30. September 2010

Farbige Vielfalt der Kulturen

Auch in diesem Jahr fand in München, parallel zum traditionellen Oktoberfest, das internationale Kulturfestival AnderArt statt, an dem, wie im Titel des Festivals beschrieben, „Kunst, Literatur, Musik, Aktion & Information“ geboten wurde. So bewegten sich die Veranstaltungen in einem weitgespannten Raum: Von der Villa Waldberta, dem Künstlerhaus der bayerischen Landeshauptstadt am Starnberger See, bis hin zum Odeonsplatz und der Theatinerkirche, dem bekannten barocken Gotteshaus im Herzen Münchens.
Im sogenannten temporären Künstlerbiotop „Puerto Giesing“ wurde zeitgenössische Kunst im interkulturellen Kontext präsentiert. Eine andere Ausstellung zeigte unter dem Titel „Divine Connections“ Arbeiten von Künstlern, die mit ihren persönlichen Perspektiven zu verschiedenen Religionen und deren Symbolen, Ritualen und Figuren neue Ausdrucksformen suchen.

Nach einem interkulturellen Vorlesen für Kinder mit und ohne Migrationshintergrund, das am Nachmittag in der Theatinerkirche begann und Geschichten aus aller Welt zum Gehör brachte, fand zum Ausklang des musikalisch-künstlerischen Programms eine literarische Lesung statt, die Siebenbürgen und seinen dort lebenden Völkern gewidmet war. Wie auch in vergangenen Jahren hatte Pater Dr. Klaus Obermeier diese Kirche, nun bereits zum vierten Mal, für das Kulturfest geöffnet – ein großzügiges Zeichen christlicher Toleranz und Verständigung.

Der aus Kronstadt stammende Ethnologe und Schriftsteller Dr. Claus Stephani wurde seitens des Kulturreferats von Tina Meß vorgestellt, wobei die Veranstalterin auch auf die vielseitige publizistische Tätigkeit des Gastes und seine zahlreichen Bücher sowohl in Deutschland als auch in anderen Ländern hinwies.

Danach las Stephani Auszüge aus seinem Roman „Blumenkind“ vor. Er bezog sich dabei sowohl auf die multiethnischen Landschaften Siebenbürgen, Bukowina und Maramuresch als auch auf Ursachen und schicksalhafte Folgen des Zweiten Weltkriegs, die schließlich zu Flucht und Vertreibung führten. Eine multikulturell gewachsene Welt am Rande der Karpaten sei dadurch in die Brüche und endgültig verloren gegangen.

Eingeleitet und begleitet wurde die Lesung, die bei stimmungsvollem Kerzenlicht in der verdunkelten Kirche stattfand, von zwei bekannten osteuropäischen Einwanderern, den Klesmermusikern Leonid Chenkin (Klarinette) aus Tomsk/Sibirien und Michail Winizki (Bajan, russische Knopfharmonika) aus Kiew. So gab es zur schicksalhaften Geschichte des „Blumenkinds“ eine klangliche Umrahmung von großer Wirkung. Es war das erste Mal, dass man in diesem ehrwürdigen Gotteshaus, mit seiner wunderbaren Akustik, rumänische und ostjüdische Melodien hören konnte.

Der aus Siebenbürgen stammende Claus Stephani schloss in seine Lesung, als „Zeichen der Verbundenheit, wie es sie wieder geben sollte“, alle Völker seiner früheren Heimat ein. Die ostjüdischen Musikanten spannten durch ihr virtuoses Spiel den Bogen der „Klänge und Worte“ bis nach Tomsk im fernen Sibirien. Dafür spendete das zahlreiche Publikum begeisterten Applaus.

Oberbürgermeister Christian Ude hatte bei der Eröffnung der Festlichkeiten am Vortag darauf hingewiesen, dass sich AnderArt, als „multikulturelle Großveranstaltung (...) im Sinne einer Begegnung auf Augenhöhe“ versteht. Damit soll der Welt bewiesen werden: „Nur gemeinsam sind wir München!“ Denn diese lebhafte „Stadt mit Herz an der Isar“ wird schon seit Jahren von „einer farbigen Vielfalt der Kulturen“ geprägt.

Angela Popa

Schlagwörter: München, Lesung

Bewerten:

5 Bewertungen: ++

Noch keine Kommmentare zum Artikel.

Zum Kommentieren loggen Sie sich bitte in dem LogIn-Feld oben ein oder registrieren Sie sich. Die Kommentarfunktion ist nur für registrierte Premiumbenutzer (Verbandsmitglieder) freigeschaltet.