29. Oktober 2019

Kreisgruppe Köln in Münster

Die diesjährige Tagesfahrt der Kreisgruppe Köln führte tief nach Westfalen. Auf dem Programm standen eine Stadtbesichtigung in Münster und eine Führung durch das „Heimatmuseum“ der Westpreußen in Warendorf.
Gut 40 Teilnehmer fanden sich zur frühen Morgenstunde ein, um im modernen Reisebus einer Firma aus Bergisch Gladbach die Fahrt nach Westfalen anzutreten. Man war erwartungsfroh und genoss es sichtlich, die vertraute siebenbürgisch-sächsische Sprache durch den Bus schallen zu hören. Die erste Station der Reise war die Stadt Münster in Westfalen, den meisten als große Universitätsstadt sowie – zusammen mit Osnabrück – als Stätten des Westfälischen Friedens von 1648 bekannt. Die Gruppe wurde, da für einen Stadtführer allein zu groß, auf zwei Stadtführer aufgeteilt und erst am Ende des Rundgangs im historischen Rathaus wieder zusammengeführt. Das Rathaus ist ein gotischer Bau aus der Mitte des 14. Jahrhunderts, der mit seinem hohen Giebel in ganz Deutschland wohl seinesgleichen sucht. Als „Stätte des Westfälischen Friedens“ wurde das Rathaus am 15. April 2015 mit dem Europäischen Kulturerbe-Siegel ausgezeichnet. Die größte Attraktion des Rathauses ist der Friedenssaal, der 1648 Schauplatz des Spanisch-Niederländischen Friedensschlusses war. Als „Westfälischer Friede“ wurde die Gesamtheit der zwischen dem 15. Mai und 24. Oktober 1648 in Münster und Osnabrück geschlossenen Friedensverträge bezeichnet. Diese beendeten den Dreißigjährigen Krieg in Deutschland und zugleich den Achtzigjährigen Unabhängigkeitskrieg der Niederlande.
Kölner Reisegruppe vor dem Friedenssaal des ...
Kölner Reisegruppe vor dem Friedenssaal des Rathauses zu Münster. Foto: privat
Der Rundgang durch die Altstadt Münsters war sehr informativ. Münster ist berühmt für seine Dichte an Fahrrädern und an Kirchen. Neu und besonders interessant waren die Informationen zu den Wiedertäufern, eine Bewegung, die von der katholischen Kirche niedergeworfen wurde. Ihre Anführer wurden hingerichtet und die Leichen in Käfigen an der höchsten Kirchturmspitze ausgestellt. Die Käfige konnten die Teilnehmer hoch oben an der Lambertikirche sehen. Der Gruselfaktor beim Blick nach oben war recht hoch. Umso wohliger dann die Stimmung bei der Einkehr zum Mittagstisch. Die Gaststätte Töddenhoek präsentierte sich mit westfälischer Atmosphäre im urigen Charakter und konnte mit freundlichem Service und Professionalität punkten.

Mit dem Bus ging die Reise weiter zum Westpreußischen Landesmuseum im westfälischen Warendorf. Dieses befindet sich, nachdem es vor fünf Jahren aus Münster umziehen musste, nunmehr in einem alten Franziskanerkloster mit angeschlossener Kapelle. Am Eingang erwartete uns bereits Klaus Artmann, der uns durch die Ausstellungen führen würde. Er stellte sich der Gruppe als ehemaliger, langjähriger Stadtrat in Warendorf vor und ließ sich zu Beginn gleich über die Siebenbürger Sachsen informieren. Herr Artmann stellte gleich bei der Einführung auch klar, dass Völkerverständigung in einer Zeit wie heute zu seinen Grundüberzeugungen gehöre. Dieser Einstellung mag man – wenn man um den Hinweis ergänzen darf, dass Völkerverständigung keine Einbahnstraße sein kann (...) – sicherlich folgen. Beim Rundgang durch die Ausstellungsräume erfuhr man viel Historisches über die Hanse sowie über die geschichtlichen Verknüpfungen von Westpreußen mit Westfalen. Das Museum präsentiert sich durchaus ansprechend, ein museumspädagogisches Konzept ist erkennbar, die Exponate sind interessant, die Schautafeln informativ. Artmann wusste viel zu erzählen; die bewegte administrativ-politische Geschichte Westpreußens mit den zahllosen Grenzverschiebungen und hoheitlichen Ansprüchen verschiedener Staaten gehört sicherlich zu seinen Stärken. Wenig bis gar nichts erfuhr man über die tatsächlichen Lebensumstände der Westpreußen, über ihre gesellschaftlichen Strukturen oder schlicht über „das Leben der Westpreußen“. Sicherlich wären Bräuche und Traditionen bei der Führung stärker betont worden, wenn Herrn Artmann die Volksgruppe der Siebenbürger Sachsen und ihre tiefe Verwurzelung in Tradition und Brauchtum bekannt gewesen wären.

Artmann führte anschließend aus, dass die Westpreußen nach dem Krieg von den Polen ausgesiedelt worden sind, weil Polen Platz benötigt habe für die aus den nunmehr zur Sowjetunion gehörenden Gebieten kommenden Menschen polnischer Nationalität. Diese Erklärungen verblüfften und irritierten, waren doch die meisten Teilnehmer der Reisegruppe bisher davon ausgegangen, dass die Westpreußen geflohen und unter Bedrohung des leiblichen Wohls und des Lebens vertrieben worden waren. Selbst auf Nachfrage beharrte Herr Artmann auf dem Begriff „Aussiedlung“ und wies die aus der Gruppe angebotenen Begriffe „Flucht“ und „Vertreibung“ zurück. Von den grausamen Zwangsverschleppungen, den Aushebungen, dem Überrollen der Zivilbevölkerung durch die Russen, den Festnahmen zur Zwangsdeportation, den Ermordungen, Vergewaltigungen und Erniedrigungen durch die russische Siegermacht und die polnische Bevölkerung kein einziges Wort. Dafür erfuhr die Gruppe, wo die Deutschen in Westpreußen an den Polen „gewütet“ hätten, illustriert durch eine Aufzählung all jener Orte, wo es Massaker gab. Als auch der Ortsname Bromberg fiel, wurde man schließlich stutzig: Waren am „Bromberger Blutsonntag“ 1939 nicht um die 1000 Volkdeutsche von Polen massakriert worden? Auf Nachfrage dann die Bestätigung: Ja, da seien Deutsche umgebracht worden.

Nach diesem interessanten Besuch im Westpreußischen Landesmuseum war man sich in kleinem Kreis dann zwar einig, dass man dieses Museum so schnell nicht wieder besuchen und auch jedem an historischen Fakten Interessierten von einem Besuch abraten würde, da aber zwangsläufig vermutet werden musste, dass die Finanzierung des Museums von polnischer Seite aus sichergestellt wird, beließ man es dabei, dass man bei Gelegenheit einmal die nordrhein-westfälische Landesregierung um Auskunft bittet, ob die Vermutung so richtig sei. Denn anders konnte man sich nicht erklären, warum bei dieser Führung durch das Westpreußische Landesmuseum das Hohelied auf Polen gesungen wurde.

Im Namen aller Teilnehmer der diesjährigen Tagesfahrt sei der Kreisgruppenvorsitzenden Hanna Jung-Boldan gedankt, die sich um Organisation und reibungslosen Ablauf gekümmert hat. Mit ihrer ruhigen Art hatte sie stets alles im Griff.

Roland Zillmann

Schlagwörter: Kreisgruppe, Köln, Ausflug, Münster, Westpreußen, Museum, Geschichte, Zweiter Weltkrieg

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