4. März 2011

Erfolgreiches Wirken als Musiker: Nachruf auf Reinhold Schneider

Als ob er gespürt hätte, dass sein Lebensende nahe ist, schrieb Reinhold Schneider für das Jahrbuch 2010 einen umfassenden Rückblick auf sein langes, erfolgreiches Wirken als Musiker für die Gemeinschaft der Siebenbürger Sachsen und weit darüber hinaus. Er beendet den Beitrag mit dem Bekenntnis: „Abschließend kann ich mit gutem Gewissen behaupten, dass das Lutherwort: ‚eine der schönsten und herrlichsten Gaben Gottes ist die Musik’, mein Lebensbegleiter war und ist.“ Richtig: ein ständiger Begleiter, der das eigene und das Leben anderer in allen Höhen und Tiefen positiv beeinflusste.
Reinhold Schneider starb am 7. Februar 2011 2011 im 79. Lebensjahr im Klinikum Fürth. Am 14. Februar haben ihn viele Angehörige, Landsleute, Freunde auf seinem letzten Erdenweg auf dem Friedhof Fürth-Poppenreuth begleitet. Die tückische Krankheit hatte sich im Spätherbst 2010 gezeigt und ihn dahingerafft. Seine Ehegattin Anneliese (geb. Kraft aus Rosenau, Heirat 1957), seine beiden Töchter Sigrid und Marianne, seine nahen Verwandten und Freunde waren ihm auch während der schweren Krankheitstage nahe.

Am 24. Juli 1932 in Meschen bei Mediasch als ältestes von fünf Geschwistern geboren, musste Reinhold Schneider früh in der Landwirtschaft mithelfen, da sein Vater in Gefangenschaft war. Nach der Grundschule in Meschen, dem Gymnasium in Mediasch (bis 1948) und dem Lehrerseminar an der Bergschule in Schäßburg (1948-1952) war er als Lehrer in Scharosch tätig. Anschließend absolvierte er 40 Monate Militärdienst in Kronstadt, war von 1955 bis 1958 Lehrer und Rektor an der deutschen Schule in Brenndorf, um dann bis 1993 Lehrer und stellvertretender Direktor am Lyzeum und an der Allgemeinschule mit deutscher Abteilung in Rosenau zu wirken. Gleichzeitig war er 1962 auch Schulinspektor in Kronstadt, 1978-1984 Direktor des Kulturhauses Rosenau und gleichzeitig Parteisekretär für Erziehungsfragen sowie stellvertretender Bürgermeister. Am 15. August 1993 kam er als Aussiedler nach Deutschland und wohnte seither in Fürth.

Die Musik war Reinhold Schneider in die Wiege gelegt. Der Urgroßvater väterlicherseits war Dekan der damals in Craiova ansässigen militärischen Musikhochschule für Militärblasmusiker. Sein Vater war Rektorlehrer in der Gemeinde Meschen, Violin- und Zitherspieler, gleichzeitig Blasmusiker und prägte in den Jahren 1920-1952 das Musikleben dieser Gemeinde.

Reinhold Schneider (1932-2011) ...
Reinhold Schneider (1932-2011)
Als Primaner am Stephan-Ludwig-Roth-Gymnasium in Mediasch wurde Reinhold Schneider als S-Klarinettist ausgebildet, spielte in der Schulblaskapelle und später in vielen Formationen mit (beim Militärdienst, in verschiedenen Burzenländer Blaskapellen oder Ensembles, etwa in Rosenau, Zeiden, Heldsdorf, Petersberg, Neustadt – oft als Leiter). Dieses Holzblasinstrument, aber auch alle anderen Flötenarten sollten ihn von da an auf seinem Lebensweg begleiten. Ebenso spielte er zehn Jahre lang in der Siebenbürger Blaskapelle Nürnberg und unternahm als Reiseleiter etwa 60 Musikfahrten durch ganz Europa.

Reinhold Schneider schreibt: „Ende der 70er Jahre feierte die Rosenauer Blaskapelle ihr hundertjähriges Bestehen. Aus dem musikalischen Leben nicht wegzudenken war diese ­Formation der Stolz der Großgemeinde, Bezugspunkt in allen Lebenslagen. (...) Eine Besonderheit war die Arbeit mit Kindern und Jugendlichen, um für Nachwuchs zu sorgen. Unser Freund und Allround-Bläser Hans Reindt konnte dafür 35 Kinder und Jugendliche begeistern und diese innerhalb von 4-5 Jahren bühnenreif formen. (...) So gab es nun in Rosenau zwei Blaskapellen, welche letztendlich zu einer großen Stadtblaskapelle verschmolzen. Welche Ortschaft konnte sich noch rühmen eine 54-Mann-Kapelle zu haben? Zu den schönsten Ereignissen aus der Blasmusikzeit in Rosenau zählte unsere zwölftägige Tournee durch Ober- und Niederösterreich im Juni 1971. Es war die erste Auslandsreise einer deutschen Kulturformation aus Rumänien ins westliche, ,kapitalistische‘ Ausland. Der Kern der einst großen Rosenauer Kapelle bildete 1990 den Grundstock der heute noch existierenden Burzenländer Blaskapelle unter der Leitung des 2009 verstorbenem Professors Ernst Fleps.“

Reinhold Schneider war außerordentlich begeisterungsfähig für Menschen (Denker, Schriftsteller, die verschiedensten Zeitgenossen und Kinder!), er war neugierig – das Zeitgeschehen interessierte ihn bis zuletzt – und ein exzellenter Organisator („Kulturereignisse“, Reisen, Familienfeiern).

Reinhold Schneider, dieser fleißige, besonders zuverlässige aufrechte siebenbürgisch-sächsische Landsmann, hat sich zur großen siebenbürgisch-sächsischen Gemeinschaft leidenschaftlich hingezogen gefühlt, hat sich treu zu seiner siebenbürgischen Heimat ebenso wie zur siebenbürgisch-sächsischen Gemeinschaft in Deutschland bekannt. Er setzte auch ein deutliches Signum als Dirigent des Fürther Chors, der es zu großen Ehren gebracht hat. Die Singgemeinschaft zählt 55 Mitglieder und wurde 1994 von ihm ins Leben gerufen. Das überbordende Repertoire dieses Chores, die Einstellung auf vielfältige dem jeweiligen Anlass entsprechende Musikstücke trugen unverkennbar seine Handschrift. Seine erläuternden Begleitworte, seine klare, sichere Haltung als Dirigent, all das hat viele Menschen die letzten Jahrzehnte hindurch beeindruckt und begeistert. Er hat jahrelang aktiv Gemeinschaftsleben an vorderster Front mitgestaltet und war überall präsent: Im Domizil des Chores und der Fürther Nachbarschaft in der Benno-Meyer-Straße, bei den Aussiedlerkulturtagen, im Haus der Heimat in Nürnberg, beim Fest unter der Eiche, beim großen Sommerfest des Kreisverbandes, und so weiter. Wir bewundern die Kraft und die Ausdauer, die er dabei bewiesen hat. Zuletzt in der Reformations-Gedächtniskirche im Herbst beim siebenbürgisch-sächsischen Gottesdienst, den er trotz Einweisung ins Klinikum nicht ausfallen lassen wollte. Seine bewegenden Worte sind uns gegenwärtig.

Er hat uns mit seiner positiven Lebenseinstellung, seiner Hilfsbereitschaft, seinem Anstand und seiner Höflichkeit beeindruckt. Stets verbreitete er mit seinem gutmütigen Lächeln und seiner liebenswürdigen Art Freude und Optimismus.

Reinhold Schneider war all die Jahre hindurch ein vielgefragter Mensch, ein Faktotum unserer Gemeinschaft. Freunde aus dem Fürther Chor haben ihn auch während der letzten Wochen im Klinikum besucht und ihn nicht allein gelassen.

Unsere Gemeinschaft hat Reinhold Schneider vielfältig aufgefangen, und er hat es ihr bis zu seinem letzten Atemzug durch seine Treue gedankt. Reinhold Schneider schöpfte Kraft und Lebensmut aus seinem christlichen Glauben, aus seiner Familie und seiner siebenbürgischen Gemeinschaft. Dazu gehörte nicht nur die sächsische Gemeinschaft; sein Weitblick sagte ihm, dass es auch auf unsere rumänischen Nachfolger ankommt, wenn es zum Beispiel um das siebenbürgisch-sächsische Kulturerbe geht. Er war beispielhaft in seinem Wirken als Brückenbauer zwischen den siebenbürgischen Nationalitäten. Wir werden Reinhold Schneider vermissen.

Inge Alzner, Horst Göbbel

Schlagwörter: Musiker, Nachruf, Chor, Fürth

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