26. August 2016

Konrad Klein: Ein Wellmann, der nicht Wellmann ist

Zum verdienstvollen Beitrag von Dr. Kurt Thomas Ziegler in der Siebenbürgischen Zeitung vom 15. Juli 2016, Seite 9 (siehe auch SbZ Online vom 4. August 2016) anlässlich des 150. Geburtstages des siebenbürgischen Malers Robert Wellmann (1866-1946) möchte ich noch einiges ergänzen und zugleich richtigstellen.
Zunächst einmal handelt es sich bei dem abgedruckten angeblichen Selbstporträt Wellmanns nicht um den Künstler selbst, sondern um einen älteren römischen Herrn. Die Zeichnung – sie wurde in Meschendörfers Karpathen im 2. Märzheft 1908 veröffentlicht – stammt im Übrigen nicht von 1906, sondern von 1905, wie auch der Signatur zu entnehmen ist. Wie Robert Wellmann als etwa Vierzigjähriger tatsächlich aussah, zeigt eine Aufnahme, die sich in der Sammlung Engber im Brukenthalmuseum befindet (siehe Foto). Ein Selbstporträt des Künstlers, allerdings von 1921, veröffentlichte Harald Krasser in seinem Aufsatz „Jahrhundertwende. Über die Anfänge der neueren Malerei bei den Siebenbürger Sachsen“ im Neuen Weg vom 5. Oktober 1968. Ebenfalls bartlos präsentiert sich der Maler auf einer Fotografie von 1944, die Wellmann vor einem improvisierten Faltpapier-Hintergrund im ungarischen Paks zeigt, wo er zwei Jahre später am 22. Februar starb (ich hatte die Aufnahme mit einem kurzen Text in der Siebenbürgischen Zeitung vom 15. März 1996, S. 9, veröffentlicht).
Robert Wellmann, um 1905/10 (Beschriftung von ...
Robert Wellmann, um 1905/10 (Beschriftung von Emil Sigerus). Sammlung Carl Engber, Brukenthalmuseum. Foto: der Verfasser
Dass Wellmann erst im Alter von 72 Jahren (1938) seine ehemalige Schülerin Gizella Horváth heiratete, ist richtig, doch müsste vollständigkeitshalber erwähnt werden, dass er sich mit ihr – immerhin die Tochter des evangelisch-lutherischen Pfarrers von Paks – bereits lange vorher, am 23. Oktober 1924, verlobt hatte, wie das Siebenbürgisch-Deutsche Tageblatt vom 11. Dezember1924 mit einiger Verspätung meldete.

Zudem hätte hier Manfred Wittstocks informativer Beitrag über Wellmanns Landsitz in Cervara di Roma erwähnt werden können, „signor Roberto“ war dort seinerzeit jedem Kind bekannt (vgl. Ein siebenbürgisches Künstlerheim in Cervara di Roma, in: Zeitschrift für siebenbürgische Landeskunde, Heft 1, 1993).

Ein Letztes noch. Wellmann und Arthur Coulin inskribierten an der Kunstakademie in München nicht 1884 und auch nicht beide im gleichen Jahr. Laut Grundbuch der Studierenden der königlichen Akademie der bildenden Künste meldete sich Wellmann am 13. Oktober 1888 in die Malklasse Hackl an, seine Freunde Fritz Schullerus und Arthur Coulin erst ein Jahr später, am 21. Oktober 1889. Friedrich Mieß kam nicht „etwas später“ hinzu, sondern schrieb sich in München bereits am 28. Oktober 1885 ein (Malklasse Herterich). Smigelschi war es nach Abschluss der Zeichenlehrerakademie in Budapest aus finanziellen Gründen nicht mehr vergönnt, ein Studium der Malerei in München zu beginnen.

Das ist natürlich nicht Robert Wellmann, sondern ...
Das ist natürlich nicht Robert Wellmann, sondern ein unbekannter italienischer Herr, gezeichnet 1905 in Rom (aus: Die Karpathen, Heft 12, 1908).
Während Wellmanns Studienzeit hielt sich erstmals auch eine Siebenbürger Sächsin in München auf, um die Malerei zu erlernen. Zwar nur als Schülerin des Künstlerinnenvereins („Damenakademie“), aber der Zutritt zu einer „richtigen“ Kunstakademie blieb ja Frauen noch lange, vor allem wegen des „Abendakts“, verwehrt. Im April 1890 fassten sich Wellmann, Coulin, Schullerus und Hufnagel ein Herz und besuchten Malerfürst Lenbach in seiner Villa. Als Lenbach den siebenbürgischen Studiosi mit großer Liebenswürdigkeit seine Kunstschätze zeigte (einschließlich eines sächsischen Spangengürtels, der durch Emil Sigerus dorthin gekommen war), wandte er sich bajuwarisch-jovial auch dem ‚Frauenzimmer‘ zu: „Und Sie, Fräulein, malen’S auch?“ Als die angehende Malerin das bejahte, war sein „Na hoffentlich recht schön“ sicher nicht das, was die hoffnungsfrohe, bereits in Wien geschulte Künstlerin hören wollte. Der damals schon recht weltgewandte Frauenversteher Wellmann hatte alle Mühe, die etwas geknickte Hermannstädterin wieder aufzubauen, wie Victor Roth, unser Gewährsmann für gehobenen Künstlertratsch, zu berichten weiß: „Lassen Sie sich, Fräulein, von Lenbach nicht ins Bockshorn jagen! Ein Virtuose ist Lenbach, kein Künstler. In ein paar Jahren haben Sie ihn überflügelt.“

Konrad Klein

Schlagwörter: Wellmann, Porträt, Maler, Zeichner

Bewerten:

27 Bewertungen: ++

Neueste Kommentare

  • 26.08.2016, 14:24 Uhr von bankban: Vielen Dank für den Artikel, den zu lesen, wie das immer bei den Artikeln von Herrn Klein der Fall ... [weiter]

Artikel wurde 1 mal kommentiert.

Zum Kommentieren loggen Sie sich bitte in dem LogIn-Feld oben ein oder registrieren Sie sich. Die Kommentarfunktion ist nur für registrierte Premiumbenutzer (Verbandsmitglieder) freigeschaltet.