20. September 2016

Klaus Johannis: „Ich glaube an Europa“

Im Vorfeld des EU-Sondergipfels am 16. September in Pressburg (Bratislava) fand eine Reihe von Abstimmungsgesprächen auf hoher politischer Ebene statt über Rumäniens Rolle in der EU und seine Haltung in Bezug auf die Flüchtlingsproblematik, die Zukunft der EU und gemeinsame Verteidigungsfragen. Staatspräsident Klaus Johannis tauschte sich am 6. September telefonisch mit dem Präsidenten des Europäischen Rats, Donald Tusk, aus. Für Rumänien bliebe die Festigung der EU nach wie vor strategische Zielsetzung, versicherte ihm Johannis. Man müsse nunmehr geschlossener auftreten, um das Vertrauen der Bürger wiederzugewinnen, so der Staatspräsident.
Auch beim informellen Arbeitstreffen mit Bundeskanzlerin Angela Merkel am 9. September in Berlin, an dem auch der belgischen Premierminister Charles Michel und der luxemburgische Premier Xavier Bettel teilgenommen haben, zeigte sich Johannis als starker Befürworter der EU. In einer Presseerklärung fasste er die von ihm vertretenen Standpunkte zusammen: In Bezug auf die allgemeine Krise der EU sei nun ein starker Zusammenhalt der verbliebenen 27 Staaten wichtig. Den Bürgern müsse man vor Augen führen, dass es ihnen trotz Flüchtlingskrise, Wirtschaftskrise und anderen Herausforderungen besser gehe als je zuvor. Allerdings seien mehr Transparenz und ein besseres Verständnis der Kompetenzen und Zuständigkeiten europäischer Institutionen nötig. Vor allem Vertreter der rumänischen Lokaladministration beklagten exzessive Bürokratie. Über erfolgreich umgesetzte EU-Projekte werde viel zu wenig informiert. Die Missverständnisse zwischen europäischen und nationalen Institutionen seien das Resultat von Kommunikationsfehlern. Im Zusammenhang mit dem Brexit kündigte er an, das Schicksal der Rumänen in Großbritannien verhandeln zu wollen. Zu Sicherheitsthemen – sowohl zur Sicherung der EU-Außengrenze als auch zur Terrorismusbekämpfung für die interne Sicherheit – gebe es bereits weitgehenden Konsens. In absehbarer Zeit, so Johannis, würden sehr konkrete Maßnahmen zur Verbesserung der Lage getroffen. Er selbst habe die Schaffung einer gemeinsamen Terrorbekämpfungsagentur angeregt.

In einem Interview mit der Deutschen Welle äußerte sich der Präsident zuversichtlich: „Ich glaube an Europa.“ Die Europäische Union werde seiner Einschätzung nach nicht an der Flüchtlingskrise zerbrechen. Auf die Frage, ob Rumänien in Bratislava der Linie der deutschen Bundeskanzlerin folgen oder die Flüchtlingsquote ablehnen werde, stellte Johannis klar: Auch wenn Rumänen anfangs gegen die Quote gestimmt hat, wolle man Teil der Lösung sein, nicht Teil des Problems. Rumänien sei nach Deutschland nicht nur zweitgrößter Teilnehmer im Frontex-System (der Europäischen Agentur für die operative Zusammenarbeit an den EU-Außengrenzen), sondern auch bereit, so viele Flüchtlinge aufzunehmen, wie nach Rumänien kommen wollen.

Auch mit Frankreichs Staatspräsident François Hollande, der am 13. September auf Staatsbesuch in Bukarest weilte, diskutierten Präsident Klaus Johannis und Premierminister Dacian Cioloș über die Zukunft der EU nach dem Brexit-Votum sowie den Ausbau der bilateralen Wirtschaftsbeziehungen. Im bilateralen Gespräch erörterten Johannis und Hollande eine bessere Koordination der militärischen Kapazitäten der EU-Staaten ergänzend zur NATO, wie im deutsch-französischen Plan vorgesehen, der auch von der EU-Außenbeauftragten Federica Mogherini erwogen wird. „Wir wünschen eine Initiative, die die NATO-Formel ergänzt“, teilte Johannis den Standpunkt seines französischen Amtskollegen zur Gründung einer EU-Armee. Man könne sich nicht allein auf die Kapazität einer Kraft von außerhalb verlassen, auch wenn man weiterhin an NATO-Aktionen teilnehmen werde. In der anschließenden gemeinsamen Presseerklärung kündigte Hollande zudem eine Kehrtwende bezüglich Rumäniens Schengen-Beitritt an: Frankreich unterstütze jetzt die Aufnahme des Landes in den grenzkontrollfreien Schengenraum. Zudem sei ein Ausbau und die Intensivierung der strategischen Partnerschaft sowie der Wirtschaftskooperation beschlossen worden, erklärte Johannis. Nach den Gesprächen besichtigten die beiden Staatschefs das europäische Großforschungsprojekt ELI (Extreme Light Infrastructure) in Măgurele. Am Nachmittag flogen Hollande und Premier Dacian Cioloș dann nach Weidenbach zur Eröffnung des neuen Airbus-Hubschrauberwerks.

Nina May

Schlagwörter: Rumänien, EU, Gespräch, Johannis, Merkel

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