13. Januar 2019

Langjähriger Bischof Christoph Klein veröffentlicht „Siebenbürgische Erinnerungsorte in Lebensbildern“

Christoph Klein, Jahrgang 1937, war genau zwei Jahrzehnte Bischof der Evangelischen Kirche A.B. in Rumänien. Im Herbst des vergangenen Jahres kam sein Buch „Siebenbürgische Erinnerungsorte in Lebensbildern“ heraus. Mit dieser Veröffentlichung wollte der bekannte Theologe ehemalige Mitarbeiter und Freunde würdigen. In der jetzt dem Leser zugänglichen Ausgabe schreibt er im Vorwort voller Hochachtung von seinen „weltlichen Wegbegleitern“.
Lobende Worte fand der sehr aufmerksame Beobachter beispielsweise für eine außergewöhnliche Frau mit extremer intellektueller Strahlkraft, die in der Hermannstädter Gegend als eine feste Institution in Sachen Kultur und Bildung galt. Gemeint ist natürlich Irma Bilek (1896-1982). Sie sei für drei Generationen von in dieser Stadt lebenden und nach Wissen Ausschau haltenden Bewohnern eine ganz besondere „Lehrmeisterin“ gewesen. Fast schon wegweisend sind übrigens die Anfangsgedanken dieses Beitrages. Der Autor spricht vom „Dialog der Vergangenheit“ und darüber, dass „… im Rückblick auf das Leben vordringlich die Erinnerung an jene Menschen [ist], die uns in unserem Denken und Handeln in der Gegenwart und in unserer Hoffnung im Blick auf die Zukunft maßgeblich mitgeprägt haben …“.
Es geht ebenfalls um Persönlichkeiten, die mit einem recht geschichtsbeladenen Kontext für bleibende Werte sorgten, die oftmals schon vor Urzeiten wirkten und bestimmten Plätzen ihren Namen gaben. Der Buchautor benennt flüssig sowie fast in einem Atemzug geheimnisumwitterte „Erinnerungsorte“, wichtige „historische Wegmarken“ sowie unverrückbare „Fixpunkte in der Vergangenheit“. Wichtigster geografischer und zugleich geistiger Fixpunkt für ihn selbst war und ist unstrittig Hermannstadt, wo der Notierende große Teile seines Lebens verbrachte. Von liebenswerter Melancholie bestimmt sind seine Ausführungen über das Umfeld der festen Burg in einem Dorf fernab prosperierender Zentren. Dort wirkte Christoph Klein in frühen Tagen selbst als Pfarrer. In diesem Katzendorf ist heutzutage fast alles von ihm Festgehaltene abhanden gekommen. Veränderungen mit Brachialgewalt durchziehen in der Gegenwart den dortigen Alltag. Das im Buch gut dargestellte „siebenbürgisch-sächsische Gemeinwesen“ ist in dieser Siedlung bestenfalls hinter der einen oder anderen schmucken Häuserfassade erahnbar. Aber auch nur, wenn der Suchende gewisse Vorstellungen hat, wie es einst in der guten Stube zuging, welche Regeln damals herrschten und wie seinerzeit das Zusammenleben organisiert wurde.
Ein Kapitel des Buches beschäftigt sich mit ...
Ein Kapitel des Buches beschäftigt sich mit Katzendorf. Im September 2018 ist von dem beschriebenen siebenbürgisch-sächsischen Gemeinwesen nicht mehr viel zu spüren. Fotos: Roland Barwinsky
Lebendig werden in dieser Ausgabe viele der für den Zusammenhalt der Siebenbürger Sachsen so wichtigen Bauwerke, Denkmäler, Mahnmale, Kirchen, diakonischen Einrichtungen sowie Vereine. Sie legen zugleich herrliche und notwendige sowie herzliche Querverbindungen zwischen dem urbanen kirchlichen Gemeindeleben und dem Alltag in Rumänien offen. Fast in Vergessenheit geratene Netzwerke verdichten sich von allein und blühen somit regelrecht neu auf.
Integrale Bestandteile der Buchseiten sind die Lebensstationen des Autors. Denn das jetzt druckreif Gewordene stammt aus unterschiedlichsten Zeiten. So verschieden einst die Anlässe waren, die der Schreibende mit Worten und Sätzen festhielt, so facettenreich sind die von Christoph Klein behandelten Themen. Es geht unter anderem um exzellente Schulbildung, filigrane Städteforschung, das Innenleben von Kirchenburgen, inhaltsschwere Bücher, segensreiche Kirchenmusik, spezifische Geschichtsforschung und noch viel mehr. Kurzum: Verdichtet wurden auch jene Merkmale, die das Besondere einer Gemeinschaft von Gleichgesinnten ausmachen. Gerade seine persönlich eingefärbten Betrachtungen über große siebenbürgische Personen mit einer noch größeren geschichtsbeladenen Erbmasse sind rundum tauglich für den Leser. Zu den vielen Beschreibungen des Autors gehören beispielsweise Vorträge über Inge Wittstock und eine wunderbare Liebe zu Musik und Musikerziehung, das Leben von Hermann und Alida Fabini für die Kirchenburgen und die Betrachtungen zu Gerhard Konnerth, der die Wechselbeziehungen zwischen Büchern und Menschen als Gabe und Aufgabe betrachtet. Hermannstadt als Erinnerungsort kann ebenfalls neu entdeckt werden. Den Kundigen erwarten persönlich eingefärbte Informationen über den Huetplatz, das Brukenthal-Palais, das Bischofspalais, das Teutsch-Denkmal …
Der literarische Entdecker ordnet nach einer genauen Draufsicht das Werk als authentischen Lesestoff ein, ein Muss für unterhaltsame und zugleich tiefgründige Wissensvermittlung. Insgesamt ist die Lektüre so etwas wie der Einzug von Vitalität in viele Erinnerungsorte und zugleich die ultimative Danksagung an rührende Mitmenschen, die dem verdienstvollen Bischof im Unruhestand im Lauf seines Lebens begegneten und ihn beeindruckten.

Roland Barwinsky


Christoph Klein: „Siebenbürgische Erinnerungsorte in Lebensbildern“. Schiller Verlag, Hermannstadt/Bonn, 2018, 173 Seiten, 14,80 Euro, ISBN 978-3-946954354.

Schlagwörter: Buch, Rezension, Bischof, Klein, Hermannstadt, Katzendorf

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