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25. Oktober 2015

Kulturspiegel

Wie das Salz in den Speisen: Offener Brief von Ursula Ackrill an die Leser ihres Debütromans

Als ich vor einigen Tagen meine letzte Lesung aus „Zeiden, im Januar“ in München gehalten habe, ergab sich keine Gelegenheit, vom Publikum so Abschied zu nehmen, wie man es tut, wenn man auf unabsehbare Zeit fortgeht. Umso mehr will ich nach zahlreichen Begegnungen mit rumäniendeutschen Lesern im Laufe dieses Jahres meinen herzlichen Dank an sie aussprechen. Lesern, die meinen Roman begeistert aufgenommen haben, will ich ausdrücklich sagen, dass mich ihr Mut, ihre Offenheit und Wärme sehr berührt haben. Ich habe Dankbarkeit erlebt und möchte nun dieses gegenseitige Verständnis am wenigsten missen. Den Kritikern will ich einen Gedanken unterbreiten, der nachträgliches Verstehen fördern mag. mehr...

Kommentare

Artikel wurde 11 mal kommentiert.

  • wolfi

    1wolfi schrieb am 28.10.2015, 22:21 Uhr (um 22:26 Uhr geändert):
    Gewiss gab es in der Geschichte der Siebenbürger Sachsen neben Licht auch viel Schatten, besonders in den 30er und 40er Jahren. Natürlich soll und darf eine Autorin diese dunklen Seiten der Verstrickungen vieler Sachsen in einem Roman ansprechen, aufdecken und somit auch diese Zeit erhellen und erklären, wie es dazu kommen konnte. Meiner Meinung nach erreicht "Januar in Zeiden" dieses Ziel nicht. Außer einigen wenigen Stellen im Buch wird mehrheitlich die Rolle der Sachsen in Siebenbürgen und besonders ihr Verhältnis zu den Rumänen negativ, ironisch und spöttisch beschrieben. Für jemanden der sich über die Sachsen informieren und wissen möchte wie und weshalb ein Teil von ihnen den Verführungen der national-sozialistischen Ideologie verfallen sind ist dieser Roman ungeeignet. Distanz ( zeigt sich auch in der Anrede "Rumäniendeutsche", der nur von außerhalb von Bundesdeutschen verwendet wird) und scheinbar auch Ressentiments der Autorin den Sachsen gegenüber sprechen aus vielen Buchpassagen. Ein Beispiel:(S. 198 ff.): "..stoßen Rumänen sich nun an der Fremdheit der Sachsen. Die Sachsen können dankbar sein, dass die Vergeltung ( der Rumänen) nicht weiterging...Aber vergessen haben die Rumänen nicht. Sie wissen, die Sachsen schaffen nur für sich...Denn die Sachsen haben jederzeit ihnen alles entgegengesetzt, was sie auftreiben konnten..." und die Selbsterkenntnis von Leontine: "Wir (Sachsen) haben unsere Macht systematisch missbraucht, Schwächere um ihr Recht zu bringen". - Welch eine verquere, unrichtige Beschreibung des Verhältnisses von Sachsen und Rumänen ( so verquer wie viele Sprachbilder im Roman). Nie haben Sachsen Rumänen versklavt, ausgebeutet oder ihnen Rechte vorenthalten ( siehe S.L.Roth 1848/49 oder die Zustimmung zur Vereinigung 1919) so dass die Rumänen, einmal an die Macht gekommen, Grund gehabt hätten sich an den Sachsen zu rächen. Wie hätte denn die Vergeltung der Rumäner noch schlimmer aussehen können? Alle Sachsen erschießen? 1945 Deportation und anschließend Enteignung, politische Schauprozesse und Diskriminierung als "Hitleristen" und dann später der "Verkauf" der Ausreisewilligen Deutschen, die oft Haus, Hof und Besitz den Rumänen zurückgelassen haben? Für diese "Vergeltung" und Behandlung von seiten der Rumänen sollten die Sachsen also auch noch dankbar sein!? Wofür denn Vergeltung? Bis zum 23.08.1945 waren Rumänen und Deutsche Waffenbrüder, also sollte man nicht einseitig nur die Deutschen für ihr Mitmachen und Kämpfen verurteilen. Vergeltung wofür? Für den kulturellen, wirtschaftlichen,wissenschaftlichen Beitrag der Sachsen in Siebenbürgen über 800 Jahre, der auch den anderen Ethnien zugute gekommen ist?
  • Robert

    2Robert schrieb am 31.10.2015, 07:23 Uhr:
    Georg Aescht (KK) über den Debütroman von Ursula Ackrill >>
    Literatur und Kunst:
    Es orakelt im siebenbürgischen Burzenland
    Ein Berliner Verlag blamiert sich – und den deutschsprachigen Literaturbetrieb gleich mit

    "Es-orakelt-1Dies ist keine Buchbesprechung. Es ist eine Vermisstenanzeige. Vermisst werden Sprach- und Sachkenntnis sowie literarischer Geschmack. Ausreichend vorhanden sind Unkenntnis, Geschäftstüchtigkeit und Werbewirbel. Damit wird einem Lesepublikum vorgemacht, seine vermutlich düsteren Vorstellungen von Ost- und Südosteuropa in jüngster Vergangenheit bis Gegenwart träfen zu, wo sie sich doch mit denen einer jungen aufgeklärten Autorin decken, die so oberflächlich wie feierlich rezensiert, auf der SWR-Bestenliste geführt und für den Preis der Leipziger Buchmesse nominiert worden ist. So muss es kommen, wenn Ignoranz in Gefühligkeit und dazugehörige Duselei umschlägt."
    Den vollständigen Text finden sie hier: http://kulturportal-west-ost.eu/korrespondenzen/literatur-und-kunst-262
  • harryweinford

    3harryweinford schrieb am 31.10.2015, 20:57 Uhr:
    Guten Abend,

    Frau Akrill entstammt zweier Kulturen, das sind auch zwei Reibungspunkte und daraus entsteht des Öfteren ein gutes Werk. Auch in diesem Fall. Literatur ist immer interpretationswürdig. Wenn jemand für einen Preis nominiert wurde, schenke ich der Jury Glauben. Ich fand den Roman gut. Den Kritikern des Romans möchte ich Folgendes sagen: Schriftsteller geniessen Narrenfreiheit. Ich pflege zu sagen: sie können gerne schreiben, dass die Erde ein Quadrat ist. Punkt. Soviel zum Roman.
    Schwieriger wird es wenn sich die schreibende Zunft zu den Werken äussert und sie quasi selbst rezensiert und unqualifizierte historisch-politische Ausflüge unternimmt. So auch in diesem Fall. Im BR- Fernsehen sagte Akrill sinngemäss: ihre Grosseltern seien herzensgute Menschen gewesen, sie konnten es jedoch nicht akzeptieren, dass der Vater/Mutter(so genau weiss ich das nicht mehr, ist auch unwichtig)eine(n) Rumänen(in) geheiratet habe. Die Armen...mir kommen die Tränen, als seien es die einzigen auf der Welt gewesen.
    Gleich nach dem Interwiew kam mir der Gedanke der Nestbeschmutzerin. Ich las den Roman und fühlte mich bestätigt: das Werk ist eine Konzession an den rumänischen Part ihrer Familie.

    Wenn jemand vom Schönreden der Nazizeit wie hier im offenen Brief schreibt und sich sogar anmasst einen wichtigen Beitrag zur Geschichte der Siebenbürger Sachsen geleistet zu haben, dann muss diejenige mit Gegenwind rechnen. Das Impressum des Romans ist voll von namhaften Historikern, bis auf einen wenn ich mich nicht täusche, alles Rumänen. "Einseitig" lässt sich nicht steigern, aber einseitiger geht es nicht mehr!
    Wenn man den Sachsen Schönreden vorwirft, muss man sich die hypothetische Frage stellen wie es um die Autorin bestellt gewesen wäre wenn sie sich kritisch mit den Rumänen in der Nazizeit auseinandergesetzt hätte, die ein paar Monate vor Ende des Krieges nicht mehr Faschisten sein wollten. Mit Ignoranz wäre wohl Frau Akrill gut bedient gewesen. Ich glaube wohlgemerkt, die heutigen Rumänen hätten sie in der Luft zerrissen.
    Gestört hat mich die Verwendung der Klarnamen. Auch Tote haben eine Würde. Juristisch ist es wahrscheinlich auch relevant, moralisch verwerflich allemal. Dankeschön für eure Aufmerksamkeit.
  • getkiss

    4 • getkiss schrieb am 01.11.2015, 17:38 Uhr:
    "Dieser Roman hat ein Stück Geschichte regeneriert, das den Rumäniendeutschen der Nachkriegsgenerationen vorenthalten wurde."

    Nanu. Wenn behauptet würde, der Roman versucht vorenthaltene Geschichte in aktueller Sicht darzustellen, ginge es ja noch irgendwie.
    Wie schon erwähnt, wird aber Geschichte in der Sicht von mehrheitlich rumänischen Historikern im Impressum erwähnt.
    Wer sind diese? Das sie Rumänen sind, ist nicht das wichtigste. Dass Sie aber mehrheitlich der geschichtlichen Schule angehören, die sich im Zuge des kommunistischen "Historienmalerei" gebildet hatte, wäre für die Autorin ein kritischer Hinweis.
    Wieso werden keine Historiker aus den Reihen der Sbg. Sachsen angeführt? Weil es nicht normal war das solche ihre Sicht der Dinge öffentlich darstellen konnten. Wer die damaligen Möglichkeiten und Behinderungen kennt, denen jene ausgesetzt waren, die mehr oder weniger naiv in Archiven recherchieren versuchten, kann ein Lied darüber singen.
    Übrigens waren ja die historische Archiven deutschen Ursprungs fast vollständig unter staatliche "Obhut" gebracht, einschließlich unsere Kirchenmatrikeln....

    Bei deutschen Rezensenten, die der rumänischen Sprache nicht mächtig, sich mit antinazistischer Sicht an Geschichte(n) Rumäniens und seiner Völkerschaften wagen ist es verständlich, das Fehlurteile gebildet werden. Dazu kommt wie von Herrn Aescht beschrieben, der "blumige" Schreibstil der Autorin, der eigentlich eine teilweise Verballhornung der deutschen Sprache ist. Die Wurzel liegt, wie schon angemerkt, offensichtlich in der Familiengeschichte der Autorin....
    Also, muss man sich nicht aufregen. Beiseite lassen ist eher angesagt....
  • bankban

    5bankban schrieb am 01.11.2015, 20:51 Uhr:
    Danke für den Link zu der Rezension von Herrn Aescht. Sie war sehr aufschlussreich - auch in ihrer Einseitigkeit. Eine Rezension hat ja auch die Aufgabe, ein Werk zu würdigen. Möglichst vielseitig, umfassend. Die Rezension versteifte sich aber auf einen einzelnen Aspekt. So sehr, dass ich mich gefragt habe, wieso? was verbirgt sich im Hintegrgrund? Steht da nicht etwas anderes im Hintegrgrund (etwa eine Abrechnung, persönliche Animositäten etc.). Warum versucht Aescht nicht, das BUch in seiner Gesamtheit zu würdigen?
  • azur

    6azur schrieb am 02.11.2015, 13:57 Uhr:
    Mehr Schall als Rauch um dieses Buch. Der beste Beweis dafür, dass eine großartige PR, nicht unbedingt ein gutes Buch ankündigt. Herr Aescht bringt es in seiner Rezension auf den Punkt.
  • getkiss

    7 • getkiss schrieb am 03.11.2015, 00:03 Uhr:
    "nicht unbedingt ein gutes Buch ankündigt"
    Stimmt.
    Ein gutes Buch hat es gar nicht nötig.
    Ein gutes Buch wird von den Lesern angekündigt, von Mensch zu Mensch...
  • gloria

    8gloria schrieb am 03.11.2015, 11:03 Uhr (um 11:11 Uhr geändert):
    Wenn die Hintergründe bekannt sind:Mutter von Frau Ursula Ackrill Rumänin,Vater siebenbürger Sachse,dann versteht man auch die Gedankengänge der Autorin.Wem das Buch gefällt,der soll Freude am Lesen haben-dem es nicht gefällt,so wie mir-kann es ja auch gleich auf ebay versteigern...habe aber draufgezahlt beim Preis! Das war`s mir wert,wollte das Buch weghaben.
    Warum es dann in der SBZ wieder so groß aufgeschlagen wurde??? Das Sommerloch ist ja vorbei,es gibt vieles zu berichten,Schönes Erfreuliches,Aufbauendes liebe Redakion....
  • seberg

    9seberg schrieb am 04.11.2015, 13:28 Uhr:
    Vielleicht bin ich voreingenommen, weil mich das Buch persönlich betrifft und betroffen gemacht hat. Wer aber nennt mir einen siebenbürgischen Schriftsteller OHNE rumänischen Familienhintergrund, also "rein sächsisch", der in einem Roman, also künstlerisch, die sächsische "Seele" zur Nazizeit derart lebendig auferstehen lässt wie U.Ackrill? Vielleicht brauchte es diese gewisse "ethnische" Distanz, um über den eigenen "sächsischen" Tellerrand hinaus zu sehen?
    Ein sicher schwieriges Buch, auch von Stil her nicht leicht zu lesen. Aber warum sollte es schnell zu erledigen sein, statt sic wiederholt auf die Lektüre einzulassen? Die Zeit, in der die Handlung des Buches spielt und die Bedeutung sowohl für uns Heutigen als auch für unsere Nachkommen, egal wo sie leben werden, ist jedenfalls noch lange nicht erledigt.
  • getkiss

    10 • getkiss schrieb am 04.11.2015, 13:55 Uhr (um 13:56 Uhr geändert):
    Doch. Diese Zeit ist längst erledigt und Geschichte.
    Was noch kommen wird und soll ist leider unklar.
    Bald gibt es keine Sachsen und Schwaben in Rumänien. Jedenfalls nicht in nennenswerter Größenordnung.
    In allen Ländern mehrt sich der Nationalismus....also sind wir am richtigen Ort.
    Ob es der Ort ist den wir uns erwünschten, ist etwas möglicherweise anderes. Ich bin trotz dem zufrieden mit meinem los....
  • harryweinford

    11harryweinford schrieb am 04.11.2015, 20:38 Uhr:
    Guten Abend,

    @seberg Gute Frage, mir fällt keiner ein. Heisst das aber automatisch, dass wir diese Zeit schönreden?

    @getkiss warum konditionierst du dich selbst? Doch, doch weil es Rumänen sind und damit meine ich die ethnische Zugehörigkeit bzw. die mangelnde Unabhängigkeit im geselschaftlichem Diskurs. Akrill hat schon die "neuere,bessere Garde" zu Rate gezogen. Wenigstens kein Nistor, Giurescu oder Scurtu, die man als Idioten bezeichnen kann.

    Was ich meine ist das Tam-tam, das Drumherum. Ich kann es verstehen, dass die Verlage das so wollen aus marketingtechnischen Gründen. Aber dann macht sich der Autor in vielfacher Hinsicht angreifbar. Typisches Beispiel Günther Grass ich nenne es mal das Israelgedicht. Die einen sagten er habe recht, die anderen bezeichneten ihn als Antisemiten. Warum Grass nonstop noch faseln musste verstehe ich nicht.

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