24. März 2019

Theaterabend in Bonn

Der siebenbürgische Redakteur Dr. Arnold Weingärtner, einer der Gründer der Landesgruppe Nordrhein-Westfalen, verfasste 1980 in Bonn den Einakter „Faust auf dem Dorf“. Er nahm damit an dem Wettbewerb „Schwänke aus Ostdeutschen Landschaften“ der Stiftung des Ostdeutschen Kulturrates teil, der diesen Beitrag als „aufführungswürdig“ einstufte. Ein Jahr später übersetzte Eduard Dürr (Drabenderhöhe) das Stück in sächsische Mundart. Kann man wirklich zum 250. Geburtstag Goethes den „Faust“ auf einer siebenbürgischen Dorfbühne aufführen?
Beantwortet wurde diese Frage von der Theatergruppe des Honterus-Chors Drabenderhöhe. Unsere Landsleute brachten diese Komödie am 23. Februar im Gemeindesaal der Luther-Kirche in Bonn vor etwa 50 Zuschauern zur Aufführung. Das Publikum dankte ihnen mit viel Applaus.

Der stellvertretende Vorsitzende unserer Kreisgruppe, Johannes Melchior, eröffnete den Theaterabend mit Dankesworten an das Ensemble und die Organisatoren vor Ort. Dann stellte die Regisseurin der Gruppe, Gerda Gusbeth, die Schauspieler vor und wies darauf hin, dass jeder in seinem Heimatdialekt sprechen werde. Diese stimmten das Publikum mit kurzen Sätzen gleich darauf ein. Dann öffnete sich der Vorhang und gab den Blick auf die kleine Bühne frei, auf die die „Bühnenbildner“ (die Schauspieler hatten selbst Hand angelegt) mit relativ einfachen Mitteln und Einfallsreichtum eine siebenbürgische Bauernstube gezaubert hatten. So war, zusammen mit den gelungenen Kostümen, die typische Atmosphäre geschaffen.
Der „Faust“ wird nor en klien wenich (bitzken) ...
Der „Faust“ wird nor en klien wenich (bitzken) verbessert. Foto: p.z.
Das Stück bedient sämtliche Klischees über die Mentalität der ländlichen siebenbürgischen Bevölkerung. Aber das geschieht mit so viel Humor und so liebevoll, dass es wirklich niemandem wehtut. Dorflehrer Roth sitzt mit den Akteuren seiner Theatergruppe in der guten Stube um den Tisch und eröffnet ihnen, mal keinen Bauernschwank aufführen zu wollen, sondern zum 250. Geburtstag Goethes den „Faust“ auf die Bühne zu bringen. Damit trifft er aber auf wenig Gegenliebe, denn man hat jede Menge Skrupel und dementsprechend viele Einwände. Wieso Faust und Gretchen, wer heißt schon Faust, im ganzen Dorf gibt es keinen solchen Namen … Wie heißt doch dieser Goethe gleich … Johann? Dann solle man das Stück lieber „Hans und Gretchen“ nennen, dann kommen die Leute auch eher. Und dann sollen Hexen auf der Bühne erscheinen und sogar der Teufel? Was wird denn der „Herr Vuëter“ dazu sagen und erst der Herr Bischof aus der Stadt! Wie – ich soll die Frau Marthe spielen, eine Kupplerin? Was sagen dann die Nachbarn? Alle werden sie im Dorf mit dem Finger auf mich zeigen! Das muss geändert werden, ich spiel meinethalben eine Schwiegermutter, aber nicht eine Kupplerin. Und ich soll das Gretchen sein und in Zaddern angetan im Gefängnis sitzen? Wer nimmt mich dann noch, ich will doch auch einmal heiraten! Auch das muss geändert werden! Überhaupt, aus dem Deïwel machen wir einen Zigunen, das ist dann lustiger und die Leute haben was zu lachen. Und statt dem schwarzen Pudel, so einen finden wir eh im ganzen Dorf nicht, holen wir den Burcuș von den Schafen, der ist zwar nicht schwarz, aber scharf, und darum tun wir ihm einen Maulkorb an. Auch das müssen wir ändern! Und an welcher Stelle singen wir „Siebenbürgen“? Ja, dafür kann ich meine schöne neue Tracht anziehen! Wir müssen das alles nor en klien wenich (bitzken) ändern! Als der Tischler fragt, wie er das neue Bühnenbild gestalten solle, antwortet ihm Lehrer Roth resigniert, dass die Kulissen vom vorigen Stück aus dem letzten Jahr wohl genügen würden.

Die Rollen wirkten alle überzeugend und die Zuschauer wurden von der Spielfreude der handelnden Personen mitgerissen. Die sprachlichen und verhaltensbedingten Purzelbäume sorgten immer wieder für Lachanfälle und Szenenapplaus. Anschließend saßen wir mit den Akteuren bei Fettbroten, Kuchen und Wein beisammen und freuten uns über die beschwingte Atmosphäre. Wir danken den Freunden aus Drabenderhöhe für diesen sehr unterhaltsamen Abend.

p.z.

Schlagwörter: Bonn, Kreisgruppe, Theater, Mundart, Drabenderhöhe, Honterus-Chor

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