25. Mai 2018

"Hier, eh, det Mariechen dånzt!“ - Kreisverband Nürnberg gestaltet Brauchtumsveranstaltung in Dinkelsbühl

Nicht nur der Stellvertretende Bundesvorsitzende Reiner Lehni empfand die Brauchtumsveranstaltung des diesjährigen Heimattages „Hier, eh, det Mariechen dånzt!“ als echten Knaller, sondern auch das Publikum im Schrannen-Festsaal in Dinkelsbühl. Doris Hutter ist mit dieser Darbietung etwas ganz Besonderes gelungen. Sie hat ihre Idee, die siebenbürgischen Faschingsbräuche, die Geschichte der Siebenbürger Sachsen und die Verbindung und Integration in die neue Heimat darzustellen, mit dieser Aufführung großartig umgesetzt.
Das Motto des Heimattags „Kultur schafft Heimat und Zukunft“ wurde aufgegriffen und von der Schauspielgruppe des Kreisverbandes Nürnberg am Beispiel der Faschingsbräuche gekonnt dargestellt. Als Peitschenknallerin erweckt Doris beim Plaatschen nicht nur Erschrecken, sondern auch die Neugierde der Nachbarn des Hauses der Heimat in Nürnberg. Diese erkundigen sich über Herkunft der Bräuche und Geschichte der Siebenbürger Sachsen. Anschließend besucht das fränkische Ehepaar den Nürnberger Faschingszug, den ältesten Fastnachtszug der Welt, um die Urzeln und den Ochsenlauf vor Ort zu erleben.
Die Brauchtumsveranstaltung beim Heimattag in ...
Die Brauchtumsveranstaltung beim Heimattag in Dinkelsbühl war eine begeisternde Teamleistung der eigens hierzu gegründeten Schauspielgruppe des Kreisverbandes Nürnberg. Foto: Inge Alzner
Die Urzeln im flatternden Zottelgewand, mit bunt bemalten grässlichen Masken, großer Kuhglocke am Hinterteil und den kunstvoll geschwungenen, drei Meter langen Peitschen machen einen höllischen Lärm. Begleitet werden sie von Akkordeonspielern und einer Reifenschwingerin. Marie (Mariechen genannt) schwingt ihren Reifen, mit einem im Reifen lose stehenden und vollgefüllten Weinglas, kunstvoll durch die Luft. Die Urzeln sorgen für gute Stimmung und Bewunderung, denn „sie knallen nicht nur – sie schwingen auch“. Im Haus der Heimat wird im Anschluss nach guter alter Tradition das Urzelkraut aufgetischt.
Vielbeachteter Auftritt der ohrenbetäubend ...
Vielbeachteter Auftritt der ohrenbetäubend lärmenden Urzeln. Foto: Inge Alzner
Den Urzeln angeschlossen hat sich in Nürnberg auch der „Ochsenlauf“. Der fand am Aschermittwoch in verschiedenen Gemeinden in Nordsiebenbürgen statt. Schneemänner/-frauen werden von Hexen gejagt, gefolgt vom Ochsengespann, das vom Altknecht geführt wird. Bis zu zwölf Männer in mit bunten Bändern geschmückter Bekleidung sind als Ochsen eingespannt und ziehen den Pflug, den der Bauer lenkt. Ein Ochsentreiber spornt das Gespann mit der Peitsche an. Sämänner laufen hinterher und streuen Saatgut aus. Vogelscheuchen vertreiben die gefräßigen Vögel, ein Finanzmann in Frack und Zylinder treibt den Sold in Naturalien ein, Zigeunerinnen sagen die Zukunft voraus. Küken kündigen den Frühling an und Clowns sorgen für gute Stimmung.
Szene aus dem Ochsenlauf. Foto: Inge Alzner ...
Szene aus dem Ochsenlauf. Foto: Inge Alzner
Beide Faschingsbräuche haben ein Ziel: Durch den Lärm der Schellen, Kuhglocken und das Knallen der Peitschen sollen die bösen Wintergeister ausgetrieben werden. Bei den Urzeln kommt hinzu, dass sie in einen Handwerkerbrauch eingebunden waren. Sowohl die Urzelparade als auch der Ochsenlauf bewahren Siebenbürger Brauchtum und bereichern Fastnachtsumzüge besonders im süddeutschen Raum.

Am Vorabend des Faschingsumzugs verliebt sich Tim, ein junger Einheimischer, in die Reifenschwingerin der Urzeln, Mariechen, und macht sich auf die Suche nach ihr. Vom Haus der Heimat, wo die Urzeln sich trafen und schon abgezogen sind, gelangt er in die Altstadt, wo er den Zug verpasst. Er bekommt aber einen Tipp, wo er sein Mariechen am Abend sicher antreffen kann: auf dem Faschingsball in der Gartenstadt. Dort trifft er zunächst auf den Sachsen Pitz der nur wegen des Tanzmariechens gekommen ist.
Das Tanzmariechen Katharina Theil, dreifache ...
Das Tanzmariechen Katharina Theil, dreifache deutsche Meisterin im karnevalistischen Tanzsport, hat sich kräftigen Applaus verdient. Foto: Inge Alzner
Eine sehr humorvolle Konversation zeigt Missverständnisse, falsche Interpretationen auf, die aus der wörtlichen Übersetzung aus dem Sächsischen ins Deutsche und umgekehrt entstehen können. Pitz gewinnt u. a. Geld von der Sparkasse und kauft ein halbes Kilo Pariser mit Knoblauchgeschmack... Zwischenzeitlich ist auch Tims Mariechen eingetroffen, die auch mit einer Peitsche knallen kann, was Pitz in seiner Ehre als Mann beleidigt. Beide Männer sind verwirrt, Marie läuft verärgert weg, als Tim das Tanzmariechen für Marie hält. Es beginnt der Ball, das Tanzmariechen Katharina Theil, dreifache deutsche Meisterin im karnevalistischen Tanzsport, schwebt über die Bühne und erobert mit ihrem professionellen Auftritt die Herzen der Zuschauer im Sturm. „Verknallt in die Knalltüte“ und inzwischen „der größte Fan der Siebenbürger Sachsen“ findet Tim die richtigen Worte zum Happy End.

Tobenden Applaus und Bewunderung gab es zum Abschluss für Doris Hutter und die dafür gegründete Schauspielgruppe des Kreisverbandes Nürnberg. Neben den Hauptdarstellern Michael Henning (Tim), Yvonne Roth (Marie, Reifenschwingerin), Katharina Theil (Tänzerin), Lysander Homm (Pitz) sowie Herta und Reinhold Burkart (Nachbarn) waren das: Hans-Georg Roth (knallender Urzel), Martin Faff (lernender Urzel), Corina Faff (Akkordeonspielerin), Karl Schuster, Ilse Buchholzer, Celina Rehm, Heinz Oczko-Theiss, Klaus Kellner, Brigitte und Gerhard Berner, Melitta und Gerhard Faff, Frank Pelger (Urzeln), Renate Kellner und Ute Schuster (Urzelkraut-Expertinnen), Hiltrud Theiss (Urzelhelferin), Gerlinde Zakel und Annekatrin Streifert (Schneefrauen), Brigitte Hahnfeld (Hexe), Dieter Thut (Hahn), Mone Thudt (Henne), Karline Folkendt und Julia Hahnfeld (Küken), Katharina Emrich (Läufer), Günther Zakel (Altknecht), Thomas Streifert (Bauer), Johann Ohler (Treiber und Sämann), Kai Kirschner (Vogelscheuche), Inge Kirschner (Finanzmann), Erika Hoos (Zigeunerin), Hanny Wagner, Traugott Emrich, Horst Kirschner, Hans und Roswitha Feinweber sowie Günther Engler (Ochsen), Hans Kepp (Zuschauer), Tim Kirschner (Schildträger) sowie Annette Folkendt (Souffleuse).

Es war eine großartige, eine unfassbar gut gelungene Veranstaltung. Humorvoll und pointenreich mit informativem Hintergrund und sehr kurzweilig. Danke Doris!

Hildegard Steger

Schlagwörter: Heimattag 2018, Dinkelsbühl, Brauchtumsveranstaltung, Kreisverband, Nürnberg, Urzeln, Doris Hutter

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