30. Oktober 2009
Lebensnahe Köstlichkeiten. Kurt H. Binder las in Nürnberg
Wenn einer seine siebenbürgischen Stiefel auszieht, könnte er manchmal den Wunsch nach Siebenmeilenstiefeln verspüren, dann nämlich, wenn ihn ein Stau auf der A6 von seiner geplanten Lesung in Herzogenaurach abhält. Am gleichen Abend des 25. September kam Kurt Binder untröstlich ob des Staus, jedoch pünktlich im Haus der Heimat Nürnberg an, um mit seinen Büchern u. a. zu erklären, dass er Wesentliches in der Welt mit Hermannstädter Augen sieht, dabei die Lebenswirklichkeit in Deutschland beschreibt, wo viele Sachsen einerseits so gut integriert sind, dass sie schon in vieler Hinsicht gar nicht mehr auffallen, andererseits ihre mitgebrachte Unverwechselbarkeit, z. B. Improvisationsgeschick und Durchhaltevermögen, nicht ablegen.
Wie soll man sie also packen, die Sachsen? Kurt Binder hat einen Weg gefunden – und der wurzelt freilich in Hermannstadt. Humor, Selbstironie und Satire querbeet durch Geographie, Geschichte und Gefühle, köstliche Wortspiele sowie viele treffende Pointen führten beim interessiert zuhörenden Publikum zu überraschtem oder ahnendem Lachen, zu guter Stimmung und Leichtigkeit. Damit wurde der Autor dann selbst gepackt: Er schwelgte in schrägen Wortkonstruktionen, reimte tierisch frei nach Mr. Lim Erick, grübelte in Ehen, lechzte nach Reimen für Typen und Tipps – und zog allmählich seine siebenbürgischen Stiefel wieder an: Sie halten so gut warm, die schrägen Wortverkrüppelungen aus unserer Heimat. Angerührt von Pitz und Tummes versank das Publikum wörtlich in einem spitzbübischen Erinnern an die eigene Jugend mit „Pingetzen“, die einen „fentierten“ oder „kapschullig“ machten.
Organisiert hatte die Lesung Melitta Zakel mit ihrer berufstätigen Frauengruppe. Neben einem Glas Sekt gab es wieder kulinarische Köstlichkeiten, diesmal von Hildegard Balthes, zu naschen. Günther Gross, ebenfalls aus Nürnberg-Katzwang, umrahmte die Lesung mit Gesangseinlagen. Es waren Schlager, die er mit Gitarrenbegleitung so überzeugend präsentierte, dass seine Fans noch lange nach Binders Abschied seinem Gesang lauschten.
Doris Hutter
Schlagwörter: Lesung, Nürnberg, Mundart
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