6. August 2019

Siebenbürgen nachgebessert - Ausstellung des Rumänischen Kulturinstituts Berlin

Unter dem Titel TRANSYLVANIA RETOUCHED – A Matter of Landscape and Representation (SIEBENBÜRGEN NACHGEBESSERT – Eine Frage der Landschaft und – ihrer – Darstellung) zeigt das Rumänische Kulturinstitut Berlin (RKI) mit freundlicher Unterstützung des Collegium Hungaricum Berlin (CHB) noch bis 20. September eine kleine, aber feine und sehenswerte Ausstellung in den Räumen der Reinhardtstraße 14 in Berlin-Mitte.
Ein entfächertes Leporello hängt an feinen Fäden in den Raum. Die von der Straße eindringenden Luftstöße und die Bewegungen der Galeriegäste halten es beständig in leichter Bewegung, so dass Fragilität und Vorläufigkeit der Konstruktion die erste Wahrnehmung bestimmen. Zugleich ist damit ein zentrales Merkmal der Kunst definiert, die es hier zu sehen gibt. In schwarz-weißer Bilderfolge wird berichtet von einer Kunstaktion der Künstlergruppe MAMÜ – MArosvásárhelyi MÜhely, also: Atelier Neumarkt. Es geht um witzige LandArt-Projekte, welche die zeitweise bis zu 25 Personen starke Künstlergruppe von vornehmlich ungarischsprachigen Studenten in den späten 70-er Jahren in der Mureș-Landschaft realisiert hat; Projekte, die ähnlich wie diejenigen der tschechischen Grup­pe der Plastic People of the Universe, unter Leitung von Zorka Ságlová, mit nur minimalen und vorübergehenden Eingriffen in das landschaftliche Gefüge umgesetzt wurden. Beide Initiativen zählen zu den spannendsten der Vorwendezeit in Osteuropa. Die intensive Hinwendung zur heimischen Landschaft suchten MAMÜ wie auch Plastic People – anders als ihre amerikanischen Kollegen, die aus Überdruss über den westlichen Galeriebetrieb aufs Land flohen – aus Schutz vor politischen Reglements.

Allzu lange aus dem Blickfeld gerückt und beinahe vergessen, werden ihre Arbeiten gegenwärtig wiederentdeckt und einem breiteren Publikum vorgestellt. Die aktuelle Präsentation in den Räumen des Rumänischen Kulturinstituts ist also fast so etwas wie eine Neuentdeckung. Neben den Arbeiten der MAMÜ-Gruppe gibt es acht weitere künstlerische Positionen zu erkunden, die sich auf unterschiedlichste Weise der siebenbürgischen Landschaft nähern. Gemeinsam ist ihnen die Bezugnahme auf ein Siebenbürgen, das wegen seiner artenreichen Bergketten (mit den mittlerweile letzten Urwaldbeständen Europas), seiner sanften, von Schaf- und Büffelherden beweideten Hügellandschaft und nicht zuletzt aufgrund der mythischen Kraft mehrerer fast 1000-jähriger Eichen zu einer Art Sehnsuchtslandschaft wird, die Urkräfte in sich trägt.
Blick in die Ausstellung TRANSYLVANIA RETOUCHED ...
Blick in die Ausstellung TRANSYLVANIA RETOUCHED im Rumänischen Kulturinstitut Berlin. Bildquelle: Oana Popa
Kuratiert wird die Ausstellung, die eindrücklich den Dialog ungarischer und rumänischer Positionen belegt, von Daniela Duca (RKI) und Virág Major (CHB). Mit dem schönen Titel TRANSYLVANIA RETOUCHED verweisen die beiden Kuratorinnen vielleicht auch darauf, wie unser Blick auf Siebenbürgen sich verändert, wenn wir uns „wieder berühren“ lassen und selbst neu berühren, so wie das auf zärtliche und manchmal fast spielerische Weise auch die beteiligten Künstlerinnen und Künstler getan haben.

Was Duca und Major hier so ansprechend und zugleich kaleidoskopartig aufzublättern wissen, sind geradezu intime und fragile Einsichten in das hingebungsvolle, mitunter zähe und hartnäckig-beständige Ringen um die Beziehung der Bewohner Siebenbürgens zu ihrer Heimat. Die künstlerische Umsetzung dieses Programms geschieht mal mit dem Pinsel, mal mit der Kamera. Die künstlerischen Erkundungen begehen und gestalten Landschaft mit Pfeilern und Tüchern, lesen in Karten und Schulbüchern, still oder laut, überprüfen Bilder und legen Archive an. Die Künstlerinnen und Künstler hierbei begleiten zu dürfen, ist der besondere Gewinn dieser bemerkenswerten Schau.

Die Ausstellung im Rumänischen Kulturinstitut Berlin, Reinhardtstraße 14, läuft bis zum 20. September; im August wird um vorherige Anmeldung unter E-Mail: Office[ät]rki-berlin.de gebeten.

Dr. Heinke Fabritius

Schlagwörter: Ausstellung, Berlin, Siebenbürgen, Rumänisches Kulturinstitut Berlin, Heinke Fabritius, Kulturreferentin

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