3. November 2019

Ausstellungskatalog "Eine europäische Erfahrung. Das historische und kulturelle Erbe der Deutschen in Rumänien"

Die Ausstellung „Eine europäische Erfahrung. Das historische und kulturelle Erbe der Deutschen in Rumänien“ wird noch bis zum 17. November im Nationalmuseum für die Geschichte Rumäniens gezeigt (siehe Ankündigung in dieser Zeitung). Die außerordentlich erfolgreiche Schau wurde in vier Monate, bis Mitte Oktober, von über 30.000 Besucher verzeichnet). Aus diesem Anlass veröffentlichte das Nationale Museum für die Geschichte Rumäniens (MNRI) einen zweisprachigen Katalog als Teil einer Ausstellungsreihe, um die ethnische und kulturelle Vielfalt des rumänischen historischen Raums aus der europäischen Perspektive zu präsentieren.
Gemäß dem Ziel des Ausstellungsprojektes ist das Wissen über das reiche kulturelle Erbe der Deutschen in Rumänien, das in öffentlichen, aber auch privaten Sammlungen im In- und Ausland aufbewahrt wird, einer breiten Öffentlichkeit bekannt zu machen, ist auch der Katalog konzipiert. Nach den Einführungen des Bukarester Museumsleiters, Ernest Oberländer-Târnoveanu, Sabin Adrian Luca vom Brukenthal-Museum, Bischof Reinhart Guib, Hermannstadt, und Martin Roos emeritierter Bischof von Temeswar folgt der Hauptteil mit Beiträgen zur Verortung der Geschichte der deutschen Siedlungsgebiete in Rumänien seit dem Mittelalter, der Moderne, über die Zwischenkriegszeit bis zur Gegenwart. Adinel Dincă widmet seinen Beitrag den Höhepunkten der Gründung des kulturellen Erbes der Siebenbürger Sachsen im Mittelalter. Es folgt eine zusammenfassende Darstellung zur Geschichte und zum Kulturerbe von Hermannstadt, dem geistigen und kulturellen Zentrums der Siebenbürger Sachsen, sowie ihrem bedeutendsten baulichen Erbe der Wehrkirchen und Kirchenburgen. In zwei Beiträgen werden bedeutende Persönlichkeiten des künstlerischen und politischen Lebens vorgestellt. Die Bukaresterin Carmen Tănăsoiu stellt Sebastian Hann, den bedeutendsten und berühmtesten Goldschmied aus Siebenbürgen, vor und einige seiner Schöpfungen, die in der Ausstellung gezeigt werden. Der Hermannstädter Historiker Vasile Ciobanu schildert das Leben und Werk von Hans Otto Roth, dem bedeutendsten Politiker aus der Neuzeit der Deutschen Rumäniens.
Vorder- und Rückseite des zweisprachigen ...
Vorder- und Rückseite des zweisprachigen Ausstellungskatalogs.
Es folgen ein Beitrag über den Verlauf der Ansiedlung der Banater Schwaben vom Temeswarer Ciprian Glăvan und eine umfassende Darstellung über die Deutschen im Banat seit dem Mittelalter bis in die Gegenwart. Martin Rill widmet seinen Beitrag der Geschichte und dem Kulturerbe der Stadt Temeswar mit Schwerpunkten in den Jahren 1716 bis Anfang des 21. Jahrhunderts.

Günther Friedmann fasst die Geschichte der Banater Berglanddeutschen zusammen und Daniela Bălu die der Sathmarer Schwaben. Ioana Hapca Scridon beleuchtet die Vergangenheit der Zipser aus diachronischer Perspektive. Es folgt ein Beitrag von Claudiu Călin über Bischof Augustin Pacha, einen der bedeutendsten katholischen Oberhirten des Bistums Temeswars.

Kleinere Aufsätze widmen sich den deutschen Siedlungsgebieten Altreich, Buchenland, Dobrudscha und Bessarabien. Daniel Banner führt in die Geschichte der Deutschen im Altreich seit dem Mittealter bis zur Wende 1989 ein. Luzian Geier stellt sich in seiner Zusammenfassung die Frage, wer die Deutschen des Buchenlands sind. Oana Ilie und Martin Rill verfassen kurze Beiträge über die Geschichte der Deutschen von der Ansiedlung bis 1940 in Bessarabien und der Dobrudscha.

Damit bietet der Studienteil des Kataloges einen gediegenen Überblick über das kulturelle Erbe und die Spiritualität der deutschen Minderheit in Rumänien. Berücksichtigt wird die Geschichte und Kultur der Deutschen aller Regionen mit deutschen Siedlungsgebieten: Siebenbürgen, Banat, Sathmarer Land, Maramuresch, Bukowina, Bessarabien, Dobrudscha und Altreich. Thematisch behandeln die Beiträge einige Aspekte der Identität der deutschen Minderheiten: Herkunft, Geschichte, geistliches Leben, materielle Kultur, Kunst, Traditionen und das Alltagsleben. Über die Präsentation der Identität der deutschen Minderheit hinaus berücksichtigt der Katalog die wichtigsten Beiträge der deutschen Gemeinschaften zur Entwicklung der rumänischen Gesellschaft. So werden Persönlichkeiten des öffentlichen Lebens der Deutschen in Rumänien, die Bemerkenswertes im geistigen und sozialen Bereich geleistet haben, vorgestellt. Sie haben einen wichtigen unbestreitbaren historischen, kulturellen und künstlerischen Beitrag auch für die europäische Gesellschaft erbracht.

Auf rund 200 Seiten folgt der Katalog mit zum Teil erstmals präsentierten und veröffentlichten Exponaten aus staatlichen, kirchlichen und Privatsammlungen aus Rumänien und Europa aus dem 12. Jahrhundert bis in die Gegenwart.

Unter den hervorragenden Exponaten der Ausstellung sind die Funde aus der Ansiedlungszeit der Deutschen in Siebenbürgen, dem städtischen Leben aus dem Mittelalter, Objekte der Zünfte und vor allem die Goldschmiedearbeiten zu erwähnen. Reich vertreten ist das sakrale Kulturerbe aus evangelischen und katholischen Kirchen, beeindruckend die Zeugnisse der bunten Bauernmöbel. Das kulturelle Erbe ist mit dem Altemberger Kodex vertreten, Kirchenordnung aller Deutschen in Sybenbürgen, das Eigenlandrecht, Bibeln und Andachtsbücher, Adelsbriefe, Gemälde u.a. Druckerzeugnisse. Gleichzeitig wird eine reiche Auswahl von Publikationen, Landkarten, Fotografien und historische Kleidung und Gegenstände des Alltages der Deutschen Siedlungsgebiete auf dem Gebiete Rumäniens ausgestellt.

Einige Zeugnisse der Zeitgeschichte über die ethnischen Deportationen im kommunistischen Rumänien, die Enteignung und Repressionen, sowie die Auswanderung der Deutschen aus Rumänien beleuchten die Geschichte der Deutschen nach dem Zweiten Weltkrieg. Abgerundet wird die Ausstellung mit einer Videobearbeitung des Luxemburger Fotografen Marc Schroder mit Interviews deutscher Deportationsüberlebender.

Die Schau ist eines der wichtigsten Ausstellungsprojekte, die bisher in den Räumen des Museums stattfanden. Zugleich ist es überhaupt die erste Schau, die die über 800 Jahre wechselvolle Geschichte der Deutschen, die bis zu Beginn des Zweiten Weltkrieges fast 800 000 Menschen zählte, beleuchtet.

Raluca Mălăncioiu

Aus dem Rumänischen von Martin Rill

O experiență europeană. Moștenirea istorică și culturală a germanilor din România/Eine europäische Erfahrung. Das historische und kulturelle Erbe der Deutschen in Rumänien. Muzeul Național de Istorie a României, Bukarest 2019, 400 S., durchgehend Farbabbildungen, ISBN978-973-0-30155-7. Der Katalog ist zu bestellen bei Buchversand Südost, Seebergsteige 4, 74235 Erlenbach, Tel. 07132-9511612, E-Mail: info [ät] siebenbuergen-buch.de.

Schlagwörter: Ausstellung, Bukarest, Rumäniendeutsche, Katalog

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