27. Februar 2017

Von der Ritterburg zum Kulturzentrum der Siebenbürger Sachsen (Folge 4)

Das Jahr 1525 war nicht nur für die Kommende Horneck, sondern für die Gesamtgeschichte des Deutschen Ordens von einschneidender Bedeutung: Dessen 37. Hochmeister Albrecht von Brandenburg legte sein Amt nieder, trat zur Reformation über, säkularisierte das Ordensgebiet und wandelte den katholischen Ordensstaat in ein lutherisches Herzogtum um. Am 8. April 1525 legte er in Krakau vor dem polnischen König den Huldigungseid ab und nahm von ihm das „Herzogtum in Preußen“ zum Lehen. Kurz danach anerkannten die Stände auf dem Landtag zu Königsberg das neue Herzogtum und die Annahme der Reformation. Damit ging das seit fast genau drei Jahrhunderten beherrschte Ordensgebiet an der Ostsee mit Marienburg und Königsberg als wichtigsten Zentren für den Orden verloren.
Mit dieser Umwandlung seines Ordensstaates in ein weltliches, überdies protestantisches Herzogtum fand sich der vom Deutschmeister ­regierte Ordenszweig im Reich nicht ab. Ein Generalkapitel setzte den 1526 zum 60. Deutschmeister gewählten Walther von Cronberg zum Hochmeister ein, Kaiser Karl V. ernannte ihn 1527 zum „Administrator des Hochmeistertums in deutschen und welschen Landen“, um den Besitzanspruch des Ordens auf das Preußenland aufrechtzuerhalten. Ab 1530 durfte sich Cronberg auch offiziell Hochmeister nennen. Die Verbindung zwischen den beiden Ämtern, die bereits Eberhard von Seinsheim betrieben hatte (siehe Folge 2 dieser Reihe), wurde später in dem Titel „Hoch- und Deutschmeister“ verkürzt. Die vier blauen Eisenhütlein im Cronbergschen Wappen sind übrigens, ebenso wie das Wappen derer von Horneck, seit der 1538 erfolgten Wappenverleihung durch Cronberg Teil des heutigen Stadtwappens von Gundelsheim.
Abbildung 1: Laetatur ob infortunia nostra. ...
Abbildung 1: Laetatur ob infortunia nostra. Kupferstich von Eberhard Kieser, Lateinisches und deutsches Emblem von Daniel Meisner über den Nieswurz (Helleborus): „Ein zerstörer des Friedts bistu,/ Der Erd nichts werther Mensch darzu“, in „Thesaurus philo-politicus“, 1624, Band 1, Buch 5-8, Blatt 389. Digitalisat der Universitäts-Bibliothek Düsseldorf: http://digital.ub.uni-duesseldorf. de/ihd/periodical/pageview/3405032
Die Zerstörung der Burg Horneck im Bauernkrieg 1525 machte die Einrichtung einer neuen Residenz für den Hoch- und Deutschmeister nötig. Sie wurde in einer Rekordzeit von acht Jahren wiederhergestellt, ja, eigentlich als Renaissanceschloss neu erbaut. Wie sah dieses Schloss aus? Genau wissen wir es nicht. Ein Kupferstich von 1624 im „Thesaurus philo-politicus“, den der Dichter Daniel Meisner (1585-1625) und der Kupferstecher Eberhard Kieser (1583-1631) herausgegeben haben (Abbildung 1), dürfte eher eine idealisierte Darstellung des Zustandes vor der Zerstörung durch die Bauernkrieger sein, basierend auf einer Zeichnung aus dem „Karlsruher Skizzenbuch“ von Hans Baldung Grien (1484-1545), da nicht davon auszugehen ist, dass die zahlreichen Städte- und Burgenansichten dieses Buches mitten im Dreißigjährigen Krieg vor Ort gezeichnet werden konnten. Auch der Ritter im Vordergrund, ein „Der Erdt nichts werther Mensch“, und die Bemerkung über den „Zerstörer des Friedts“ in einem Gedicht über die sonst positiv konnotierte Christrose weist eher auf das Schicksal hin, das die abgebildete Burg 1525 erlitten hat, nicht auf das neu errichtete Schloss.

Eher ist davon auszugehen, dass der Grund- und Aufriss des Ordensbaumeisters Franz ­Keller (1682-1724), der den barocken Umbau eingeleitet hat, das Aussehen nach dem Wiederaufbau von 1525-1533 wiedergibt (Abbildung 2). Die hier sichtbaren Renaissanceerker lassen darauf schließen, desgleichen die erhalten gebliebenen großzügigen Renaissanceportale zur Wendeltreppe und zur ehemaligen Schlosskapelle, die Inschrift von 1529 und der schöne Wappenstein von 1533 mit den zwei Löwen, die wohl das Ordenswappen hielten (siehe Abbildungen in Folge 3 dieser Reihe, Siebenbürgische Zeitung Online vom 18. Februar 2017). Somit ist anzunehmen, dass zwischen 1525 und 1533 der siebeneckige, 90 m lange und 30 m breite Grundriss mit zwei Innenhöfen und sechs Türmchen erbaut und der erhalten gebliebene 35 m hohe Bergfried in das Ensemble integriert wurden.
Abbildung 2: Gesamtansicht und Grundriss des ...
Abbildung 2: Gesamtansicht und Grundriss des ersten Obergeschosses von Schloss Horneck, ca. 1723, von Franz Keller. Aus: Schloss Horneck, Gundelsheim am Neckar. Heimathaus Siebenbürgen. Altenheim – Museum – Bibliothek. Stuttgart: Hilfsverein der Siebenbürger Sachsen „Johannes Honterus“ e.V. 1972, S. 13
Diese beeindruckende Neuanlage zeugt davon, dass man wohl zunächst daran gedacht hat, das Ordenszentrum nach dem Wiederaufbau wieder in Gundelsheim anzusiedeln. Denn bereits im Dezember 1534 fand ein Provinzialkapitel auf Horneck statt, und Walther von Cronberg, der Hoch- und Deutschmeister, weilte zumindest oft im Schloss, wo er z.B. 1539, auch Urkunden ausfertigen ließ. Zudem besuchte kein Geringerer als Kaiser Karl V. zweimal das neue Schloss, 1541 mit einem Gefolge von nicht weniger als tausend Personen, 1546 nochmals. Das lässt meines Erachtens darauf schließen, dass die endgültige Entscheidung, Horneck als Ordensresidenz aufzugeben, erst nach dem Schmalkaldischen Krieg (1546-1547) gefallen ist, der allein in den Ämtern Horneck und Neckarsulm den riesigen Schaden von 90000 Gulden verursacht haben soll.

Wohl aus strategischen Gründen fiel die Wahl auf das wirtschaftlich starke und im verbliebenen Ordensgebiet verkehrsmäßig zentral gelegene Mergentheim. Die unvergessene Beteiligung von Gundelsheimern an der Zerstörung der Burg trug wohl auch zur Entscheidung bei. Das in Rekordzeit wiederaufgebaute Schloss Horneck und damit Gundelsheim verloren für immer ihre zentrale Bedeutung im Ordensgebiet. Kamen bis dahin die Überschüsse der deutschmeisterlichen Kammer Horneck zugute, so flossen sie nunmehr nach Mergentheim, das eine Blütezeit erlebte. Gundelsheim war nur noch Kammerhaus des Deutschmeisters innerhalb der Ballei Franken und unterstand der Landkommende in Ellingen.

Wer lebte nunmehr dauerhaft auf Schloss Horneck? Waren es früher (1513 beispielsweise) neun Ritterbrüder, so sind es nunmehr, nach der Verlegung der Ordensresidenz nach Mergentheim, nur noch zwei, der Hauskomtur und der Trappierer als Wirtschaftsverwalter, außerdem ein Priesterbruder (früher sechs) und Gesinde. Die Ordenskanzlei war samt Personal (Kanzler, Sekretär, Kanzleischreiber) weggezogen.

Dr. Konrad Gündisch

Links:

Von der Ritter- zur „Sachsen“-Burg, erste Folge, SbZ Online vom 30. November 2016

Von der Ritterburg zum Kulturzentrum der Siebenbürger Sachsen: Aus der Geschichte von Schloss Horneck, zweite Folge, SbZ Online vom 14. Januar 2017

Von der Ritterburg zum Kulturzentrum der Siebenbürger Sachsen (Folge 3), Siebenbürgische Zeitung Online vom 18. Februar 2017

Schlagwörter: Schloss Horneck, Geschichte, Deutscher Orden

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