24. Juli 2019

„Charles Boner und die Siebenbürger Sachsen“

Im Februar dieses Jahres ist im Monumenta-Verlag Hermannstadt eine überarbeitete Neuauflage der Broschüre „Charles Boner und die Siebenbürger Sachsen“ erschienen. Dem unveränderten Text von 1947 wurden zahlreiche Illustrationen hinzugefügt, dazu eine Einführung von Hermann Fabini sowie Kurzbiografien von Charles Boner und den bedeutenden siebenbürgischen Persönlichkeiten Herman Roth, Theobald Streitfeld und Juliana Fabritius-Dancu.
Charles Boner hatte von Herbst 1863 bis Frühling 1864 Siebenbürgen mehr als acht Monate lang besucht. Er war Zeuge der damals noch bestehenden sächsischen Selbständigkeit und Eigenständigkeit. Die Lektüre seines Textes hat mich sehr beeindruckt. Wäre ich Schriftsteller, würde ich die Eindrücke meiner Fahrten und Wanderungen durch siebenbürgischen Landschaften und die Begegnungen mit siebenbürgischen Menschen mit ähnlichen Worten beschreiben, wie es Boner, der warmherzige englische Freund der Siebenbürger Sachsen, in seinem Buche mit sachlichem und trotzdem empathischen Blick und mit viel Charme getan hat. Auch bei Begegnungen mit Menschen aus der Schweiz, Deutschland, Österreich oder Frankreich ist jedes Mal dieses „Anders“ von uns Siebenbürgern, das auch Boner beeindruckt, unsere besondere Identität, dieses „Sich-selbst-treu-Sein“, ein wichtiges Gesprächsthema.
Die Zusammenstellung des Buches ist überzeugend, es ist ein Lesebuch, das gut in den Händen liegt, das nachdenklich macht, das man gerne in einem Stück liest und das nicht nur für Siebenbürger lesenswert ist. Die Biografien mit den Porträts von Herman Roth, Theobald Streitfeld und Juliana Fabritius-Dancu, insbesondere auch die Aquarelle der Kirchenburgen von Juliana Fabritius-Dancu, und alle anderen Illustrationen, sind eine große Bereicherung. Lobenswert ist auch die grafische Gestaltung des Buches durch Mark Fabini. Das Buch ist ein wichtiger und wesentlicher Beitrag zur sächsischen Identitätsfindung. Ich bin der Meinung, dass nur ein zutiefst besonnener, schöpferischer und besonders bewusster Umgang mit unserer eigenen Identität, Voraussetzung ist für einen gelungenen Durchgang unserer Gemeinschaft durch die schwere weltweite Krise dieser Wendezeit, die wir gegenwärtig gerade erleben.
Schäßburg, die Burganlage von Osten, Stahlstich ...
Schäßburg, die Burganlage von Osten, Stahlstich von Ludwig Robock, veröffentlicht in János Hunfalvy, Ungarn und Siebenbürgen in Originalstichen von Lubwig Rohbock, Darmstadt 1856.
Hölderlins Worte „Wo aber Gefahr ist, wächst das Rettende auch“ oder Goethes Gedichtzeile „Allen Gewalten/ Zum Trotz sich erhalten,/ Nimmer sich beugen,/ Kräftig sich zeigen,/ Rufet die Arme/ Der Götter herbei!“ meinen eine Haltung, die ein großes Maß an Selbstbesinnung voraussetzt. So kann Boners Buch eine wertvolle Orientierungshilfe in der heutigen Zeit sein, ähnlich wie das Hermann Roth in den katastrophalen Zuständen bei uns Sachsen in der Zeit nach dem Zweiten Weltkrieg empfunden hat.

Gerhard Gross

Die Kirchenburg in Arkeden, Ansicht von ...
Die Kirchenburg in Arkeden, Ansicht von Südwesten, Aquarell von Juliana Fabritius-Dancu 1971, Format 45 x 60cm.
Charles Boner und die Siebenbürger Sachsen, Nachdruck des Heftes Nr. 6 der Reihe „Sächsische Selbstbesinnung“, hrsg. von Hermann Roth 1945-1948, Verlag Monumenta, Hermannstadt, 2019, 132 Seiten, ISBN 978-3-946954552, 11,90 Euro, zu bestellen per E-Mail: erasmus[ät]buechercafe.ro, Telefon: (0228) 90919557, oder E-Mail: hfabini[ät]abfabini.ro.

Schlagwörter: Buch, Charles Boner, Geschichte, Reisebericht, Aquarelle

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