19. September 2019

Jugendaustausch zwischen Rumänien und Deutschland

In schnellen Schritten laufen die mit weißen T-Shirts und schwarzen Hosen einheitlich bekleideten Jugendlichen kreuz und quer über die Bühne in einem Gemeinschaftssaal in der Jugendherberge Fuchsbau in Berlin-Reinickendorf. Sie werfen sich abgehackte Wörter an die Stirn und bewegen sich akrobatisch tänzelnd zur Musik. Dabei sticht aus der Masse von Jugendlichen in weißen T-Shirts einer mit einem roten T-Shirt hervor. Er ist anders.
Ausgehend vom Kinderbuch „Irgendwie anders“ wurde diese Theaterperformance von einer Gruppe von 19 Jugendlichen aus Rumänien und aus Deutschland zusammen mit den beiden Theaterpädagoginnen Tania Freitag und Mirona Stănescu entwickelt. Die Szenen wurden in theaterpädagogischen Übungen erarbeitet, wobei Reiseimpressionen mit einflossen. Denn entstanden ist das Stück auf zwei Reisen, einmal in Siebenbürgen und einmal in Deutschland.

Gefördert wurde das Projekt „Vielfalt erleben“ von Erasmus Plus und der Beauftragten der Bundesregierung für Kultur und Medien, entwickelt von der Kulturreferentin für Siebenbürgen, Dr. Heinke Fabritius. Daran nahmen zehn Jugendliche aus Rumänien, allesamt Schüler des Johannes-Honterus-Lyzeums in Kronstadt, sowie neun aus Deutschland teil, und zwar aus Berlin und Stralsund. Auf der ersten Reise besuchten sie im Juli 2019 Klausenburg, Katzendorf, Kronstadt und Bukarest. Das zweite Treffen fand im September in Deutschland, in Berlin und Stralsund, statt. Organsiert wurden die Reisen vom Berliner Ludwig-Wolker-Verein, der in der internationalen Jugendarbeit erfahren ist und dessen Mitarbeiterin Renate Krekeler-Koch in Partnerarbeit mit dem Jugendforum in Kronstadt.
Jugendgruppe „Vielfalt erleben“ in ...
Jugendgruppe „Vielfalt erleben“ in Stralsund.Foto: Renate Krekeler-Koch
Im Theaterstück stürmt ein Jugendlicher im roten T-Shirt auf die Bühne und versucht, Nähe zu den anders gewandeten Jugendlichen herzustellen, doch er wird ausgeschlossen. Mal wird er mit diversen Schlagzeuginstrumenten umzingelt und zugedröhnt, mal versucht er sich in tanzende Zweiergruppen einzuschmuggeln, die sich jedoch jedes Mal, wenn er auftaucht, auflösen und die Bühne verlassen. Mal weisen sie ihn mit einer Handbewegung von der Bühne und sprechen: „Tut uns leid. Du bist irgendwie anders. Du gehörst nicht dazu.“ Zuweilen klingen die Worte recht plakativ, sie haben alle mit Heimat und Ausgrenzung zu tun, pathetisch gesteigert bis zum Ausharren auf einem Berg, wo der Wind pfeift, ohne einen einzigen Freund. Ziemlich oft wird die Erfahrung der Ausgrenzung variiert und wiederholt.

Stark wird die Botschaft aber, als eine Jugendliche in blauem T-Shirt sich dem Außenseiter annähern will und dieser dann selber die Andersartige fortschickt. So merkt man, dass sich die Erfahrung der Ausgrenzung immer weiter fortsetzt und auch die Ausgegrenzten ihrerseits andere ausgrenzen. Trotzdem scheint noch nicht alles verloren, denn zum Schluss wird durch ein Lied und entsprechende Tanzbewegungen eine allgemeine Versöhnung angedeutet.

Mit großem Engagement haben sich die Jugendlichen diesem Theaterprojekt gewidmet und gemeinsam und länderübergreifend diese letztlich doch bewegende Performance erarbeitet. Dass sie dabei Land und Leute kennengelernt haben, angefangen von der uralten Eiche und der Büffelherde in Katzendorf bis zum Fahrradausflug in Stralsund und auch noch Freundschaften geschlossen haben, das waren willkommene Nebeneffekte dieser Jugendbegegnung.

Edith Ottschofski

Schlagwörter: Jugendprojekt, Jugendaustausch, Rumänien, Deutschland, Berlin

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