3. Dezember 2006

Osmanische Teppiche aus Siebenbürgen im Berliner Pergamonmuseum

In den Räumen des Pergamonmuseums Berlin hat das Museum für Islamische Kunst einer sehenswerten Ausstellung antiker türkischer Teppiche aus den evangelischen Kirchen Siebenbürgens Raum gegeben. Das außergewöhnliche Projekt wurde mit der Unterstützung des Landeskonsistoriums der Evangelischen Kirche A.B. in Rumänien sowie des Rumänischen Kulturministeriums realisiert. Im Rahmen des alljährlichen „Volkmanntreffens“ stellten sich viele Liebhaber, Sammler und Teppichexperten aus mehreren Ländern ein.
24 osmanische Teppiche haben ihre angestammten Plätze in verschiedenen sächsischen Kirchen Siebenbürgens verlassen, um sich in Berlin der großen Welt zu präsentieren. Schon 1914 waren sie – damals waren es allerdings mehr Exemplare - bei einer Teppichausstellung in Budapest gezeigt worden. Die Vernissage fand am 27. Oktober statt. Fachkapazitäten, geladene Ehrengäste und Helfer waren zugegen, von siebenbürgischer Seite leider niemand. Grußworte sprachen der Botschafter Rumäniens in Deutschland, Bogdan Mazuru, der Direktor der Abteilung Museum für islamische Kunst im Pergamonmuseum, Prof. Dr. Claus-Peter Haase, ebenso der Kurator Dr. Jens Kröger, ehe der ehemalige Direktor der Staatlichen Museen zu Berlin, Dr. Volkmar Enderlein, die Ausstellung offiziell eröffnet.


Am letzten Oktoberwochenende fand im Kunsthistorischen Museum das Symposium der „Volkmänner“ statt, das ausschließlich den siebenbürgischen Teppichen gewidmet war, ihrer Publikation durch den Kronstädter Kunstmäzen Emil Schmutzler (1889-1983) und deren Fälschungen durch Teodor Tuduc. Christian Erber, der die „Volkmanngruppe“, immerhin 90 Personen, betreute, äußerte sich erfreut darüber, dass die Teppichszene noch so lebendig sei. Im Rahmen der Vortragsreihe am Samstag und Sonntag ging Kurator Jens Kröger minuziös auf das Leben und Werk von Emil Schmutzler ein, der 1933 auf eigene Kosten das Buch „Altorientalische Teppiche aus Siebenbürgen“ in Leipzig hatte drucken lassen und somit wertvolle Pionierarbeit auf diesem Gebiet geleistet hat. Außerdem referierten Dr. Angela Völker vom Museum für Angewandte Kunst, Wien, und Dr. Volkmar Enderlein, der persische Einflüsse der Safawidenzeit (1501-1732) auf anatolische Teppiche dokumentierte. Christine Klose (Karlsruhe) analysierte anhand eines Holbeinteppichs die Verwandtschaft dieser Gruppe mit Timuridenteppichen. Hinsichtlich des Medaillonteppichs aus der Schwarzen Kirche in Kronstadt vertrat sie die These, dass turkmenische Nomadenstämme der Tekke, Ersari, Saloren oder Jomuden für dessen Muster Pate gestanden hätten.

In seinem Vortrag legte Alberto Boralevi (Florenz) besonderes Augenmerk auf den Heldsdörfer „Girlandaio“-Teppich, der schon von Schmutzler als aus dem 15. Jahrhunderts datierend publiziert wurde. Dr. Georg Butterweck (Wien) befasste sich mit den so genannten Lottoteppichen, in deren Musterung er chinesische Drachenmotive erkannte. Jürg Rageth (Basel) widmete sich dem Teppichrestaurateur Teodor Tuduc, der gleichzeitig auch ein gewiefter Fälscher war. auch Emil Schmutzler. Die Reihe der Beiträge beschloss Stefano Ionescu (Rom), Herausgeber des Bandes „Die Osmanischen Teppiche in Siebenbürgen“, der maßgeblichen Anteil am Zustandekommen dieser Ausstellung hat.

Sonntagnachmittag führte Kurator Jens Kröger durch die Teppichausstellung im Pergamonmuseum. Der Zugang zu den Ausstellungsräumen erfolgt über Treppen, wobei zu beiden Seiten großformatige Fotos mit siebenbürgischen Motiven hängen: die Kirchenburg von Großau, ein Blick vom Turm der evangelischen Stadtpfarrkirche in Hermannstadt, Mediasch mit Stadtansicht und evangelischer Margarethenkirche, Schäßburg mit Klosterkirche, Kronstadt, Tartlau, Michelsberg und Urwegen. Die im Islamischen Museum ausgestellten 24 siebenbürgischen Teppiche stammen aus dem Brukenthalmuseum in Hermannstadt (sieben Teppiche; Herkunft: evangelische Stadtpfarrkirche), aus Kronstadt (Schwarze Kirche, vier Teppiche), Mediasch (Margarethenkirche, zwei Teppiche), Reps (ev. Kirche, zwei Teppiche), Petersberg (ev. Kirche, zwei Teppiche), je ein Teppich aus Bogeschdorf, Reichesdorf, Wurmloch, Nadesch, Heldsdorf, Weidenbach und ein so genannter Tintoretto aus dem Ungarischen Nationalmuseum Budapest.

Die Ausstellung im Pergamonmuseum, Am Kupfergraben 5, in Berlin-Mitte ist bis zum 7. Januar 2007 geöffnet. Der gut dokumentierte Ausstellungskatalog enthält exzellente Fotografien.

Magdi Soos


Schlagwörter: Ausstellung, Kirchen, Orientteppiche

Bewerten:

2 Bewertungen: ––

Noch keine Kommmentare zum Artikel.

Zum Kommentieren loggen Sie sich bitte in dem LogIn-Feld oben ein oder registrieren Sie sich. Die Kommentarfunktion ist nur für registrierte Premiumbenutzer (Verbandsmitglieder) freigeschaltet.