4. Februar 2018

Ungarn lassen nationalistische Töne anklingen

Bukarest – Nachdem der Ungarnverband (UDMR), die Ungarische Bürgerpartei (PCM) und die Ungarische Volkspartei Siebenbürgens (PPMT) im Januar in Klausenburg eine Resolution unterzeichnet hatten, in der sie die Autonomie des historischen Szeklerlandes forderten, und nachdem bekannt wurde, dass bereits im Dezember ein UDMR-Abgeordneter einen konkreten Entwurf dafür eingebracht hatte, gibt es von ungarischer Seite Bestrebungen, nationalistischen Konflikt anzuheizen.
Willkommenen Anlass lieferte Mitte Januar der damalige Premierminister Mihai Tudose, der mit einer unglücklich formulierten Reaktion auf die Unabhängigkeitsbestrebungen ins Fettnäpfchen getreten war: „Wenn die Szeklerflagge auf den dortigen Institutionen flattert, dann werden sie alle daneben flattern.“ Nicht nur in der rumänischen, auch in der deutschen Presse war ihm dies prompt als Drohung ausgelegt worden: „Wenn sie ihre Fahne aufhängen, dann werden sie daneben hängen“, übersetzen einige Medien frei. Tudose korrigierte: Er habe natürlich die Rücktrittserklärungen der verantwortlichen Behördenmitarbeiter gemeint, die flattern sollten. Die diplomatischen Verstimmungen setzten sich fort, auch nachdem der Premierminister aus anderen Gründen bereits zurückgetreten war. In Budapest wurde der rumänische Botschafter einbestellt und offiziell Beschwerde eingereicht. In Bukarest musste bald darauf der ungarische Botschafter im Außenministerium antreten: Für Missstimmung hatten die Proteste der rechtsextremen ungarischen Gruppe „64 Komitate“ vor der rumänischen Botschaft in Ungarn gesorgt, bei der das rumänische Staatswappen absichtlich von der Szeklerfahne verhüllt wurde.

Den Grund für die Austragung des Konflikts sehen Politbeobachter einerseits im Jahrhundert-Gedenkjahr 2018, in dem die „Wiedervereinigung“ des rumänischen Königreichs mit Siebenbürgen, der Bukowina und Bessarabien von 1918 gefeiert wird; andererseits ist ausgerechnet 2018 auch das Wahljahr für ein neues Parlament in Ungarn. Premierminister Viktor Orbán strebt eine dritte Amtsperiode an, dabei nützen ihm auch die Stimmen der ca. 1,4 Millionen Ungarn in Siebenbürgen, denen er 2010 die Staatsbürgerschaft – und damit die Möglichkeit, zu wählen – gewährt hatte. Dies könnte auch ein Motiv für die ausgerechnet Anfang 2018 lancierten Unabhängigkeitsforderungen für das Szeklerland sein. Selbst der eher rumänienkritische deutsche Journalist Keno Verseck räumt auf Spiegel Online ein: Nur vordergründig ginge es um Minderheitenrechte. Rumänien habe im Zuge seiner EU-Integration gesetzliche Rechte verankert, die über die Standards in vielen EU-Ländern hinausgingen. Dem UDMR nütze der Eklat, so Verseck weiter, lenke er doch davon ab, dass seine Abgeordneten für die umstrittene Justizreform stimmten und mehrere UDMR-Politiker unter Korruptionsverdacht stünden.

NM

Schlagwörter: Politik, Rumänien, Ungarn, Minderheit, Szekler

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