18. März 2018

Ein Robert-Schumann-Konzert

Ein besonderes Klangerlebnis boten die aus Hermannstadt stammende Pianistin Christa Schlezak und der Sänger Andreas Balzer ihren Zuhörern am 27. Januar im Festsaal „Atrium“ des Wilhelm-von-Oranien-Gymnasiums Dillenburg.
Aus Berufung, Freude und ästhetische Qualität zu vermitteln, gestal­teten die beiden Künstler einen Konzertabend mit Werken von Robert Schumann (1810-1856), dessen schriftstellerische und musikalische Fähigkeiten schon sehr früh erkannt wurden. Anfänglich entstanden nur Klavierkompositionen, doch dann wandte Schumann sich dem Lied zu und schuf eine Fülle von Meisterwerken, deren pulsierender Rhythmus und Modulationen Mittel für die Gestaltung seiner menschlichen Probleme darstellten. Um diese musikalische und geniale Ausdrucksfähigkeit des Komponisten zu verstehen, erläuterte die Pianistin Christa Schlezak die reine Klaviermusik, die zu Gehör kommen sollte, und den Bogen zum Lied, den sie zusammen mit Andreas Balzer mit Klavierbegleitung spannen wollte.

Mit den 13 „Kinderszenen“ op. 15 entführte die Künstlerin das Publikum in eine wunderbare und geheimnisvolle Welt mit einer Musik, in der sich das „Romantische in reinster Essenz, als Empfindlichkeit für leiseste, zarteste Schwingungen offenbart“. Die einzelnen Szenen reihten sich wie die Perlen aneinander, einfühlsam und ausdrucksstark, dem Thema angemessen und gekonnt interpretiert. Die einzelnen Titel der „Kinderszenen“ veranschaulichen typische romantische Elemente: die Sehnsucht nach fremden Welten, das Interesse am Ungewöhnlichen, aber auch Rückzug aus dem Alltag in eine Welt der Träume und Fantasie und nicht zuletzt den Weltschmerz. Die beiden abschließenden Szenen stehen in unmittelbarem Zusammenhang, denn der offene Schluss zeigt, wie das einschlafende Kind in das Reich der Träume gleitet und damit dem Tonkünstler die Möglichkeit für eine poetische Botschaft eröffnet, die Schumann so formulierte: „Auf der Blumenleiter der Natur nähert sich die Seele des Dichters immer leiser und leiser dem Bilde der Gottheit.“
Die Pianistin Christa Schlezak und der Sänger ...
Die Pianistin Christa Schlezak und der Sänger Andreas Balzer. Foto: Holger Jörn Becker von Wolff
Jeder Teil dieses Werkes ist eigenartig, doch herausragend und einzigartig ist „Träumerei“, eine Melodie, wie sie zarter, tiefer und berührender kaum sein kann. Ihrem Wesen nach sind diese kleinen Kostbarkeiten tönender Niederschlag von Beobachtungen und Erinnerungen eines dichterisch empfindenden Erwachsenen, der die Musik als „eine Art höhere Sprache“ einschätzt. Christa Schlezak wertete die „Kinderszenen“ mit den Worten: „Es sind die schönsten Lieder ohne Worte, die je in Musik gesetzt wurden, alle nur kurz, aber erfüllt von Innerlichkeit und mit einem seelischen Feingefühl gestaltet, wie sonst weniges in der gesamten Musikliteratur.“ Noch mehr Anerkennung für den Komponisten und sein Werk vermittelte sie durch ihr einfühlsames und ausdrucksvolles Klavierspiel. Mit „Der Dichter spricht“ endete der erste Teil des Konzerts und leitete zu „Dichterliebe“ über, einem Zyklus für Singstimme und Klavier.

In der Entwicklung des Klavierliedes hat Schumann Beethoven und Schubert als „Tastenpoet“ noch übertroffen, indem er das Wesentliche des Stimmungsgehaltes dem Pianoforte anvertraut. Der Zyklus „Dichterliebe“ ist einer der bedeutendsten Liederzyklen der Romantik, entstanden in Schumanns „Liederjahr“ 1840. Mit den 16 Liedern zu Opus 48 vertonte Schuman Heinrich Heines „Buch der Lieder“ und ordnete die Texte zu einer dramatischen Liebesgeschichte, die der Sänger Andreas Balzer mit seiner wohlklingenden und raumfüllenden Bariton-Stimme einfühlsam vortrug.

Mit der Natur erwachen gleichsam auch die Sehnsucht und das Verlangen nach Liebe. Andreas Balzer gelang es, mit Mimik und Gestik, aber vor allem stimmlich die Gefühle des enttäuschten, von Weltschmerz geplagten Komponisten zu vermitteln. Die gebotenen Stücke schienen leicht und spielerisch, doch der Schmerz war als sanfte oder düstere Melancholie gegenwärtig. Jedes Lied trägt wie ein Mosaikstein zu einem Ganzen sich fügenden Kunstwerk bei, das musikalisch und sprachlich zusammenfasst, wie sich unglückliche Liebe anfühlt, die schließlich zu Grabe getragen wird. „Dichterliebe“ verdeutlicht, dass die romantischen Stimmungsbilder keine „alte Geschichte“ sind, und darum spricht Schumanns Musik das heutige Publikum auch an. Er schrieb an seine Frau Clara: „Meine Musik kommt mir jetzt selbst so wunderbar verschlungen vor bei aller Einfachheit, so sprachvoll aus dem Herzen und so wirkt sie auf alle, denen ich sie vorspiele.“

Für den Applaus des beeindruckten Publikums im vollbesetzten „Atrium“ bedankten sich die Künstler mit einer Zugabe.

Ingrid Loew

Schlagwörter: Konzert, Klavier, Gesang, Schumann, Liederabend

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