12. Januar 2016

Rumäniens Ministerpräsident zu Antrittsbesuch in Berlin

Berlin - Seine erste Auslandsreise unternahm der neue rumänische Ministerpräsident Dacian Cioloș, Amtsnachfolger von Victor Ponta, nach Deutschland. Seit vergangenem November leitet der 46-jährige frühere EU-Agrarkommissar eine parteiunabhängige Technokraten-Regierung. In Berlin traf der Premier Bundeskanzlerin Angela Merkel. Bei einer gemeinsamen Pressekonferenz lobte die Kanzlerin die gute Zusammenarbeit beider Staaten und erklärte, Deutschland unterstütze Rumäniens Bemühungen, Mitglied des Schengen-Raums zu werden. Auf dem Besuchsprogramm standen ferner Gespräche mit Bundesratspräsident Stanislav Tillich sowie mit Mitgliedern der Deutsch-Rumänischen Parlamentariergruppe im Deutschen Bundestag. Der rumänischen Delegation gehörten neben Außenminister Lazăr Comănescu auch der im Kabinett Cioloș für die Beziehungen zu den Auslandsrumänen zuständige Minister Dan Stoenescu, der Abgeordnete des Demokratischen Forums der Deutschen in Rumänien (DFDR) Ovidiu Ganț und der rumänische Botschafter in Berlin Emil Hurezeanu an.
Nach dem offiziellen Empfang mit Ehrengarde im Bundeskanzleramt fand ein Arbeitsessen des rumänischen Ministerpräsidenten mit Bundeskanzlerin Angela Merkel statt und anschließend eine gemeinsame Pressekonferenz. Dabei unterstrich die Bundeskanzlerin die gute Zusammenarbeit beider Staaten. Rumänien sei sowohl in der Europäischen Union als auch in der Nato ein sehr wichtiger Partner, auch aufgrund der emotionalen Bindungen vieler Rumäniendeutscher sowie der deutschen Minderheit in Rumänien. Deutschland unterstütze Rumäniens Bemühungen, Mitglied des Schengen-Raums zu werden, bekräftigte Merkel. Schengen sei ein Faktor für das Zusammenwachsen und das Wirtschaftswachstum Europas und es müsse alles getan werden, „damit wir die Freizügigkeit innerhalb der Schengen-Grenzen auch weiterhin wirklich leben können“. Ministerpräsident Cioloș hob vor dem Hintergrund der aktuellen Flüchtlingskrise in Europa hervor, dass sich sein Land bei der Sicherung der EU-Außengrenzen bereits jetzt wie ein Schengen-Land verhalte und Rumänien nach Deutschland der größte Unterstützer der europäischen Grenzagentur Frontex sei.

Die Bundeskanzlerin betonte die ausgezeichneten wirtschaftlichen Beziehungen, die noch weiter ausgebaut werden sollten. Dies erfordere Reformen in Justiz und Verwaltung sowie fortgesetzte Korruptionsbekämpfung. Hier bescheinigte Merkel Rumänien beachtliche Erfolge in letzter Zeit. Kritisch äußerte sich die Kanzlerin zu Sozialleistungen für Zuwanderer aus der Europäischen Union, die, sofern sie nicht auf „Arbeit beruhen“, beschränkt werden sollten (siehe Bundeskanzlerin Merkel will Sozialhilfe-Anspruch für EU-Ausländer einschränken).

Angela Merkel hat sich in dem Gespräch mit der Delegation eingehend über die gegenwärtige Situation der deutschen Minderheit in Rumänien informiert. So schildert der DFDR-Abgeordnete Ovidiu Ganț in einem zur Berlin-Reise geführten Interview mit der Allgemeinen Deutschen Zeitung für Rumänien: „Interessiert hat sich die Bundeskanzlerin auch für die Situation der deutschen Minderheit, mich aber desgleichen auch gefragt, wie die politische Lage aus unserer Sicht sei. Ich habe erklärt, dass wir die Regierung Cioloș unterstützen und das gesamte, eigentlich von Präsident Klaus Johannis initiierte Projekt einer politisch unabhängigen Regierung gut finden. Desgleichen mitgeteilt habe ich, dass die allgemeine Lage der deutschen Minderheit sehr gut ist. Dabei fragte die Kanzlerin nach den Restitutionen, aber auch wie es um den Lehrermangel im deutschsprachigen Schulwesen aussieht. Ich habe (…) mich dafür bedankt, dass die Bundesrepublik Deutschland im zweiten Jahr in Folge eine Förderung jener Kollegen sichert, die im deutschsprachigen Bildungswesen tätig sind, und heuer dafür gar eine Million Euro zur Verfügung gestellt hat.“

Wirtschaftsentwicklung und Verwaltungsreform im Fokus


Die rumänische Regierungsdelegation traf sich zudem mit der Deutsch-Rumänischen Parlamentariergruppe im Jakob-Kaiser-Haus des Deutschen Bundestages. Dabei stellte Premier Cioloș das Programm seiner Regierung für das laufende Jahr vor. Auf der Agenda stehen bis zur Parlamentswahl im November 2016, bei der Cioloș nicht antreten will (Interview in der Süddeutschen Zeitung vom 9./10. Januar 2016, Seite 9), eine Verwaltungsreform, das Ausarbeiten einer wirtschaftlichen Entwicklungsstrategie und die Vorbereitung auf die EU-Präsidentschaft von Rumänien Juli bis Dezember 2019.
Verbandspräsident Dr. Bernd Fabritius, MdB, ...
Verbandspräsident Dr. Bernd Fabritius, MdB, betonte auf seiner Facebook-Seite: „Es ist ein wichtiges Signal und ein Zeichen für die guten Beziehungen zwischen Deutschland und Rumänien, dass Deutschland das Ziel der ersten Auslandsreise des neuen Premierministers war.“ Foto: Sebastian Dobberstein
An dem einstündigen Gespräch nahmen seitens der Deutsch-Rumänischen Parlamentariergruppe der Vorsitzende Rainer Arnold, MdB, und der stellvertretende Vorsitzende Dr. Bernd Fabritius, MdB, Verbandspräsident des Verbandes der Siebenbürger Sachsen in Deutschland, neben anderen teil, ebenso der Vorsitzende des Deutsch-Rumänischen Forums in Berlin, Dr. Christoph Bergner, MdB. Ministerpräsident Cioloș äußerte seine Absicht, vorwiegend aus wirtschaftspolitischen Motiven im Frühjahr einige Bundesländer besuchen zu wollen. Das Werben um deutsche Investitionen ist eine Konstante rumänischer Wirtschaftspolitik. Der SPD-Bundestagsabgeordnete Rainer Arnold wertete es gegenüber der Siebenbürgischen Zeitung als ein „hervorragendes Zeichen“, dass der rumänische Regierungschef bei seinem ersten offiziellen Deutschlandbesuch mit den Parlamentariern sprach. „Wir trauen ihm zu, dass er neues Vertrauen in Politik und Politiker in Rumänien schaffen kann. Dies ist eine Grundvoraussetzung für eine lebendige Demokratie“, sagte der Vorsitzende der Deutsch-Rumänischen Parlamentariergruppe.

Im weiteren Verlauf seines Berlin-Besuchs traf Dacian Cioloș den amtierenden Bundesratspräsidenten Stanislav Tillich, Ministerpräsident des Freistaates Sachsen. Nach Auskunft des Delegationsteilnehmers Ovidiu Ganț sei die Minderheitenpolitik Rumäniens erörtert und über ein Wiederbeleben der Beziehungen zwischen Rumänien und Sachsen gesprochen worden. Tillich habe einen Rumänienbesuch für dieses Jahr angekündigt. In der Botschaft von Rumänien tauschte sich der Premierminister schließlich noch mit Vertretern der rumänischen Diaspora bzw. aus Rumänien stammenden Deutschen, darunter Siebenbürger Sachsen und Banater Schwaben, aus.

Christian Schoger

Schlagwörter: Rumänien, Ministerpräsident, Besuch, Berlin, Merkel, Bundeskanzlerin, Ciolos, Johannis, deutsch-rumänische Beziehungen, Parlamentswahlen, Fabritius

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