11. November 2018

Zweimal 1918 – Gedenkfeiern in Wien

Nach der langen und heißen Sommerpause hat die landsmannschaftliche Vereinstätigkeit in Österreich voll begonnen. In Bezug auf das Gedenkjahr 1918 war vor allem von Bedeutung das viertägige Volksgruppensymposium des Verbandes der Landsmannschaften Österreichs (VLÖ), das neben dem Gedenken an 1918 als dem Jahr des Kriegsendes und des endgültigen Zerfalls der österreichisch-ungarischen Doppelmonarchie ein reiches Rahmenprogramm anbot.
Wurde zunächst Dipl.-Ing. Rudolf Reimann aufgrund seiner 25-jährigen, erfolgreichen Präsidentschaft des VLÖ in der Wiener Hofburg in Gegenwart hochrangiger Parlamentsvertreter geehrt, so wurde auch eine Ausfahrt in die niederösterreichische Landeshauptstadt St. Pölten organisiert, wo das Regierungsviertel und besonders das „Haus der Geschichte“( mit einer aktuellen Ausstellung zu „1918 – Das Kriegsende und die Folgen“) besichtigt werden konnte. Am Samstag kam dann noch ein Gottesdienst in der Unterkirche des Wiener Stephandoms dazu. Das Hauptreferat der Tagung aber hielt der Wiener Univ. Prof. Dr. Stefan Karner, der die Schilderung der Situation Österreichs zu Kriegsende und danach mit interessanten, teils unbekannten Details anreicherte. Auch wurde auf die historische Verantwortung der Republik Österreich für die deutschsprachigen Altösterreicher in Ostmittel- und Südosteuropa mit Nachdruck hingewiesen. Parallel zum Abgesang auf Österreich-Ungarn als Großmacht 1918 wurde anhand einer im Haus der Heimat eingerichteten Ausstellung auch eines anderen Jubiläums gedacht.
Blick in die beeindruckend detailreiche ...
Blick in die beeindruckend detailreiche Ausstellung. Bildquelle: Gertrude Dwornikowitsch
In ihrer Ansprache wiesen sowohl Rumäniens Botschafter Bogdan Mazuru als auch der angereiste Abgeordnete der deutschen Minderheit im Bukarester Parlament, Ovidiu Ganț darauf hin, dass zeitgleich zu dem nun zum Zwergstaat gewordenen Kern-Österreich Rumänien 1918 / 1919 durch die Angliederung Siebenbürgens zu Großrumänien wurde und damit die in der Zwischenkriegszeit fast 800 000 Staatsbürger zählende deutsche Minderheit (heute knapp 40 000) seit nun 100 Jahren zu Rumänien gehört. Auf die Wichtigkeit dieser Minderheit beim Aufbau des modernen Rumänien im 20. Jahrhundert gingen beide ein, betonten diese auch für heute noch trotz des Massenexodus 1990-1992; die deutsche Minderheit in Rumänien, wie auch die ausgewanderten Sachsen und Schwaben also als Brückenbauer im vereinten Europa.
Auf dem Podium, von rechts: Dr. Kurt Thomas ...
Auf dem Podium, von rechts: Dr. Kurt Thomas Ziegler, Botschafter Bogdan Mazuru, Ovidiu Ganț, Erwin Josef Țigla. Bildquelle: Gertrude Dwornikowitsch
Die vom deutschen Forum Rumäniens mit Unterstützung der deutschen Botschaft Bukarest organisierte Ausstellung zeigt in einer beeindruckenden Anzahl von Schautafeln den historischen Werdegang der Rumäniendeutschen, allen voran der Siebenbürger Sachsen als ältester Einwanderergruppe, und der später angesiedelten Banater Schwaben und anderer kleinerer Siedlergruppen im Mittelalter und in der Neuzeit, in der Zeit nach 1918 und 1945, das schwer beeinträchtigende Fortleben unter kommunistischer Knute und endlich, nach 1989, das Entstehen, trotz Abgang von 90 Prozent der Rumäniendeutschen, eines deutschen Forums landesweit mit Parlamentsvertretung und funktionierendem Minderheitengesetz (trotz der hässlichen antideutschen, eigentlich gegen Johannis gerichteten verbalen Attacken auch aus den Reihen der Regierungspartei der letzten Monate).

Es wird weiterhin gezeigt, dass dank des rumänisch-deutschen Freundschaftsvertrages eine erstaunliche wirtschaftlich-kulturelle Kooperation erblüht, gemeinsame sozial-karitative Aktivitäten zum Tragen kommen und diese zahlenmäßig so unbedeutende Minderheit in der heutigen Zeit immerhin den rumänischen Staatspräsidenten Klaus Johannis und die Literaturnobelpreisträgerin Herta Müller hervorgebracht hat. Die Schautafeln der Ausstellung wurden durch prächtige sächsische Trachtenexponate und eine kleine Sammlung siebenbürgischer Keramik in harmonischer Weise ergänzt. Sowohl das Symposium als auch die Ausstellung bewiesen, dass die kleine deutsche Minderheit in Rumänien nicht nur weiterlebt, sondern immer noch Beachtliches hervorzubringen imstande ist.

Kurt Thomas Ziegler

Schlagwörter: Wien, Gedenkfeiern, 1918, Österreich, Rumänien, Minderheit, Ausstellung, Gant

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