11. März 2010

Lesung Claus Stephani in München

Vor einem zahlreichen Publikum – einige Zuhörer, Oberwischauer Zipser, waren sogar aus Ingolstadt angereist – stellte Brigitte Steinert, Kulturreferentin und Stellvertretende Leiterin des HDO, den Autor und sein literarisches Werk vor. Danach sprach Claus Stephani über die vielseitige Musikerin Waltraut Lucescu und ihre neue CD „Miniaturen aus meinem ‚Musikalischen Tagebuch‘“.
Es sind 48 musikalische Miniaturen für Klavier, die im Laufe der Jahre entstanden und nun – in der Interpretation der Komponistin – zum ersten Mal vom Tonträger dem Publikum vorgeführt wurden. Bei den ersten drei Musikstücken handelt es sich, so der Titel, um eine „Trilogie nach dem Roman ‚Blumenkind‘ von Claus Stephani“, d.h. um die Stücke „Ballade“, „Beilas Klage“ und „Kurzes Glück – Trauriges Ende“.

Waltraut Lucescu, geborene Rottenari, die leider nicht anwesend sein konnte, stammt aus Zărnești bei Kronstadt, wo sie auch das Abitur am deutschen Gymnasium ablegte. Nach ihrem erfolgreichen Studium am Bukarester Konservatorium „Ciprian Porumbescu“, das sie als landesweit drittbeste Absolventin abschloss, war sie zuerst als Musiklehrerin in Kronstadt tätig. Seit ihrer Aussiedlung lebt sie in Mönchengladbach, wo sie als Musikpädagogin nach der Orloff-Methode Klavier, Gehörbildung, Harmonielehre und Gesang unterrichtet. Sie ist verheiratet mit dem bekannten rumänischen Dirigenten Mircea Lucescu. Ihr Sohn Hanno von Bran, Maler, Designer, Kunsttheoretiker und ein vielseitig kreativer Vertreter der Fetisch-Kunst, schuf den eindrucksvollen Umschlag zur neuen CD von Waltraut Lucescu.

Claus Stephani las zunächst ein Textfragment über die schicksalhaften Ereignisse, die sich im Oktober 1944 in den deutschen Siedlungen des sogenannten Karpatenlandes bzw. in Transkarpatien (heute in der Ukraine) zugetragen hatten. Dabei wird immer wieder auch auf das Ausmaß dieser historischen Tragödie hingewiesen, z.B. als eine der Romanfiguren, die „reichsdeutsche“ Lehrerin Elfriede Spähnle sagt, dass diese Flucht nun „das Ende des Ostdeutschtums“ sei. Denn jene „deutschstämmigen“ Schulkinder, denen sie die vergessene deutsche Muttersprache beigebracht habe, „werden bald wieder das sein, was sie vorher waren, nämlich Ruthenen, Polen, Ungarn mit deutschklingenden Familiennamen“.

Tatsächlich leitete die Massenflucht vor den heranrückenden sowjetischen Truppen, wie im Roman erzählt wird, nicht nur in Nordsiebenbürgen, sondern auch in den deutsch besiedelten Gebieten des Palanoker Landes, des Theresientales in der ehemaligen Nordmaramuresch (heute Ukraine) und in der Gegend von Uschgorod/Ungvár (Ungersmarkt im ehemaligen Oberungarn, heute Ukraine), „das Ende vom Ende“ ein. Allerdings setzte 1990 mit dem Exodus der Rumäniendeutschen ein „endgültiges Ende“ ein.

Das Zeitgeschehen während und nach dem Zweiten Weltkrieg stieß auf großes Interesse unter den Zuhörern, mit denen der Autor ein offenes Gespräch führte. Es wurde dann aber auch deutlich, dass es immer noch an geschichtlichem Wissen mangelt, als z.B. aus dem Publikum die zweifelnde Frage kam, ob die Nazi-Armeen tatsächlich bis zum Ural vorgedrungen wären, wie es im Roman heißt. Das bejahte Stephani mit dem Hinweis, dass im August 1942, auf dem Elberus-Gipfel, dem höchsten Berg des Ural, sogar die deutsche Reichsflagge gehisst worden war.

Abschließend kündigte die sehr rührige Veranstalterin, Brigitte Steinert, eine Dokumentarausstellung bekannter deutsch-jüdischer Schriftsteller an, die unter dem Titel „Grüne Mutter Bukowina“ Ende April dieses Jahres im Haus des Deutschen Ostens eröffnet wird. Bei der Vernissage werden auch zwei ostjüdische Klezmermusiker auftreten: der Klarinettist Nikolaj Petkewitsch (St. Petersburg) und der Gitarrist Eduard Myketyn (Lviv/Lemberg).

A. W.

Schlagwörter: Lesung, Stephani

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