6. Februar 2012

Rumänischer Premierminister Emil Boc zurückgetreten

Der rumänische Premierminister Emil Boc (PDL) ist am 6. Februar zurückgetreten. Mit der Entscheidung möchte Boc die politische und soziale Situation im Land entschärfen, sagte er in einer vom Fernsehen live übertragenen Kabinettssitzung. Staatspräsident Traian Băsescu ernannte den bisherigen Justizminister Cătălin Predoiu (parteilos) zum Übergangspremier und beauftragte kurz danach den Chef des Auslandsgeheimdienstes SIE, Mihai-Răzvan Ungureanu, mit der Bildung eines neuen Kabinetts. Ungureanus Regierung muss innerhalb von 45 Tagen vom Parlament bestätigt werden.
Nach wochenlangen Protesten gegen die Sparpolitik der Regierung beugt sich Boc damit dem öffentlichen Druck. Grund für die schlechte Stimmung im Land sind vor allem die von der Boc-Regierung auf Druck des Internationalen Währungsfonds durchgesetzten Sparmaßnahmen (diese Zeitung berichtete). Die Umfragewerte der Regierungskoalition, bestehend aus der Demokratisch-Liberalen Partei (PDL) und Ungarnverband, waren in den letzten Monaten gesunken. Auch aus den eigenen Reihen wuchs zuletzt die Kritik: Mitglieder der PDL warfen Boc Führungsschwäche vor.

Neben seinem Amt als Premierminister gab Boc auch sein Mandat in der Abgeordnetenkammer auf. In der Übergangszeit bis zur Verabschiedung einer neuen Regierung soll der 43-jährige Cătălin Predoiu die Regierungsgeschäfte führen. Er wurde 2008 noch unter Premierminister Călin Popescu-Tăriceanu zum Justizminister ernannt und behielt den Posten auch bei den folgenden Regierungsumbildungen, nachdem er aus der liberalen Partei ausgetreten war.
Emil Boc (links) ist ein enger Vertrauter des ...
Emil Boc (links) ist ein enger Vertrauter des Staatspräsidenten Traian Băsescu, den er nicht nur bei den Präsidentschaftswahlen 2009 (hier auf dem Großen Ring in Hermannstadt) unterstützte. Foto: Sebastian Marcovici
Das Oppositionsbündnis der Sozialdemokratischen Partei (PSD), Nationalliberalen Partei (PNL) und Konservativen Partei (PC) begrüßte den Schritt von Boc. Der Rücktritt mache den Weg frei für vorgezogene Neuwahlen, sagte der Vorsitzende der Liberalen, Crin Antonescu. Er bezichtigte die zurückgetretene Regierung, die „korrupteste, inkompetenteste und lügnerischste” seit 1989 gewesen zu sein.

Bereits Mitte Januar wurde Außenminister Teodor Baconschi Opfer der Proteste. Nachdem er die Demonstranten in seinem privaten Blog als „Vandalen” und „gewaltätige Vorstädter” (mahalagii) bezeichnet hatte, wurde er von Boc entlassen. Neuer Außenminister ist Cristian Diaconescu, der das Amt bereits von 2008 bis 2009 im ersten Kabinett Boc bekleidet hatte. Baconschi blickt auf eine gemischte Bilanz zurück. Unter seiner Ägide verbesserte sich das Verhältnis zu Italien und zur Republik Moldau. Die Bedenken einiger EU-Staaten gegen den Schengen-Beitritt Rumäniens konnte er nicht alle ausräumen.

Beim Heimattag der Siebenbürger Sachsen in Dinkelsbühl 2011 gedachte Teodor Baconschi der Russlanddeportation sowie der Verschleppungen in die Bărăgan-Ebene und bedauerte im Namen der rumänischen Regierung die Auswanderung der Deutschen aus Rumänien (diese Zeitung berichtete).

HW

Schlagwörter: Politik, Regierung

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