3. Juli 2015

Münchener Innungen setzen Engagement im Kaltbachtal fort

Gleich zum Auftakt des diesjährigen Projekteinsatzes im Mai in Martinsdorf und Mardisch gab es etwas zu feiern: Die Projektverantwortlichen Heike Ernst und Michael Doll von der Malerinnung in München brachten in ihrem Gepäck die frohe Botschaft nach Martinsdorf mit, dass die Nationale Agentur beim Institut für berufliche Bildung – gerade noch kurz vor ihrer Abfahrt nach Siebenbürgen – den Förderungszeitraum Sommer 2015 bis Ende Mai 2017 positiv beschieden hat und somit das Engagement der Münchener Handwerksinnungen im Kaltbachtal nun für weitere zwei Jahre gesichert ist.
Grund genug also, nicht nur fröhlich das Glas zu erheben, sondern auch mal nachzufragen, was die Beweggründe der Projektbeteiligten für ihren Einsatz im Kaltbachtal sind. Moni Schneider-Mild hatte im Mai in Martinsdorf die Gelegenheit, mit Michael Doll, dem Leiter Berufsbildungszentrum der Maler und Lackierer Innung München, und seiner Assistentin Heike Ernst über das EU-Förderprogramm „Leonardo da Vinci“ bzw. „Erasmus“ und das Kooperationsprojekt mit Auszubildenden zu sprechen.

Ihr seid gerade mit 40 Auszubildenden von unterschiedlichen Münchener Innungen und ihren Ausbildungsmeistern da, um am Pfarrhaus und dem Gemeindesaal in Martinsdorf und der Kirchenburg in Mardisch zu arbeiten. Welche Innungen nehmen denn genau an diesem Kooperationsprojekt teil?

Heike Ernst: Das sind die Münchener Bauinnung, die Maler- und Lackierer Innung München sowie die Zimmererinnung München.


Den Auftakt des Münchener Engagements machte die Baufachschule München 2010 unter der Projektleitung von Hans Gröbmayr (siehe "Münchner Handwerker sichern Kirchenburg in Mardisch"), die sich maßgeblich mit der Instandsetzung der Mardischer Kirchenburg befasste. Wie kam es zum Stabwechsel und zu eurem Engagement in Siebenbürgen?

Michael Doll: Während des Internationalen Leistungswettbewerbs des
Michael Doll. Fotos: Moni Schneider-Mild ...
Michael Doll. Fotos: Moni Schneider-Mild
Handwerks in Leipzig im Juli 2013 hatten wir Gelegenheit, mit Kollegen aus dem Baubereich über Ausbildungsprojekte zu diskutieren und wurden dadurch auf das „Projekt Kirchenburgen“ in Siebenbürgen aufmerksam. Wir hatten uns bereits in den Jahren zuvor in Ungarn engagiert. Das Thema für die Ausbildung der Maler lag schwerpunktmäßig auf der Secco- und Frescomalerei und dem landestypischen Gestalten von Oberflächen, und so lag der Gedanke nahe, uns künftig an der Restaurierung der Kirchenburg in Mardisch zu beteiligen.


Die Neuauflage des Projektes beinhaltet einen neuen Ansatz: „Gewerk übergreifend arbeiten und lernen.“ Was bedeutet das genau?

Heike Ernst: Jeder soll dem anderen ‘mal über die Schulter schauen können, um dabei Lernerfahrungen zu machen. Das zeigt zum einen die Notwendigkeit einer vernünftigen Zusammenarbeit zwischen den einzelnen Gewerken auf, und zum anderen ermöglicht es das Erlernen von Fertigkeiten und Kenntnissen in die artverwandten Gewerke hinein. Michael Doll: Im Grunde ist das Ganze als Abbildung der beruflichen Realität zu sehen, wie sie auf den unterschiedlichsten Baustellen die Tagesordnung bestimmt.


Ein weiterer Aspekt ist, dass eure Auszubildenden hier in Martinsdorf in recht spartanischen Verhältnissen untergebracht sind.

Michael Doll: Aufgrund der sehr einfachen Unterkünfte und sanitären Anlagen ist es für uns vorrangiges Thema, im Rahmen der Projektarbeiten, den alten Pfarrhof in Martinsdorf wieder in neuem Glanz erstrahlen zu lassen, um ihn als „Basislager“ und Unterkunft für die Auszubildenden während der laufenden Arbeiten besser nutzen zu können. Die Erreichung des langfristigen Ziels, den Hof zukünftig als Unterbringungsmöglichkeit für Wanderer und Radler in Form eines Gästehauses anzubieten, liegt noch in der Zukunft – aber alle arbeiten daran! Im weiteren Projektverlauf sollen möglichst auch weitere Gewerke mit Auszubildenden aus den Berufsbereichen Elektro- und Informationstechnik sowie aus dem Heizungs- bzw. Sanitär- und Spenglerhandwerk mit eingebunden werden.


Welche Impulse kann euer Einsatz hier vor Ort geben?

Michael Doll: Ein weiteres mit diesem Projekt verbundenes Ziel ist es, mittelfristig die Attraktivität Siebenbürgens mit seinen einzigartigen Kulturdenkmälern zu erhalten und auszubauen, um den Boden für einen sanften Tourismus zu bereiten und damit wieder Leben in die Dörfer zu bringen.


Ihr seid nun bereits das zweite Jahr in Martinsdorf und Mardisch. Fühlt ihr euch mit eurem Projekt in Siebenbürgen also in Rumänien gut aufgehoben?

Heike Ernst: Siebenbürgen in Rumänien erscheint uns mit seiner
Heike Ernst ...
Heike Ernst
deutschsprachigen Minderheit und der Einzigartigkeit seiner mit Kirchenburgen ausgestatteten Dörfer als besonders geeignetes Zielland für Ausbildungsprojekte in Europa. Nicht zuletzt auch, weil sich Rumänien mehr und mehr am System der dualen Ausbildung orientiert und dieses im eigenen Land zur Anwendung bringen will. Zudem erhalten wir großartige Unterstützung durch die Vertreter der Heimatortsgemeinschaften Mardisch und Martinsdorf hinsichtlich aller organisatorischen Belange sowie des zuständigen evangelischen Bezirkskonsistoriums aus Mediasch.

Die auszubildenden Handwerker beim Abendessen im ...
Die auszubildenden Handwerker beim Abendessen im Gemeindesaal in Martinsdorf
Inwiefern wirkt sich die Teilnahme am Projekt auf eure Auszubildenden aus? Welche Ziele werden im Projekt verfolgt?

Michael Doll: Die Teilnahme an solchen Projekten soll sich nicht nur fachlich, sondern auch persönlichkeitsfördernd auswirken. Zudem ist das Projekt auch darauf ausgerichtet, bisher nicht qualifizierte Dorfbewohner einzubinden. Sie haben dann Gelegenheit, Fertigkeiten und Kenntnisse zu erlernen, die ihnen ein zusätzliches Einkommen erleichtern können. Es ist spürbar, dass sich in der Zeit unserer Anwesenheit in Martinsdorf eine neue Lebendigkeit verbreitet, und wir hoffen, dass zunehmend mehr Menschen, die neugierig auf Europa sind, auch Siebenbürgen bereisen werden und damit neues Leben in die Dörfer kommt!


Vielen Dank für dieses Interview und euch weiterhin gutes Gelingen bei all euren Vorhaben!

Schlagwörter: Martinsdorf, Mardisch, München, Handwerk, Projekt, Sanierung, EU

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