15. Mai 2015

Mit der "Wusch" das Harbachtal revitalisieren

Dr. Bernd Fabritius, MdB, Berichterstatter für Rumänien des EU-Ausschusses im Deutschen Bundestag, hat sich in einem Schreiben am 18. März 2015 an Ioan Cindrea, Vorsitzender des Kreisrates Hermannstadt, für die Wiederinbetriebnahme der Schmalspurbahn „Wusch“ zwischen Hermannstadt und Agnetheln eingesetzt. Fabritius wies auf das große Interesse vieler ausgewanderter Siebenbürger Sachsen an der „Wusch“ hin und regte eine Mitgliedschaft des Kreisrates im „Konsortium für interregionale Entwicklung Hermannstadt-Agnetheln“ an, in dem bereits mehrere Gemeinden mitwirken. Nach Ansicht Fabritius’ würde die Wiederinbetriebnahme der historischen Bahn weitreichende Impulse für die Revitalisierung des Habachtales setzen.
Der Kreisratsvorsitzende Ioan Cindrea hat diesen Vorschlag aufgegriffen und in einem Antwortschreiben am 8. April angekündigt, dass der Kreis Hermannstadt und weitere Ortschaften des Harbachtales dem Konsortium beitreten werden. Laut Cindrea sollte das Konsortium alle dazugehörigen Grundstücke, Gebäude, Gleise und unbeweglichen Güter in Besitz nehmen und verwalten, sobald die nötigen Finanzierungsquellen erschlossen sind. Cindrea hat das Transportministerium in Bukarest bezüglich der „Wusch“ schon angeschrieben. Nach seiner Ansicht sei ein groß angelegtes, mit europäischen Mitteln zu finanzierendes Entwicklungsprojekt für die Region nötig, um auch die touristische Infrastruktur auszubauen.
Die „Wusch“ zwischen Kastenholz und Harbachdorf, ...
Die „Wusch“ zwischen Kastenholz und Harbachdorf, 1999. Foto: Werner und Hansjörg Brutzer
Mihai Blotor, Vorsitzender des Vereins „Prietenii Mocăniței“ (Freunde der „Wusch“), begrüßte die Ankündigung des Kreisrates, dem Konsortium beizutreten. Das sei eine erfreuliche Entwicklung, erklärte er gegenüber der Siebenbürgischen Zeitung. „Das eher landwirtschaftlich geprägte Harbachtal ist seit 1990 in einen Dornröschenschlaf versunken, viele junge Leute sind in die Großstädte abgewandert, die Menschen betreiben Landwirtschaft vorrangig für die Selbstversorgung“, erklärte Blotor. Die größte Hoffnung, neues Leben in die Region zu bringen, knüpfe sich an den Tourismus und die „Wusch“. Die seit 2007 als historisches Denkmal anerkannte Bahn sei die Wirbelsäule, die die Dörfer des Harbachtales mit Hermannstadt verbindet. Der Vereinsvorsitzende hat eine Vision, die er zusammen mit vielen anderen Bürgern umsetzen will: „Die dampfbetriebene Schmalspurbahn bringt die Touristen aus dem Trubel der Großstadt mitten in die unberührte Natur. Die ,Wusch‘ schlängelt sich durch das Tal, die Eichenwälder und Wiesen, durch die alten sächsischen Dörfer mit ihren Kirchenburgen, im Hintergrund die schneebedeckten Gipfel der Karpaten.“ Laut Blotor könnte die Wiederinbetriebnahme der „Wusch“ in drei Etappen erfolgen: 1) Moichen (Mohu) – Harbachdorf (Cornățel), 2) Harbachdorf – Alzen (Alțâna), 3) Alzen – Agnetheln (Agnita). Alle mittel- und langfristigen Entwicklungspläne der Region gingen von der „Wusch“ aus, die auch von den örtlichen Behörden als wichtigstes, aber auch als schwierigstes Projekt anerkannt wird.

S.B.

Wiederinbetriebnahme der "Wusch" gewinnt an Fahrt

Das an die Kreisräte des Harbachtales gerichtete Brandschreiben mehrerer Ortsvereine für Regionalentwicklung, Ökotourismus und Kultur hat die Schmalspurbahn erneut in den Vordergrund gerückt. Der offene Brief erschien Ende Februar in mehreren Zeitungen – u.a. in der Tribuna und Gazeta Hârtibaciului – und machte zweifelsfrei deutlich: Die Eigentumsverhältnisse an der Schmalspurbahn müssen nun endlich geklärt werden, damit die ehrenamtlichen Helfer sie weiter sanieren können, Fördermittel beantragt werden und die schrittweise Wiederinbetriebnahme erfolgen kann.

Bei seinem Besuch in Siebenbürgen anlässlich der 25-Jahr-Feier des Demokratischen Forums der Deutschen in Rumänien (DFDR) nahm Dr. Bernd Fabritius, MdB, die Gelegenheit wahr, seine Heimatregion Harbachtal mit weiteren Kollegen des Bundestages am 10. März 2015 zu bereisen und sich über die Schmalspurbahn zu erkundigen.
Freiwillige des Fördervereins „Prietenii ...
Freiwillige des Fördervereins „Prietenii Mocăniței“ bei einer Aktion im Bahnhof Harbachdorf, Dritter von links Mihai Blotor, Vereinsvorsitzender. Foto: Radu Tompa
Das Harbachtal hat sich nach der Auswanderungswelle und dem Verfall der Leichtindustrie in Agnetheln in den 90er Jahren wirtschaftlich nicht mehr erholen können. Allerdings ist die Region durch landschaftliche Schönheit und reichhaltiges Kulturgut geprägt. Die besonderen Chancen für das Harbachtal liegen im Erhalt der von Siebenbürger Sachsen geprägten Kulturlandschaft, im Naturschutz und in der Förderung des Kleingewerbes mit Ökotourismus, wie man es bereits z.B. in Probstdorf erleben kann.

Zahlreiche Ortsvereine – allen voran der Förderverein „Prietenii Mocăniței“ – sind in diesem Sinne schon seit Jahren tätig. Sie werden nicht müde, darauf hinzuweisen, dass die „Wusch“ ein einmaliger Anziehungspunkt für Touristen sein kann, eine Art Katalysator für die Region. Der Clou dabei: Es gibt sie bereits, sie muss nur hergerichtet und in Betrieb genommen werden. Der Förderverein und weitere Organisationen aus Holzmengen, Alzen, Leschkirch, Agnetheln u.a. haben die Schmalspurbahn 2006 vor der Verschrottung durch eine Vermögensverwaltungsgesellschaft der Staatsbahnen gerettet, indem sie innerhalb kürzester Zeit Bahn und Gleise mitsamt der dazugehörenden Bauten erfassten und deren Aufnahme in der Liste historischer Baudenkmäler erreichten. Schmunzelnd ist seither vom „längsten Baudenkmal Rumäniens“ die Rede.

Der offene Brief blieb nicht ohne Folgen: Für den 24. März wurde zu einem Rundtischgespräch im Kreisrat Hermannstadt eingeladen. Es besteht Hoffnung, dass der Weg für die Wiederinbetriebnahme der „Seele des Harbachtals“ nun endlich frei gemacht wird. Diese Bezeichnung ist durchaus angemessen, denn eine Vielzahl von ehrenamtlichen Helfern setzen sich für die „Wusch“ ein und sie erfreut sich einer großen Akzeptanz in der Bevölkerung. Etliche Sanierungen an den Gleisen wurden bereits durchgeführt und eine Motordraisine wurde angeschafft. Im laufenden Jahr ist die Inbetriebnahme der sieben Kilometer langen Strecke zwischen Harbachdorf (Cornățel) und Holzmengen (Hosman) geplant. So will man den Besuchern der ersten Auflage der „Tage der Wusch“ (Zilele Mocăniței) am 26. und 27. September 2015 eine Erlebnisfahrt mit der dampfbetriebenen Bahn ermöglichen. Und wer weiß, vielleicht können Besucher mit der „Wusch“ bald noch weiter fahren, um bereits vorhandene touristische Attraktionen zu besichtigen: die Alte Mühle und Brotbäckerei nahe der Kirchenburg in Holzmengen, das Interethnische Museum und die restaurierten Fresken in Alzen. In Kleinschenk könnte man die Köstlichkeiten der bekannten Reihe „Transylvanian Brunch“ genießen.

Damit die Wiederinbetriebnahme der „Wusch“ weiter an Fahrt gewinnt, sind aber weiterhin helfende Hände, Material- und Geldspenden nötig, worauf unter http://sibiuagnitarailway.com – demnächst auch in deutscher Sprache – hingewiesen wird. Jede noch so kleine Unterstützung macht Mut zum Weitermachen.

Ortwin Bonfert

Schlagwörter: Tourismus, Zug, Harbachtal, Bürgerinitiative

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