25. Januar 2013

Ein Poesieabend in Berlin als Hommage an Mihai Eminescu

Wer in Rumänien zur Schule gegangen ist, kennt sie: den „Barden von Ipotești“ Mihai Eminescu, den Chronisten des „spațiul mioritic“ Lucian Blaga und den düster-melancholischen George Bacovia, an dem so mancher deutsche Schüler mit der Frage „Was wollte uns der Dichter damit sagen?“ kläglich scheiterte. Diesen Autoren war eine Lesung anlässlich des rumänischen Nationalen Kulturtages am 15. Januar in den Räumen der Rumänischen Botschaft in Berlin gewidmet.
Der Botschafter Rumäniens in Deutschland, Lazăr Comănescu, begrüßte die zahlreich erschienenen Gäste und verwies auf die Modernität der klassisch genannten rumänischen Dichter, die wie Eminescu und Blaga auch von der deutschen Dichtung beeinflusst waren. Danach begrüßte er den siebenbürgischen Schriftsteller Hans Bergel, auf dessen Übertragungen aus dem Rumänischen die deutschen Versionen der ausgewählten Gedichte beruhten, die seinem jüngst erschienenen Band „Verlorener Horizont. Fünfzig Gedichte aus dem Rumänischen“ (Edition Noack&Block, Berlin; siehe SbZ Online vom 3. November 2012) entstammten. Botschafter Comănescu gab einen Ausblick auf die ausgewählten Texte und lobte die Übersetzungen Bergels, dem es gelungen sei, „rumänische Gedichte in deutsche zu verwandeln“.

In einer kurzen Ansprache betonte Hans Bergel, dass das Rumänische für ihn so etwas wie eine zweite Muttersprache sei, seine Nähe zu den übersetzten Texten aber durch deren „europäische“ Grundhaltung bestimmt sei, die Unterschiede nur in der spezifischen Bildersprache zu finden wären. Bergel hob hervor, dass er auf die Übertragung des „cantabile“ fokussiert war, worum er sich bei der Übertragung der Gedichte besonders bemüht habe.

Die eigentliche Lesung begann mit einer Einführung des in Rumänien sehr bekannten Schauspielers Dan Nuțu, der die Originaltexte lesen sollte. Er erläuterte seinen Ansatz, die Gedichte nicht „vortragen“ zu wollen, mit dem Hinweis, sie seien eher nur „vorlesbar“, und er stellte auch die junge Schauspielerin Anna Schumacher vor, die den deutschen Part übernehmen sollte. Mit sonorer Stimme las Nuțu die ausgewählten Texte vor, deren deutsche Fassung die helle, klare Stimme Anna Schumachers dem zum Teil des Rumänischen nicht kundigen Publikums näher brachte.

Eine Videomontage zu den vier Elementen, eine Anspielung auf die ausgestellten Plastiken des in Ploiești geborenen Elmar Farsch, zur Musik von Johann Sebastian Bach, begleitete die Lesung im abgedunkelten Saal. Die Anzahl der vorgestellten Texte blieb überschaubar: zwei Texte von Blaga („Schlaf“, „Odysseus“), ein Text von Eminescu („Nur eins noch“) und sieben Texte des Spätexpressionisten Bacovia wurden dargeboten.

Anschließend wurde das Publikum zu einem kleinen Umtrunk eingeladen, der die Möglichkeit bot, sich über das spezifische Wesen der rumänischen Lyrik auszutauschen, aber auch mit Hans Bergel ins Gespräch zu kommen. Der pessimistischen Aussage Bacovias, von dem das Titelzitat „Das Wort ist vergänglich“ stammt, hat Bergel durch seine überaus gelungenen Übertragungen ins Deutsche einen Riegel vorgeschoben und die rumänischen Texte in einem allgemein-europäischen Kontext verewigt.

Jürgen Schlezack

Schlagwörter: Berlin, Lesung, rumänische Literatur

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  • 29.01.2013, 09:36 Uhr von servus: ... und danke für die korrektur. [weiter]
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