26. August 2007

Moltke: „Schütze, Gott, dein Volk der Sachsen ...“

Das Gedicht „Siebenbürgen, Land des Se­gens“ gilt als eine der besten künstlerischen Leis­tungen des siebenbürgisch-deutschen Vor­märz. Dessen Verfasser, Leopold Maximilian Moltke, wurde am 18. September 1819 in Küstrin geboren. Da das Familienvermögen in den Freiheitskriegen verloren gegangen war, fehlten die Mittel, seinen Wunsch zu erfüllen, eine Universität zu besuchen. Schließlich konnte er sich als Buchhan­dlungsgehilfe in Frankfurt a. d. O. etablieren und am reichen wissenschaftlichen Angebot der Buchhandlung weiterbilden. Durch Lektüre wurde er auf Siebenbürgen und die Siebenbürger Sachsen aufmerksam, und es kam der Wunsch auf, sich in Siebenbürgen niederzulassen.
Von 1841-1849 hielt sich Moltke in Kronstadt auf, wo er in der Nemet’schen Buchhandlung angestellt war. In Kronstadt entstanden auch seine ersten Gedichte, darunter auch „Sieben­bürgen, Land des Segens“, das später von Jo­hann Lukas Hedwig vertont und zur Volks­hymne der Siebenbürger Sachsen wurde. Kurze Zeit war er Schriftleiter des „Sieben­bürger Wochenblattes“, das er in „Kronstädter Zei­tung“ umbenannte.

Sein glühender Wunsch, alle Völkerschaften Siebenbürgens sollten durch das „Band der Eintracht“ miteinander verbunden sein, erfüllte sich bereits zu seinen Lebzeiten nicht. Die Revolution von 1848/49 führte Moltke in die Reihen von Josef Bems Ar­mee der ungarischen Revolutionäre, während die sächsischen Bürgergarden auf Seiten der Österreicher standen. Moltke geriet in russische Gefangenschaft und wurde den Öster­reichern ausgeliefert. Nach seiner Festungshaft wurde er aus Österreich ausgewiesen; er hat sein geliebtes Siebenbürgen nie wieder gesehen. Er lebte fürderhin in Küstrin, in Berlin, später in Leip­zig. Moltke wurde auch als Sprachforscher tä­tig, und selbst die Brüder Grimm schätzten sei­ne linguistischen Arbeiten. Seine Liebe zu Siebenbürgen hat ihn sein Leben lang begleitet. Es heißt, er habe seine Kinder stets gemahnt, nicht zu vergessen, Siebenbürgen in ihr Abendgebet einzuschließen. Er starb am 19. Ja­nuar 1894.

Das Gedicht „Siebenbürgen, Land des Se­gens“ gilt als eine der besten künstlerischen Leis­tungen des siebenbürgisch-deutschen Vor­märz. Moltkes spätere lyrische Gedichte sind von geringerer literarischer Bedeutung. Im renommierten „Deutschen Dichterlexikon“ von Gero von Wilpert (Kröner Verlag), das angibt, alle bedeutenden und bekannten Dichter anzuführen, sucht man Moltkes Namen vergeblich.

Für die politische Literatur der Siebenbürger Sachsen sind vor allem folgende Veröf­fent­lichungen Moltkes wichtig: „Zwei Lieder für die Siebenbürger Sachsen. Ihrer edlen Nation gewidmet von Leopold Moltke“ (1844), „Schutz- und Trutzlieder für die Siebenbürger Sachsen und das Deutschtum in Österreich“ (1882) und „Volksgebet der Siebenbürger Sachsen“ (1883). Das 6-strophige „Volksgebet der Siebenbürger Sachsen“ weist viele Ähnlichkeiten mit „Sieben­bürgen, Land des Segens“ auf und hätte auch unsere Volkshymne werden können. So lautet z. B. die 6. Strophe: „Mit den Berg- und Talge­nossen / rings im schönen Vaterland / laß uns weben unverdrossen / brüderlich der Eintracht Band, / treu dem Herde, treu der Erde, / die wir baun mit gleicher Hand.“

Sowohl im „Lexikon der Siebenbürger Sach­sen“ als auch in Trauschs „Schriftsteller­lexikon“ wird Moltkes Leben und Werk ausführlich behandelt und gewürdigt.

Walter Roth

(gedruckte Ausgabe: Siebenbürgische Zeitung, Folge 13 vom 15. August 2007, Seite 6)

Schlagwörter: Lyrik

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Neueste Kommentare

  • 26.08.2007, 01:13 Uhr von gk: Dem 900seitigen Wilpertschen Lexikon darf man nachsehen, daß es einen für Siebenbürger Sachsen zwar ... [weiter]

Artikel wurde 1 mal kommentiert.

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