28. Dezember 2012

Überragendes Kammerkonzert

Als Sonderveranstaltung des Bayerischen Staatsorchesters fand am Sonntag, den 18. November, um 11.00 Uhr im historischen Innenraum der Allerheiligen-Hofkirche der Münchener Residenz ein Kammerkonzert des Münchener Klaviertrios mit Michael Arlt (Violine), Gerhard Zank (Violoncello) und Donald Sulzen (Klavier) statt. Gründer dieser seit 1982 bestehenden, heute international renommierten Kammerformation ist der in Hermannstadt geborene Cellist Gerhard Zank, der seit 1978 auch Mitglied und derzeitiger Orchestersprecher des Bayerischen Staatsorchesters ist.
Seit Jahren schon gehört dieses Klaviertrio zu den aktivsten und gefragtesten deutschen Kammermusikensembles, das auf ausgedehnten Konzerttourneen ganz Europa, Nordamerika, Russland sowie einige fernöstliche und afrikanische Länder bereiste. Im Laufe seiner 30-jährigen Existenz hat es in der Besetzung von Violine und Klavier manchen Wandel erfahren. Geblieben ist Gerhard Zank, dem es auch zu verdanken ist, dass das jetzige Trio einer Idealbesetzung nahe kommt.

Mit einem breitgefächerten Repertoire, das neben bekannten Werken der Trioliteratur auch selten gespielte zeitgenössische, zum Teil dem Ensemble selbst gewidmete Kompositionen umfasst, ist das Münchener Klaviertrio beim Konzertpublikum in aller Welt ein begehrter Gast. In dieser Matinee kam eingangs eine Komposition von Wilhelm Killmayer zu Gehör, das der Münchener zeitgenössische Komponist in den 70er Jahren in Erinnerung an historische Persönlichkeiten oder Musiker der Romantik hier als „Brahms-Bildnis“ konzipierte. Als einsätziges Werk mit der Tempobezeichnung Lento entstand ein hochexpressives, von intensiver künstlerisch-interpretativer Homogenität geprägtes Tonerlebnis, das in überzeugender Manier die widersprüchlichen Charaktereigenschaften brahms‘schen Eigensinns, seiner grübelnden Abkehr von der Außenwelt, sein In-sich-Hineinhorchen als beeindruckendes Psychogramm innerer Lebenskonflikte in den Raum zauberte, das innerhalb seiner vermittelten Suggestivkraft nicht nur beim Komponisten nachhaltige „brahms’sche Assoziationen“ auslöste.
Münchner Klaviertrio: Gerhard Zank (Violoncello), ...
Münchner Klaviertrio: Gerhard Zank (Violoncello), Michael Arlt (Violine) und Donald Sulzen (Klavier)
Den Schwerpunkt der Matinee bildete das musikalisch als auch technisch wohl anspruchsvollste Werk dieses Genres, das Klaviertrio Nr. 3 in c-Moll Op. 101 von Johannes Brahms. Außerordentlich sind die kompositorische Konzentration und Verdichtung des thematischen Materials, mit welcher Brahms die vier Sätze innerhalb in nur etwa 20-minütiger Dauer miteinander gestaltet und verbindet. Die Interpretation des Münchener Klaviertrios geriet virtuos und vollendet; das kam sowohl in den energischen, mit temperamentvoller Intensität durchwirkten Ecksätzen, vor allem aber in dem kontrastreichen lyrisch-graziös erhellenden C-Dur-Andante in einer überwältigenden Interpretation zum Tragen. Bei aller so oft gepriesenen „Genauigkeit und einmaligen Homogenität des Ensembles“ (Fono Forum) muss an dieser Stelle die führende und mit sämtlichen künstlerisch-interpretativen Impulsen ausgestattete Persönlichkeit des Cellisten Gerhard Zank herausgehoben werden, der die ihm vor allem bei Brahms so wichtige Funktion der tragenden Bässe als Primus inter Pares nicht nur in überragender Manier erfüllt, sondern die gesamte schöpferisch-musikalische Substanz des Ensembles vom Cello aus gestaltet, mitprägt und zu stets neuen schöpferischen Höhenflügen motiviert.

Nach der Pause erklang dann eines der grandiosesten Werke der Klavier-Kammermusik-Literatur: das Klaviertrio op. 100 in Es-Dur von Franz Schubert. Dass dessen vier Sätze überdimensionale Ausmaße erreichten – allein der letzte Satz über 20 Minuten – ist wohl der stets sprudelnden genialen Ursprünglichkeit melodischer Einfälle Schuberts zuzuschreiben. So zeichnet sich gleich zu Beginn ein kraftvolles, in faszinierender Homogenität ausgeführtes Unisono ab, und im 16. Takt vom Cello, in einem klanglich ergreifend ausgeführten Vibrato-Gesang, der Keim für das völlig anders geartete, fast schmerzlich süße, sehnsüchtige zweite Thema übernommen wird. Im weiteren Verlauf singen sich im Bereich köstlicher Melodik fast selbstgenießerisch beide Streichinstrumente nach Herzenslust aus, während das Klavier das blühende Melos mit triolisch figurierten Harmonien umspielt. Beim Zuhörer entsteht unwillkürlich ein sich steigerndes Glücksgefühl, das sich in allen vier Sätzen parallel zu den drei Interpreten gegenseitig potenziert, künstlerisch ergänzt und schöpferisch vollendet. Gleichsam himmlisch räsonierten dann auch die letzten Akkorde dieses wunderbaren, in meisterhafter Perfektion interpretierten Trios, in diesem akustisch wohl einmaligen kirchlichen Ambiente. Begleitet von begeistertem, lang anhaltendem Applaus, bedankten sich die drei Interpreten mit einem stimmungsvollen dritten Satz aus Beethovens Trio op. 70 Nr. 2.

Peter Szaunig

Schlagwörter: Musik, Konzert, Klassik, München

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