11. Juni 2019

Dagmar Dusil las in Fürth

Es war die energisch organisierende und für den musikalischen Rahmen sorgende Angelika Meltzer, die die zahlreichen Gäste am 15. Mai im Gemeindehaus der St. Paulskirche in Fürth begrüßte. Sie stellte die freischaffende Schriftstellerin Dagmar Dusil aus Bamberg (ursprünglich Hermannstadt) und deren Werk kurz vor. Dagmar Dusil war 2018 Dorfschreiberin von Katzendorf.
Nach der Übergabe des Mikrophons sprach die Autorin über den von Frieder Schuller bereits zum fünften Mal verliehenen Dorfschreiberpreis, über ihren Aufenthalt in Katzendorf, ihre Arbeits- und Lebensbedingungen und das gesellschaftspolitische Umfeld in ihrem Dorfschreiberjahr. Aus diesem Dorfschreiberaufenthalt ging das sehr ungewöhnliche Buch „Auf leisen Sohlen. Annäherungen an Katzendorf“ (Pop Verlag, Ludwigsburg, 2019) hervor. Schon Titel und Untertitel deuten auf das leise, vorsichtig Suchende des Stadtmenschen, der in seinem Leben zwar vieles von dem Biotop „sächsisches Dorf“ wusste, aber plötzlich in es eindringend feststellte, dass sein Wissen nur noch Geschichte ist und dieser Stadtmensch in zweifacher Hinsicht in einer fremden Welt steht. Mit klarer, warmer Stimme las Dagmar Dusil Fragmente aus dem 286 Seiten starken Band. Sie führte ihre Zuhörer in eine unerwartet exotische Welt ein, in der ihr das ­eigene gesellschaftspolitische Koordinatensystem nur noch wenig Orientierung gab.
Angelika Meltzer (rechts) bedankt sich bei Dagmar ...
Angelika Meltzer (rechts) bedankt sich bei Dagmar Dusil für die „Entführung“ auf leisen Sohlen. Foto: Susi Schneider
Einer unserer alten Freunde, Gregor von Rezzori, hätte, wäre er in Katzendorf gewesen, mindestens zwei maghrebinische Geschichten geschrieben. Die eine über den verwilderten Bahnhof von Katzendorf, durch den einst der Orient-Express fuhr, und die zweite über die Bibliothek, die nach dem Abgang der Bibliothekarin geschlossen blieb, wogegen niemand protestierte und scheinbar niemand mehr Bücher ausleihen wollte. Aber Rezzori schreibt leider schon lange nicht mehr.

Dagmar Dusil lacht nicht rezzorisch, sie erkundet in ihrem Buch mit dem ihr eigenen Ernst das gewandelte Biotop Katzendorf, um den Schlüssel zu ihm zu finden. Wahrscheinlich war es Frieder Schullers Hintergedanke beim Ausschreiben dieses Preises, von seinen Preisträgern möglichst viele Schlüssel und Nachschlüssel zum neuen Katzendorf zu erhalten. Dagmar Dusil hat ihm mit ihrem Buch einen Schlüssel in einer schönen samtgepolsterten Schatulle überreicht. Der Applaus der Zuhörer zeugte davon.

Hannes Elischer

Schlagwörter: Dusil, Lesung, Fürth

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