16. Oktober 2011

Karin Bruder las in München

Am 4. Oktober, einem der letzten lauen Spätsommerabende dieses Jahres, las die in Kronstadt geborene Autorin Karin Bruder in der Geschäftsstelle des Verbandes der Siebenbürger Sachsen in München aus ihrem Jugendbuch „Zusammen allein“ – und vielleicht lag es ja am schönen Wetter, dass neben der Vortragenden und dem Bundeskulturreferenten Hans-Werner Schuster zu dieser ersten Kulturveranstaltung in den verbandseigenen Räumen in der Karlstraße lediglich 14 Zuhörer erschienen waren.
Hans-Werner Schuster stellte die 1960 als Karin Tittes geborene Schriftstellerin kurz vor und ließ dabei nicht unerwähnt, dass sich beider Wege in ihrer Jugendzeit schon einmal gekreuzt hatten. Besonders hob er die Nominierung von „Zusammen allein“ für den Deutschen Jugendliteraturpreis 2011 in der Sparte Jugendbuch hervor, der am 14. Oktober im Rahmen der Frankfurter Buchmesse verliehen wurde. Leider ging der Preis nicht an Karin Bruder, sondern an Wolfgang Herrndorf für seinen Jugendroman „Tschick“.

Karin Bruder erzählte, dass sie nach ihrer Lesung am 27. September bei der Siebenbürgisch-Sächsischen Kulturwoche in Berlin erst zum zwei­ten Mal bei Landsleuten zu Gast sei, und umriss ihre Ausreise aus Rumänien über Österreich nach Deutschland, die sie mit ihren Eltern im Alter von zehn Jahren angetreten hatte. Trotz dieser frühen Ausreise sei das Siebenbürgische in ihr „ganz tief drin“, so Bruder, und sie vergieße jedes Mal, wenn sie am Bahnhof in Kronstadt an­komme, Tränen der Rührung und der Freude.

Karin Bruder während ihrer Lesung in München. ...
Karin Bruder während ihrer Lesung in München. Foto: Gunter Roth
Bruder las drei Szenen aus ihrem 2010 erschienenen Buch „Zusammen allein“, das bereits 2007 – damals noch als Manuskript unter dem Titel „Servus“ – mit dem österreichischen Frau Ava Literaturpreis ausgezeichnet wurde. Sie verstand es, die Zuhörer in die Geschichte mitzunehmen und das Rumänien der 80er Jahre auferstehen zu lassen, gesehen durch die Augen einer siebenbürgischen Familie.

In der anschließenden Diskussion nach der Idee zum Thema des Buches gefragt, sagte Karin Bruder, am Anfang habe lediglich der Wunsch gestanden, ein junges Mädchen und eine ältere Frau aufeinandertreffen zu lassen sowie die Revolution in Rumänien literarisch zu verarbeiten und das Leben in einer Diktatur zu zeigen. „Der Prozess des Schaffens geht über viele Jahre“, so die Autorin; sie habe für „Zusammen allein“ viel recherchiert und gelesen sowie zahlreiche Reisen nach Siebenbürgen unternommen. Viele Zuhörer konnten sich mit dem Gehörten identifizieren und nickten während der Lesung immer wieder wissend und bekräftigend. Allerdings gab es auch Kritik, vor allem an der Figur der Großmutter, „Puscha, die Hure“ genannt, die eine ganz untypische und daher unrealistische siebenbürgische Oma sei – ebenso unrealistisch wie die im Buch beschriebene Ausreise der Eltern der Hauptfigur Agnes. Es sei so gut wie nie vorgekommen, dass ein Elternteil die Erlaubnis zu einer Reise (und damit die Möglichkeit zur Flucht) bekommen habe, während das andere sich bereits unerlaubt in den Westen abgesetzt habe. Karin Bruder gab zu, dass Puscha einen ungewöhnlichen Charakter habe und auch die von ihr beschriebene Flucht beider Elternteile so kurz nacheinander eher unwahrscheinlich sei, aber sie habe Agnes, „dem armen Kind“, eben „so einiges antun müssen“, damit das Ende des Buches versöhnlicher habe ausfallen können.

Besonders stolz ist die Autorin darauf, dass ihr Text Eingang in ein deutsches Lesebuch finden wird. Junge Leser, so Bruder auf eine Frage aus dem Publikum, fänden die Geschichte spannend, aber die historischen Hintergründe seien für die meisten fremd und daher schwer zu verstehen. Sie hoffe, dass einige Lehrer ihr Buch „Zusammen allein“, das auch als Schullektüre gelesen wird, zum Anlass nähmen, den Schülern die Geschichte Siebenbürgens und der Revolution in Rumänien näher zu bringen.

Ein Sektempfang, den die Kreisgruppe München anlässlich der ersten Kulturveranstaltung in den Räumen der Bundesgeschäftsstelle ausrichtete, beschloss den Abend und bot Gelegenheit, sich ein Buch signieren zu lassen und dies und das ganz privat mit Karin Bruder zu besprechen.

Doris Roth

Schlagwörter: Lesung, Jugendbuch, München, Revolution

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