24. März 2018

Siebenbürgische Schätze auf Schloss Horneck

„Ihr und die Gemeinschaft der Siebenbürger Sachsen könnt euch sehr glücklich schätzen! Ihr habt ein historisch einzigartiges, denkmalgeschütztes Gebäude, das euch ganz alleine gehört, eine Förderung von 1,9 Millionen Euro von der BKM, ihr besitzt wertvolle siebenbürgische Schätze in dem Schloss und obendrein eine sehr lebendige Gemeinschaft.“
Eine Freundin akquiriert professionell Spenden und Fördergelder für eine große gemeinnützige Organisation in Deutschland. Sie ermutigte mich, als ich ihr erzählte, dass es mit dem Umbau von Schloss Horneck etwas langsam voran gehe. „Viele warten 2-3 Jahre oder länger auf Fördergelder und haben sehr viel weniger. Ihr könnt erstmal feiern und glücklich sein, dass ihr als Gemeinschaft der Siebenbürger Sachsen so viel und so schnell erreicht habt.“ So sieht es nach außen hin für Profis aus.

Ich gehe es nochmal durch. Ja, wir besitzen ein Schloss, keinen langweiligen Neubau ohne Charme, sondern ein richtiges Schloss mit einer bewegten deutschen Geschichte, ein Schloss, das seit fast 800 Jahren Wahrzeichen einer Stadt und einer Region ist. An dem Erwerb des Schlosses haben sich 2015 sehr viele Siebenbürger Sachsen in Windeseile, mit Herz und Seele und enormen Spenden beteiligt. Diese Beteiligung war die Voraussetzung für die jetzt erhaltenen Fördermittel. Die Spendenaktion berührt auch heute jeden Außenstehenden, weil es den Zusammenhalt unserer siebenbürgisch-sächsischen Gemeinschaft beweist. Sehr selten findet man heutzutage so beispielhaften Gemeinschaftssinn.

Der Schlossverein hat eine bundesdeutsche Förderung von 1,9 Millionen für den Umbau erhalten. Dieses Geld ist ein zusätzliches Geschenk an unsere Gemeinschaft und muss nicht zurückgezahlt werden. Die Förderung ist außerdem ein Gütesiegel für Schloss Horneck.
Schloss Horneck in Gundelsheim, Sitz der ...
Schloss Horneck in Gundelsheim, Sitz der zentralen siebenbürgisch-sächsischen Kultureinrichtungen und Hort vieler siebenbürgischer Schätze
Und dann das Wichtigste! Wir haben unseren eigenen siebenbürgischen Schatz in dem Schloss, den es zu schützen und zu bewahren gilt: unser Kulturerbe, das Gedächtnis und Vermächtnis unserer Vorfahren für unsere Nachkommen. Museum, Archiv, Bibliothek, Forschungsstätte, alle sind siebenbürgische Einrichtungen. Zusätzlich entsteht an diesem schönen Ort ein modernes Kultur- und Begegnungszentrum, es gibt Visionen dafür und ehrenamtliche Kompetenz. In 1500 Regalmetern gibt es sie noch auf Schloss Horneck: die Archive der Dorfstrukturen, Städte und Kirchenburgen. 90000 Bücher und Medieneinheiten belegen unsere Vergangenheit in der Bibliothek. Im Museum zeigen 22000 Exponate unser Kulturerbe. Das Schönste ist, wir können gemeinsam heute noch siebenbürgische Geschichte schreiben auf Schloss Horneck, indem wir hier ein lebendiges Kultur- und Begegnungszentrum aufbauen, gestalten und nutzen. „All das sind sehr wertvolle Schätze. Und Schätze muss man verantwortungsvoll hüten, beschützen, bewahren und auch der Öffentlichkeit präsentieren“, sagt die Freundin.

Ich überlege weiter. Wir haben 2017 in einer kleinen Gruppe die Anträge auf Fördergelder vorangetrieben, in einem rasanten Tempo, dass uns allen im Team schwindlig wurde. Das war in der kleinen Gruppe für diese Zeit in Ordnung, weil die Zeit sehr gedrängt hatte und unsere Kräfte sehr fokussiert eingesetzt werden mussten. Jetzt ist die Zeit gekommen, wieder alle ins Boot zu nehmen, gemeinsam die Staffel zum Ziel und darüber hinaus zu führen. Wir haben als gesamte siebenbürgische Gemeinschaft eine Verantwortung für unser Kulturerbe.

Vor fast einem Jahr zeigte uns Dr. Konrad Gündisch Archiv, Bibliothek und Museum in Gundelsheim. Meine siebenbürgische Seele ist angesprungen und ich habe begonnen, mich mit einigen Gleichgesinnten dafür einzusetzen.

Inzwischen macht uns der weite Weg von München bis Gundelsheim nichts mehr aus. Nach langer Fahrt, wenn das Schloss in der Ferne erscheint, immer größer werdend, über die hügelige schöne Neckarlandschaft blickend, wie ein Mahnmal aus frühen Zeiten, da wird uns warm ums Herz. Ich stelle mir vor, dass es den Gundelsheimern schon seit fast acht Jahrhunderten so geht. Wir haben eine Beziehung hergestellt, das Schloss und wir. Ist es ein wenig der Ersatz für eine Kirchenburg? Wenn ich in Siebenbürgen die Kirchenburgen aus den hügeligen Landschaften ragen sehe, wird mir auch warm ums Herz. Nein, es ist kein Ersatz, es kann beides nebeneinander bestehen. Wir sind als Siebenbürger Sachsen Brückenbauer und haben zweimal den Begriff Heimat im Herzen. „Eine tolle Leistung eines Volkes“, sagt die Freundin. Normalerweise klatscht man einem Brückenbauer Beifall, und wer durch eine Brücke zwei unterschiedliche Ufer oder Landstriche verbindet, wird gelobt und gepriesen.

Unsere Geschichte hat in Deutschland eine Rolle für die Zukunft und braucht einen Platz, genauso wie sie ihren Platz in Siebenbürgen hat. Ich habe mir vorgestellt, dass es uns irgendwann als Siebenbürger Sachsen nicht mehr gibt, unsere Geschichten, Traditionen verschwinden; unser Wissen über den Weinbau, über soziale Strukturen, Nachbarschaftshilfen sind irgendwann nicht mehr vorhanden; die Geschichten unserer Vorväter, die vor Jahrhunderten von Westen nach Osten und nach Jahrhunderten wieder zurück gewandert sind, gibt es irgendwann nicht mehr. Ich bin aber sicher: es wird sie geben, die Urenkel und Ur-Ur-Enkel, die irgendwann nach unserer Geschichte in Siebenbürgen, aber auch nach unserer sächsischen Geschichte in Deutschland fragen. Vielleicht wird dieses Wissen irgendwann in 200 Jahren wieder wichtig? Es sind gesammelte, wertvolle Erfahrungen, die in acht Jahrhunderten entstanden sind. Wir können dieses Wissen jetzt schützen und bewahren auf einem Schloss, das zufällig eine fast genauso alte Geschichte hat, wie die unsrige ist. Hier gibt es noch das Gedächtnis unserer Geschichte, die auch hier in Deutschland, nicht nur in Siebenbürgen stattgefunden hat. Hier entsteht ein lebendiger Ort der Begegnung für alle, die in der ganzen Welt noch immer „siebenbürgisch träumen“ können, wie Iris Wolff, siebenbürgische Schriftstellerin, es ausdrückt.

Es gilt nun, noch einmal die Flamme der Begeisterung in unserer siebenbürgisch-sächsischen Gemeinschaft zu entzünden, dieses Zentrum gemeinsam aufzubauen und danach mit Leben zu füllen! Schützen und bewahren wir gemeinsam unser Kulturerbe in Deutschland für die Zukunft! „Feiert, freut euch, habt Visionen für dieses Schloss und eure Gemeinschaft, bringt Leben und Aufbruchstimmung in die alten Mauern! Ihr habt so viel geschafft, es fehlt im Vergleich, nur noch ein wenig! Noch ein Gemeinschaftsruck, eine große Spendenaktion und ihr seid am Ziel und könnt das Schloss für euch nutzen!“ Und dann sagt sie zum Schluss das Wichtigste: „Wenn jeder von euch dazu beiträgt mit Spenden, Ideen, Mithilfe, wird eure siebenbürgische Gemeinschaft viel stärker

Heidrun Negura

Schlagwörter: Schloss Horneck, Gundelsheim, Siebenbürgisches Museum, Siebenbürgische Bibliothek, Archiv

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