10. April 2019

Soziale Gerechtigkeit für Spätaussiedler - Multiplikatoren-Konferenz mit Dr. Bernd Fabritius in Waldkraiburg

Zu einer Multiplikatoren-Konferenz der Landsmannschaft der Banater Schwaben, der Landsmannschaft der Russlanddeutschen und des Verbandes der Siebenbürger Sachsen in Deutschland am 31. März im Haus der Vereine in Waldkraiburg hatte die Bundesvorsitzende des Verbandes der Siebenbürger Sachsen in Deutschland, Herta Daniel, eingeladen.
Der Kreisgruppenvorsitzende von Waldkraiburg, Kurt Zikeli, begrüßte unter den mehr als 100 Gästen die Bundesvorsitzenden der Landsmannschaft der Banater Schwaben Peter Leber, der Landsmannschaft der Russlanddeutschen Dr. Johann Thießen, den Beauftragten der Bundesregierung für Aussiedlerfragen und nationale Minderheiten und Präsidenten des Bundes der Vertriebenen Dr. Bernd Fabritius, seitens der Stadt Waldkraiburg die Stadträte Georg Ledig, gleichzeitig Vorsitzender der Banater Schwaben und Kreisvorsitzender vom Bund der Vertriebenen, Charlotte Konrad, Familien- und Jugendreferentin, Alexander und Anneliese Will, seitens der Sudetendeutschen Landsmannschaft Urd Rothe sowie den Ehrenvorsitzenden der Kreisgruppe Waldkraiburg, Mathias Möss. Zikeli bat anschließend Dr. Bernd Fabritius ans Rednerpult, um über das Thema „Altersarmut bekämpfen - Soziale Gerechtigkeit für Aussiedler und Spätaussiedler" zu referieren.

Fabritius bedankte sich bei der Bundesvorsitzenden Herta Daniel für die Initiative zu dieser Veranstaltung und lobte die gute Zusammenarbeit mit den anderen Landsmannschaften. Er danke auch der Vertreterin der Sudetendeutschen Landsmannschaft für ihre Anwesenheit, obwohl Sudetendeutsche und andere klassische Vertriebene von der Problematik der Rentenkürzung nicht betroffen seien, und wertete dies als Zeichen eines landsmannschaftsübergreifenden Zusammenhalts. Anhand des Bergriffes Heimat versuchte der Redner die Entstehung dieses Fremdrentengesetzes aus der Zeit Bismarcks herzuleiten. Man war damals nämlich der Meinung, dass man vom Generationenprinzip her ein Solidarsystem schaffen müsste, in das junge Menschen einzahlen sollten, damit die Rentnergeneration nach dem Arbeitsleben, in Rente also, über ein Einkommen verfügen konnten. Spätaussiedler seien ein Gewinn für die Rentenkassen, weil sie demografisch gesehen sehr gut zu deren Sicherung beitragen würden. Laut Statistik waren bei Aufnahme im Bundesgebiet 32,3 Prozent der Aussiedler jünger als 18 Jahre, 44,9 Prozent zwischen 18 und 45 Jahren, also im richtigen Arbeitsalter, 15,9 Prozent zwischen 45 und 65 Jahren und nur 6,8 Prozent über 65 Jahre alt. Das heißt, dass die Spätaussiedler eine eigene Rentenkasse richtig füllen würden und sie folglich eine auskömmliche Rente beziehen könnten. Leider ist das nicht der Fall.
Bild oben links (von links): ...
Bild oben links (von links): Kreisgruppenvorsitzender Kurt Zikeli, Stadtrat Georg Ledig, Bundesvorsitzender der Banater Schwaben Peter-Dietmar Leber, Bundesaussiedlerbeauftragter Dr. Bernd Fabritius, Valentina Wudtke, Stellvertretende Vorsitzende der Russlanddeutschen Regensburg, und Bundesvorsitzender der Russlanddeutschen Dr. Johann Thießen. Collage von Heinz Fray
Weiterhin erläuterte Fabritius anhand des Schicksales seines Opas den Begriff Kriegsfolgelast: „Mein Opa wurde 1945 nach Kriwoi Rog als Kriegsreparation verschleppt, weil er Deutscher war. Durch seine folgende Vertreibung hat er nicht nur seine siebenbürgische Heimat, sondern auch seine dort auf von ihm gezahlten Beiträgen begründete Alterssicherung verloren - eine Ohrfeige also, wenn man sagt, die Aussiedler verdienen keine Rente, weil sie keine Beiträge gezahlt hätten! Ist es da ein Wunder, wenn Unrechtsempfinden aufkommt?“, so der Hauptredner bei dieser Podiumsdiskussion. Fabritius weiter: „Ich setze mich deshalb stark für die Beseitigung der personenkreisspezifischen Benachteiligungen der fast fünf Millionen Aussiedler und Spätaussiedler ein.“

Ende der 1990er Jahre setzte ein Populismus gegen die Spätaussiedler ein, der seinesgleichen sucht. Ab 1993 begannen Rentenkürzungen für Spätaussiedler. Die Begründung: Aussiedler würden eine höhere Rente bekommen als Hiesige - das dürfe auf keinen Fall sein. Doch keiner spricht davon, dass es sich dabei um eine große Falschaussage handelte bzw. dass es sich um einen schlechten Vergleich handeln würde. Den Gipfel der Unverschämtheit erreichte diesbezüglich Oskar Lafontaine mit seiner hetzenden Behauptung gegen „sogenannte Deutsche aus Kasachstan“. Im Fremdrentengesetz seien daraufhin sich summierende Kürzungen eingeführt worden, nämlich ein Abschlag von 40 Prozent, selbst für Kindererziehungszeiten, und zusätzlich eine Begrenzung auf 25 Entgeltpunkte für Einzelpersonen bzw. auf 40 Entgeltpunkte bei einem Ehepaar. Ein Spätaussiedler-Ehepaar muss also quasi mit einer statt mit zwei Renten auskommen, ganz egal wie lange und was sie gearbeitet haben.

Seit vielen Jahren ist man bemüht, die Benachteiligungen wieder zu begradigen. Zu 100 Prozent wird es nicht gelingen, aber zumindest teilweise. Zum Schluss sprach Fabritius über die Resolution der Landsmannschaften, mit Hilfe derer so viele Unterschriften wie möglich gesammelt werden, um auf das Unrecht hinzuweisen. Er gratulierte den Landsmannschaften für diese Aktion und sagte weiterhin beherzte Unterstützung zu. Man will ja nicht mehr, aber Gerechtigkeit! Dr. Fabritius stellte sich im Anschluss den Fragen des Publikums, das ihm fast zwei Stunden interessiert zugehört hatte.

Herbert Liess

Schlagwörter: Waldkraiburg, Multiplikatoren, Konferenz, Fremdrente, FRG, Aussiedler, Spätaussiedler, Aussiedlerbeauftragter, Bundesre, Bernd Fabritius, Landsmannschaft, Banater Schwaben, Russlanddeutsche, Herta Daniel

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