1. Oktober 2007

Gustav Gündisch - gewichtiger Beitrag zur Wahrung des Kulturerbes

Das Gustav-Gündisch-Lyzeum Heltau gedachte am 15. September 2007 im übervollen Festsaal der Schule des 100. Geburtstags ihres Namensgebers. Mitveranstalter waren der Arbeitskreis für Siebenbürgische Landeskunde, dessen Ehrenmitglied Dr. Gündisch gewesen ist, und der Verein „Freunde und Förderer des Gustav-Gündisch-Lyzeums Heltau“.
Anwesend waren, neben allen Kindern und zahlreichen weiteren Angehörigen und Gästen, der Kreisratsvorsitzende Martin Bottesch, die Kreisschulinspektorin Christine Manta-Cle­mens, der Landeskirchenkurator und Direktor des Hermannstädter Forschungsinstituts der Rumä- ­nischen Akademie, Prof. Paul Nieder­maier, der Ehrenvorsitzende des Demokra­tischen Forums der Deutschen in Rumänien, Prof. Paul Philippi, und der Dekan der Hermannstädter Geschichts­fakultät Prof. Lucian Giura.

Der Historiker und Archivar Dr. Dr. h.c. Gustav ...
Der Historiker und Archivar Dr. Dr. h.c. Gustav Gündisch, 1982. Foto: Fred Nuss
Die beeindruckende Feier wurde von der Schulleiterin, Prof. Maria-Gabriela Dietrich, eröffnet, die die zahlreichen Gäste begrüßte. Ein künstlerisches Programm der Schülerinnen und Schüler zeigte auf, dass die Schule die Traditionen weiter hoch hält, den siebenbürgisch-sächsischen Volkstanz ebenso pflegt wie das deutsche Gedicht und das Siebenbürgen-Lied, wobei die Begeisterung, mit der die Auf­führenden mitmachten, besonders angenehm auffiel. Gerade das zeigte, wie sehr auch diese Einrichtung eine Schule der Begegnung zwischen Völkern, Religionen und Kulturen geworden ist, wie – unter völlig neuen Bedingungen – Traditionen gepflegt und, im europäischen Geist, weiter entwickelt werden.

Prof. Dr. Șerban Pa­pacostea, korrespondierendes Mitglied der Rumänischen Akade­mie, würdigte darauf­hin das historiographische Lebenswerk von Dr. Herta und Dr. Gustav Gün­disch. Er bezeichnete sie als ein „beispielgebendes Ehe- und Wissen­schaftlerpaar“, das ei­nen gewichtigen Bei­trag zur Wahrung des kulturellen Erbes der Siebenbürger Sachsen geleistet, aber auch die rumänische Ge­schichtswissenschaft bereichert habe, in­dem es vier Bände des über die Geschichte einer einzigen ethnischen Gruppe weit hinausführenden „Urkundenbuchs zur Geschichte der Deut­schen in Siebenbür­gen“ vorgelegt hat. Der Nicolae-Bălcescu-Preis der Rumäni­schen Akademie für den 5. Band sei ein Beleg für die Wert­schätzung, deren sich dieses Quellenwerk seitens der rumänischen Forschung erfreue. Die wissenschaftlichen Arbeiten von Gustav Gündisch zeichnen sich, so Prof. Papacostea, durch Gelehrsamkeit und quellengestützte Zuverlässigkeit aus, konzentrieren sich auf das Wesentliche und betten doch jede neue Information in die allgemeinen Zusam­menhän­ge ein. Seine Studie über Vlad Țepeș habe seinerzeit in der rumänischen Historiographie „für eine Sensation gesorgt“, da sie das Bild über die Siebenbürger Sachsen, denen bis dahin eine Schuld am Scheitern des Türkenhelden zugesprochen worden war, zurechtgerückt habe. Sehr emotional wurde Prof. Papacostea, als er über seine persönlichen Be­gegnungen mit Herta und Gustav Gündisch be­richtete, die ihm „menschlich und wissenschaftlich großen Ge­winn“ gebracht hätten. Er dankte für das ge­währte freundschaftliche Vertrau­en, das in einer Zeit des Misstrauens und der Furcht besonders beglückend gewirkt habe.

Archivdirektorin i. R. Monica Vlaicu sprach daraufhin über ihren Amtsvorgänger als Leiter des Archivs der Stadt Hermannstadt und der sächsischen Nation. Nach einem kurzen Abriss der Archivgeschichte ging sie auf die Anstellung von Dr. Gustav Gündisch durch die Evangelische Landeskirche in Rumänien im Jahre 1937 ein und stellte fest: „Er hat mit seiner zupackenden, pragmatischen Art und systematischen, fachlich fundierten Arbeitsweise das Nationsarchiv nach­haltig geprägt. Er dachte in Prioritäten, sah den Handlungsbedarf an der richtigen Stelle, ging großflächig und planend an die Aufgaben heran, verlor sich nicht in unnötigen Details.“ Sie schloss, nach einer Würdigung der Arbeit von Dr. Herta Gündisch für das Staatsarchiv Her­mannstadt, mit den Worten: „Im Mittelpunkt seiner wissenschaftlichen Arbeit stand eindeutig das Urkundenbuch, aber auch zu anderen Themenbereichen hat er eine Reihe von wissenschaftlichen Veröffentlichungen vorgelegt. Mit dem Urkundenbuch zeigten beide Ehepartner, dass sie ihr Handwerkszeug als Archivare wie auch als Historiker anzuwenden verstanden. Bei­de waren die letzten ‚sächsischen Archivare‘ der ‚alten Schule‘. Uns hinterlässt Gustav Gün­disch die Erinnerung an einen pflichtbewussten Beam­ten, einen ungemein kompetenten Archi­var und einen engagierten Archivleiter, der das regionale wissenschaftliche Renommee für das Archiv eingesetzt hat.“
Europäischer Geist an einer siebenbürgischen ...
Europäischer Geist an einer siebenbürgischen Schule: Deutsche und rumänische Schüler des Gündisch-Lyzeums beim sächsischen Volks­tanz. Foto: Konrad Gündisch
Schließlich ging Hauptanwalt Friedrich Gu­nesch in einer von Dankbarkeit und Herzlich­keit charakterisierten Ansprache auf die 42 Jahre ein, die Dr. Gustav Gündisch im Dienst der Evangelischen Landeskirche in Rumänien ge­standen ist: „Er hat verstanden, dass dieser Dienst ein Dienst an der Gesamtgemeinde ist, zu dem das Landeskonsistorium allezeit berufen war und ist. Und das unabhängig, ob er als Archivar, Bibliothekar, bischöflicher Sekretär oder Kulturreferent im Dienst stand.“ Er sei seinen „Verpflichtungen treu und fleißig, mit vollem Einsatz und ungebrochenem Engagement, in Liebe zu seiner Kirche und ihren Gliedern, zu ihren Bauten und Schätzen nachgekommen, … ein unermüdlicher Arbeiter, ein Kollege und Freund, ein Helfer und ein Vorbild für spätere Generationen“ gewesen. Die Feier wurde durch ein bewegendes Gebet von Stadtpfarrer Dr. Stefan Cosoroabă und ein gemeinsames, zweisprachiges Vaterunser in christlichem Geist beendet.

Im Anschluss wurde ein modernes Sprach­labor der Schule eröffnet und eine Broschüre präsentiert, in der die Geschichte und Gegen­wart der Schule sowie die Persönlichkeit ihres Namensgebers gewürdigt werden. Führungen durch das traditionsreiche Gebäude und ein gemütliches Beisammensein rundeten den Tag ab.

K.G.

Schlagwörter: Historiker, Geschichte, Gedenken

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