22. Januar 2012

Lesung aus Christian Sighișoreans Büchern in Nürnberg

Zeitlos wird der Abend des 13. Januar für die Gäste im Haus der Heimat Nürnberg bei der Lesung aus Christian Sighișoreans Büchern „Rose & Gebrochen Deutsch“ und „VerLetztes“; umarmt und gefesselt werden sie von ungewöhnlichen Klängen, da Verena Nerz auf mittelalterlichen und asiatischen Instrumenten die Stimmungen, die ein junger Mann während seiner letzten Lebensjahre empfunden hat, zu Gehör bringt.
Die Vorsitzende des Kreisverbands Nürnberg, Inge Alzner, der die Lesung organisiert hatte, begrüßte das Publikum und stellte den Autor vor: Christian Sighișorean wurde 1968 in Hermannstadt geboren, ist in Neumarkt am Mieresch (Tg. Mureș) aufgewachsen und 1989 ausgesiedelt. Den ausgebildeten Bauingenieur charakterisiert eine besondere Liebe zur Sprache. Er ist 43-jährig im November 2011 an Amyotropher Lateralsklerose (ALS) gestorben. Sighișoreans Logopädin Verena Nerz erklärte kurz die tödliche Krankheit ALS und beschrieb, mit welch eisernem Willen der Autor sein letztes Buch geschrieben hatte, als er seinen PC nur noch mit den Augen bedienen konnte.
Verena Nerz und Ansgar Bausenhart bei der Lesung ...
Verena Nerz und Ansgar Bausenhart bei der Lesung im Haus der Heimat in Nürnberg. Foto: Doris Hutter
Pfarrer Ansgar Bausenhart, der Christian Sighișorean im Hospiz „Veronika“ in Eningen bis zu seinem Tode begleitet hat, las aus dessen Büchern. Verena Nerz umrahmte die Lesung sehr einfühlsam mit Musikstücken aus dem Mittelalter (u.a. Tischgebet eines Minnesängers), die sie ganz unterschiedlichen Instrumenten entlockte, wie z. B. Krumm- oder Ganzhörnern, Blockflöten und dem südamerikanischen Regenmacher. Damit konnte sie Stimmungen des Autors, von dessen Aufbegehren bis zum Akzeptieren seines frühen Todes, sehr farbig und tiefgehend darstellen. Pfarrer Bausenhart verstand es beim Lesen meisterhaft, die Trauer um Christian Sighișorean durch interessante und anspruchsvolle Texte auf die Ebene einer literarischen Auseinandersetzung mit verschiedenen Themen zu heben. Dies tat er durch sorgfältige Auswahl der Texte und durch ausdrucksstarken Vortrag, der aufkeimende Betroffenheit in Anteilnahme verwandelte, Heiterkeit im Raum versprühte und Anerkennung für die oft witzigen, pointierten und tiefgründigen Passagen und Ausdrucksformen bekundete. Zunächst las Bausenhart Texte, in denen sich der Autor mit seiner Krankheit auseinandersetzt, mit eigenen und den Fragen seiner beiden minderjährigen Töchter. Es folgten Texte zum Thema Liebe und danach Gedankensplitter, wie z.B. seine „Hospitzen“, in denen er mit wachen Sinnen seine Umgebung wahrgenommen und stechend spitz formuliert hat. Wer wird nicht schmunzeln bei der Aussage: „Das Hospiz unterbreitet mir laufend neue Last-Minute-Angebote.“ Und natürlich hat sich der Autor auch mit dem Tod beschäftigt. „Der letzte Schrei“ ist für ihn „ALS, die todschicke Krankheit!“ Pfarrer Bausenhart erkennt am letzten Buch „VerLetztes“, dass der Autor zum Ende seines Lebens hin immer reifer geworden ist. Und sagt anerkennend: „Er war ehrlich!“ Genau dieses Gefühl wird vielen, die Sighișoreans Texte gelesen oder gehört haben, in prägender Erinnerung bleiben. Denn der Autor thematisiert alles in seinem Leben, auch die fehlende Würde, die ihn in seiner auswegslosen Lage beschäftigt hat. Er öffnet sich, er ringt und kämpft, ohne wehleidig zu werden, bis zur letzten Minute. Bis seine „Wut rieselt“ und seine „Haut bröselt“…

Doris Hutter dankte zum Schluss den zahlreichen Gästen und allen Menschen, die Christian Sighișorean auf seinem letzten Lebensabschnitt begleitet und unterstützt haben, lud im Namen der Familie zu einem Imbiss und bat um eine Spende für das Hospiz, in dem Christian Sighișorean in Würde und liebevoll betreut sterben konnte.

Doris Hutter

Schlagwörter: Lesung, Musik, Nürnberg

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Neueste Kommentare

  • 22.01.2012, 17:03 Uhr von siebenschläfer: Bewegte Momente haben sich im Haus der Heimat abgespielt. Doris, danke für die gute ... [weiter]

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