an den Gottesdienst erzählte Orgelbauer Hermann Binder interessante Details über die Geschichte dieser Orgel im klassizistischen Stil, die die damals wohlhabende sächsische Gemeinde 1811 von dem siebenbürgischen Orgelbauer Samuel Maetz in der Westempore der Kirche bauen ließ. Sie ist eine von 40 Orgeln dieses Orgelbauers, der sein Handwerk in seiner Heimat Siebenbürgen und in Deutschland gelernt hatte. Sie wurde in den 1980er Jahren von Hermann Binder und seiner Frau einer Generalüberholung unterzogen.
Vor dem Gottesdienst zur Aussegnung der Orgel in ...
Vor dem Gottesdienst zur Aussegnung der Orgel in Martinsberg.
Nicht nur die Martinsberger, sondern auch andere Kirchengemeinden mit defekter oder fehlender Orgel werden künftig die Möglichkeit haben, sich bei Bedarf die mobile, qualitativ hochwertige, kompakte elektronische Orgel für Gottesdienste beim Musikwart auszuleihen. Mit dieser erfreulichen Nachricht begaben sich die Gottesdienstbesucher zu einem kleinen Imbiss vor der Kirche.

Durch die sorgfältige Planung der Sicherung der Martinsberger Orgel, den konsequenten Einbezug möglichst aller Betroffenen und die umsichtige Durchführung dieses Vorhabens zeigte sich, dass es möglich ist, den Schutz ähnlicher Objekte mit gutem Gewissen anzugehen und umzusetzen. Weitere Instrumente haben dieses Schicksal verdient – samt einem lachenden und einem weinenden Auge aller Beteiligten!

Brunhilde Böhls

Schlagwörter: Martinsberg, Kirche, Orgel, Musik

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