30. Januar 2017

Dialog mit Jugendlichen über die Aufarbeitung der kommunistischen Vergangenheit

Bukarest – Um die Aufarbeitung der kommunistischen Vergangenheit im Dialog mit Jugendlichen ging es bei einer Veranstaltung, zu der die Konrad Adenauer Stiftung (KAS), das Institut zur Aufklärung der kommunistischen Verbrechen und zum Gedenken an das rumänische Exil (IICCMER) und die rumänische Nationalbibliothek am 13. Dezember Schüler und Studenten eingeladen hatten. Grundlage für die Debatte bildete die bereits 2014 im Athenäum präsentierte, in der Nationalbibliothek neu aufgestellte Ausstellung „Kommunismus in Rumänien”. Vorträge hielten der damalige deutsche Botschafter Werner Hans Lauk, Prof. Dr. Virgiliu Țârau von der Babeș-Bolyai Universität Klausenburg und Octavian Gordon, Leiter der Nationalbibliothek. Es war die erste einer Reihe geplanter Debatten zum Thema Kommunismus.
Wozu Aufarbeitung gut ist - ein schmerzhafter Prozess, vor allem wenn einige der Opfer und Täter noch leben und Freunde oder Verwandte jener Generation sind, die den Kommunismus nicht mehr erlebt hat - erklärt Lauk: Es ginge darum, eine sinnstiftende Brücke von der Vergangenheit zur Zukunft zu schlagen. Zum einen, um der Opfer zu gedenken, zum anderen, um Lehren für die Zukunft zu ziehen. Deutschland zeichnete mit der Tätigkeit der Gauck-Behörde (heute: Der Bundesbeauftragte für die Stasi-Unterlagen / BStU) zur Aufarbeitung der Stasi-Akten vor, wie dies bewältigt werden kann. Das riesige Archiv, das den gigantischen Überwachungsapparat der ehemaligen DDR enthüllte, umfasst 111 Kilometer Schriftgut. Seit Ende 1990 sind 7 043 748 Ersuche eingegangen. 2015 haben immer noch 62 544 Bürger Antrag auf Akteneinsicht gestellt. Einen wichtigen Beitrag zur Aufklärung leisten auch Gedenkstätten, in denen Führungen oder Filmveranstaltungen das Ausmaß des Unrechtssystems offenlegen und Zeitzeugenfragen beantworten.

Während in Deutschland schnell mit der Aufarbeitung begonnen werden konnte, weil die westliche treibende Kraft vorhanden war, brauchte man in Rumänien erst einmal Zeit zum Vergessen. Dennoch: Die Bemühungen, ein nationales Kommunismusmuseum einzurichten, seien beachtlich, lobt Lauk. Den jungen Leuten empfiehlt er, ältere Verwandte gezielt zu befragen. Denn Geschichte lebt von Geschichten: Erst hautnahe Zeitzeugenberichte und konkrete Schicksale machen sie greifbar und erlebbar. Den staatlichen „Terror” öffentlich zu machen, sei eine Art Exorzismus, erklärt Preda.

Nicht alle haben im Kommunismus traumatische Erfahrungen gemacht, wie die Diskussion zeigte. Auch haben sich die Maßstäbe schnell geändert: Vergessen sind Unfreiheit, Arbeitslager, Repressalien oder von Geburt wegen verwehrte Rechte – was heute zählt, sind Wohlstand und Geld. Vergessen sind die Unfassbarkeiten, die sich trauriger Einzigartigkeit rühmen: Schülergefängnisse in Rumänien! „Nicht mal in Russland gab es so etwas”, so einer der Vortragenden. Zum Schluss meldet sich ein Student zu Wort, dessen Eltern den Kommunismus befürwortetet hatten. Schlecht gegangen sei es ihnen nie. „Doch lohnt sich ein Leben in Unfreiheit?”, fragt er herausfordernd und plädiert für mehr politisches Engagement. Dann sagt er leise: „Es macht mir Angst, wenn ich mir vorstelle, was aus mir damals hätte werden können...”.

Nina May

Schlagwörter: Geschichte, Kommunismus, Bukarest, Lauk, Jugend, Veranstaltungen

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