31. Januar 2020

Interview mit dem neuen SJD-Bundesjugendleiter Fabian Kloos

Fabian Kloos wurde am 5. April 1993 in Landshut geboren. Gleich nach seinem Abitur 2011 am Hans-Leinberger-Gymnasium in Landshut flog er zum siebenbürgischen Föderationsjugendlager nach Kanada. Es war sein erster bewusster Kontakt mit der Siebenbürgisch-Sächsischen Jugend in Deutschland (SJD) – eine prägende Erfahrung. Sein Informatikstudium an der TU München schloss er mit dem Bachelor und dann mit dem Master of Science in Informatik ab. Seit einem Jahr arbeitet er als IT-Berater bei der Cluster Reply in München. Mit 7 Jahren hat er angefangen, Gitarre zu spielen, ein Instrument, das er auch heute leidenschaftlich gerne einsetzt, um die siebenbürgische Gemeinschaft und Kultur zu pflegen. Ehrenamtlich engagierte er sich schon im Gymnasium als Mediator, um Mitschülern bei Streitigkeiten und Konflikten zu helfen. Beim Jungsachsentag am 26. Oktober 2019 in Wiehl wurde er nun zum SJD-Bundesjugendleiter gewählt. Hundert Tage danach zieht er im folgenden Interview mit Siegbert Bruss eine erste Bilanz und gibt Auskunft über die Vorhaben des jungen Führungsteams.
Du gehörst zur „Knackpunktgeneration“, zu jenen Siebenbürger Sachsen, die nicht mehr in Siebenbürgen geboren sind. Welche Rolle haben deine Eltern und Freunde dabei gespielt, dass du dich nun als Bundesjugendleiter an der Spitze der SJD engagierst?

Richtig, ich und viele junge Siebenbürger Sachsen sind nicht mehr in Siebenbürgen geboren. Wenn wir von der „Heimat“ sprechen, reden wir nicht von unserem Geburtsort, sondern von dem unserer Vorfahren. Trotzdem sind uns unsere Wurzeln nicht fremd, sie sind uns sogar sehr wichtig, da sie uns von Kindesbeinen an geprägt haben.

Seit ich denken kann, war ich in den siebenbürgischen Tanzgruppen in Landshut aktiv, erst in der Kindertanzgruppe und seit ich 14 bin in der Jugendtanzgruppe. Dabei bin ich immer mehr mit siebenbürgisch-sächsischen Jugendlichen in Kontakt gekommen, etwa bei der Skifreizeit der SJD Bayern in Großholzhausen, auf dem Zeltplatz des Heimattages in Dinkelsbühl, beim Volkstanzwettbewerb und vielen weiteren Bällen. 2016 habe ich mich entschlossen, mehr Verantwortung für die Freizeitgestaltung der Jugendlichen zu übernehmen und bin Beisitzer in der SJD-Bundesjugendleitung geworden. 2019 folgte die nächste Herausforderung und ich übernahm die Leitung der SJD.

Durch meine Eltern – mein Vater war 20 Jahre lang Kreisgruppenvorsitzender in Landshut und meine Mutter leitete die Kindertanzgruppe – war ich bei den kulturellen Veranstaltungen, zum Beispiel dem Kronenfest, von Aufbau bis Abbau dabei. So habe ich gelernt, dass man Freizeit investieren muss, um Veranstaltungen zu organisieren. Um unsere Kultur zu wahren. Das funktioniert nur, wenn jeder Einzelne mehr tut, als er muss. Das alles lohnt sich jedoch, wenn man die glücklichen Gesichter der Menschen sieht, die man dadurch zusammengebracht hat. Eine Gemeinschaft kann nicht bestehen bleiben, wenn jeder die Hände in den Schoß legt und zusieht, sondern nur wenn jeder Einzelne seinen aktiven Beitrag dazu leistet. Wenn man diesen Aufwand gemeinsam mit guten Freunden betreibt, macht das Ganze noch mehr Spaß.

Auch im Freundeskreis hat sich das gezeigt: Wenn man etwas Spannendes erleben möchte, muss man sich darum kümmern und es organisieren. Gemeinsame Erlebnisse, vor allem gemeinsam anstrengende Situation meistern, schweißt uns zusammen. Diese Freundschaften sind wichtig und geben auch Kraft in schweren Zeiten. Meine Freunde und meine Eltern haben mich in meinem Leben immer unterstützt und nun möchte ich etwas zurückgeben, indem ich meinen aktiven Beitrag dazu leiste, unsere siebenbürgisch-sächsische Gemeinschaft und Wurzeln zu festigen, sodass sie uns noch lange erhalten bleiben mögen.
Fabian Kloos ...
Fabian Kloos
Beim Jungsachsentag in Wiehl hat ein Generationswechsel stattgefunden. Die Hälfte der Bundesjugendleitung wurde neu in ihr Amt gewählt. Wie ist die Arbeit in dem jungen Team angelaufen?

Es freut mich sehr, dass so viele junge und neue Gesichter in den Vorstand gekommen sind. Sie bringen neue Ideen, Ansichten und Herangehensweisen mit, wodurch die alten Strukturen etwas aufgerüttelt und neue Ansätze ausprobiert werden können. Wir sind flott und zielstrebig in die neue Amtsperiode gestartet. Bereits Mitte Dezember hatten wir unsere konstituierende Sitzung und Ende Januar treffen wir uns zur ersten Sitzung in 2020. Alle sind fleißig bei der Sache und ich denke, wir sind auf einem guten Weg.

Welches sind die größten Herausforderungen, die die SJD-Bundesjugendleitung zu bewältigen hat?

Die drei größten Herausforderungen sind aus meiner Sicht die Organisation der SJD, die Kommunikation zwischen den Vorständen und den Mitgliedern im digitalen Zeitalter sowie das Schaffen von Mehrwert für unsere SJD-Mitglieder.

Zunächst müssen wir uns als neuer Vorstand in unsere Rolle einfinden und die Abläufe lernen. Danach werden wir diese strukturieren und optimieren und sie zu Automatismen werden lassen, um uns mehr Zeit für neue Projekte und den Dialog mit unseren Mitgliedern zu schaffen.

Kommunikation untereinander ist meiner Meinung nach in den letzten Jahren etwas zu kurz gekommen, auch wenn sie sich stetig verbessert hat. Dank der Technik liegen uns so viele Möglichkeiten zu Füßen, die wir nun besser ausschöpfen wollen. SJD-Mitglieder sollen mehr Einblick in die Arbeit ihrer Vorstände haben und wir sind auf ihr Feedback angewiesen. Nur so können wir ein „konstruktives Miteinander“ sicherstellen. Unser Podcast „SJDeepTalk“ ist ein erster Schritt in diese Richtung.

Ich möchte SJD-Mitgliedern für ihre Unterstützung einen ersichtlichen Mehrwert bieten. Aufmerksamen Beobachtern ist vielleicht schon etwas aufgefallen. Wichtig ist für mich, ihnen eine Umgebung zu schaffen, in der sie gerne zusammenkommen. Dafür organisiert die SJD bereits viele kulturelle Anlässe, welche wir ausbauen und durch Freizeitaktivitäten erweitern wollen. Welche das genau sind? Lasst euch überraschen!

In der Siebenbürgischen Zeitung vom 15. Dezember 2019, Seite 14, schreibst du, dass es die Aufgabe der "Knackpunktgeneration" sei, „unsere Tradition mit dem digitalen Zeitalter zu verknüpfen und für die kommenden Generationen zu wahren“. Wie soll das konkret geschehen?

Zuallererst müssen wir hier in der Verwaltung anpacken. Ich denke, nicht nur Prozesse innerhalb der SJD, sondern auch in der Geschäftsstelle lassen sich mit Hilfe von neuen Programmen und Geräten vereinfachen und beschleunigen. Das spart nicht nur Zeit, sondern auch Geld. Zusammen mit unserem ehemaligen Bundesjugendleiter Dr. Andreas Roth haben wir zum Beispiel Google Drive als Dateiablage eingeführt. Das hat den E- Mail-Verkehr drastisch reduziert, da nun jeder Zugang zu Vorlagen, Protokollen und sonstigen wichtigen Dateien hat. In der letzten Sitzung haben wir Microsoft Teams als Kommunikationsmittel für unsere Telefonkonferenzen eingeführt. Damit kann man bequem von Handy und/oder Computer aus miteinander telefonieren. Hier ist also einiges in Arbeit.

Auch für die Mitgliederwerbung sind Präsenz in sozialen Netzwerken und ein digitaler Anmeldeprozess schon fast ein Muss. Einen Verein, den man online nicht auffinden kann, gibt es in den Köpfen der Menschen nicht. Hier müssen wir definitiv besser werden.

Generell müssen wir mit der Zeit gehen und unsere Traditionen mit dem digitalen Zeitalter verknüpfen. Tradition bedeutet für mich nicht, alles zu machen, wie wir es immer gemacht haben. Sonst wären wir nie von der Hacke zum Pferdepflug gekommen. Nein, es geht darum, weiterhin Ackerbau zu betreiben, mit den Mitteln, die uns jetzt zur Verfügung stehen. Die Jugend ist spezialisiert im Umgang mit Computern und Smartphones, sozialen Medien und Onlinepräsenz. Deshalb sehe ich uns als Impulsgeber für die Digitalisierung im Verband.

Zum Stichwort Mitgliederwerbung, das du kurz erwähnt hast, möchte ich nachfragen: Wie können wir mehr junge Leute für unsere Gemeinschaft gewinnen?

Es ist wichtig, den Menschen im Kopf zu bleiben. Wir bieten als Gemeinschaft bereits allerhand kulturelle und Freizeitveranstaltungen. Das müssen wir nach außen auch zeigen, was sich besonders gut über die sozialen Medien umsetzen lässt. Wir müssen nach außen präsentieren, dass man in unserer Gemeinschaft nicht nur mehr über seine Wurzeln erfahren kann, sondern dass man dabei auch viele neue Leute kennenlernen und mit ihnen Spaß haben kann. Eine Sache, die mir auch persönlich am Herzen liegt, ist, jungen Leuten auch einmal freie Hand zu lassen. Gebt ihnen Aufgaben, lasst sie Veranstaltungen und Projekte planen, auch wenn ihr im ersten Moment kei - nen Sinn darin seht oder es selbst anders machen würdet. Diese Verantwortung und die Möglichkeit, etwas nach den eigenen Vorstellungen gestalten zu können, motiviert sie, sich für unsere Gemeinschaft einzusetzen. Wie ich an - fangs gesagt habe, kann unsere Gemeinschaft ohne diesen Einsatz nicht bestehen.

Welche Projekte plant die SJD in naher Zukunft?

Dieses Jahr dürfen unsere Mitglieder auf jeden Fall wieder mit unseren Klassikern, wie Vorbereitungsseminar, Heimattag und Volkstanzwettbewerb rechnen. Das Vorbereitungsseminar findet am 28. März statt. Auch unsere Skifreizeit vom 13. bis 15. März, bei der uns die Band „Schlager-Taxi“ wieder atemlos durch die Nacht bringen wird, möchte ich hier erwähnen. Als nächstes großes Projekt steht die Eröffnung von Schloss Horneck vom 10.- 12. Juli auf dem Plan. Hier wird die SJD das Programm aktiv mitgestalten. Außerdem wollen wir dieses Jahr ein Trachtenseminar für die Tanzgruppen anbieten, bei dem sie alles über die Geschichte, die richtige Pflege, die korrekte Zusammenstellung und das Tragen der siebenbürgischen Tracht lernen werden. Auch die Planungen für das Sachsentreffen 2021 in Hermannstadt haben bereits begonnen. Wir möchten den Kindern und Jugendlichen ein Programm bieten, um das Treffen für sie unvergesslich zu machen.

Besten Dank für das Interview und viel Erfolg mit euren Vorhaben!

Schlagwörter: SJD, Bundesjugendleiter, Kloos, Interview, Jugendarbeit

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