3. Oktober 2007

Interview mit Klaus Johannis: Hermannstadt zu europäischem Ansehen verholfen

Hermannstadt, der letzte Augusttag. In seinem Büro im Rathaus gibt Klaus Johannis, Bürger­meister und DFDR-Vorsitzender, ein Interview. Die Fragen stellt Friedrich Roth, Vorsitzender der Heimatortsgemeinschaft Mardisch. In Königsbrunn, wo Roth als EDV-Koordinator in der Stadtverwaltung tätig ist, wird der Absolvent der Fakultät für Geschichte und Philologie in Hermannstadt am 1. Oktober 2007, um 20.00 Uhr, im Raiffeisensaal einen Vortrag zum Thema „Hermannstadt/Sibiu, Kulturhauptstadt Europas 2007“ halten. Zwecks Vorbereitung hat Roth Ende August eine Informationsreise nach Hermannstadt unternommen und dabei Bürgermeis­ter Johannis interviewt.
Klaus Johannis, Jahrgang 1959, wurde 2000 als Kandidat des Demo­kratischen Forums der Deutschen in Rumänien zum Bürgermeister von Hermannstadt gewählt und 2004 mit fast 90 Prozent der Stimmen im Amt bestätigt. Die Ernennung Hermannstadts (zusammen mit Luxemburg) zur Kulturhauptstadt Europas 2007 gilt als größter Erfolg seiner bisherigen Amtszeit. In den letzten Jahren hat sich die Stadt am Zibin zu einem modernen Wirtschaftsstandort entwickelt. Nach diesem turbulenten Kulturhauptstadtjahr wird es ruhiger werden in und um Hermannstadt. Sofern sich Johannis’ Prognose aber erfüllt, werden viele, insbesondere kulturpolitisch gesetzte Impulse von Dauer sein.

Herr Johannis, wie schätzen Sie den bisherigen Verlauf des Kulturhauptstadtjahres ein?

Der Verlauf des Kulturjahres entspricht bisher unseren Erwartungen. Wir sind mit den Zwischenergebnissen zufrieden. In manchen Punkten ist es sogar noch etwas besser gelaufen, als wir erwartet hatten.

Hermannstadt ist nun im europäischen Ausland ein Begriff geworden.

Das war unser Hauptziel, Hermannstadt be­kannt zu machen. Und das haben wir bisher ziemlich gut geschafft. Wir hatten da erstens einmal Glück, dass unsere Stadt für die westlichen Medien interessant ist. Wir hatten aber natürlich auch Glück mit Journalisten, die die europäische Kulturhauptstadt, eine von beiden, neben Luxemburg, gut finden, genossen haben und anschließend auch positiv über uns ge­schrieben haben. Es ist ganz bestimmt so, dass Hermannstadt inzwischen viel bekannter ist als vor einem oder zwei Jahren.

Was bleibt von diesem Kulturhauptstadtjahr für die Zukunft?

Dieses Jahr ist mit Abstand das wichtigste Jahr für die Stadt Hermannstadt in den letzten Jahrzehnten und wahrscheinlich, unter kulturellen Gesichtspunkten, auch für viele Jahre von jetzt an. Was bleibt, ist sehr viel. Wir haben uns sehr intensiv auf die Kulturhaupt­stadt vorbereitet, haben in der Altstadt und auch sonst in der Stadt sehr viele Infrastrukturprojekte um­gesetzt. Das sind in die Zukunft ausgerichtete Leistungen, die sowohl unseren Bürgern als auch unseren Gästen zugute kommen. Wir haben eine ganze Reihe von neuen Festivals geschaffen, speziell auch für das Kulturhauptstadtjahr. Ein großer Teil davon wird auch in den nächsten Jahren stattfinden. Es wird zahlreiche Kulturveranstaltungen geben, die ihren Platz im Hermannstädter Kulturkalender finden werden. Ich hoffe, dass der gute Eindruck Hermannstadts etwas Bleibendes sein wird.

Der Wunsch nach Nachhaltigkeit ist bestimmt ein allgemeiner Hermannstädter Wunsch. Was be­deutet das Kulturhauptstadtjahr für Rumä­nien?

Das ist für Rumänien eine einzigartige Gele­genheit, sich vorzustellen und von seiner schönen, der kulturellen Seite zu zeigen. Ich denke schon, dass Rumänien insgesamt ein positives Image über die Kulturhauptstadt bekommt und zusätzlich Aufmerksamkeit erhält von einer Zielgruppe, die sonst vielleicht nicht unbedingt Rumänien als Reiseziel auswählt, nämlich den Kulturtouristen.

Herr Johannis, wie sind Sie eigentlich in die Politik gekommen?

Rein zufällig. Ich bin Physiklehrer und habe auch einige Jahre in der Schulverwaltung gearbeitet. Im Jahr 2000 hat das Demokratische Forum der Deutschen in Rumänien mich als Kandidaten aufgestellt, um Werbung für die Fo­rumsliste, aber auch für den Stadtrat zu ma­chen. So wurde ich Bürgermeister.

Inwieweit hat Sie Ihre siebenbürgisch-sächsische Abstammung geprägt?

Geprägt hat sie mich insgesamt. Ich bin Sie­benbürger Sachse und wie jeder andere, der hier geboren ist, aufgewachsen unter den Be­dingun­gen, die damals in Hermannstadt herrschten. Glücklicherweise gab es aber die Brukenthal­schule. Das ist sicher eine sehr deutliche Prä­gung und ich denke, dass diese Erziehung – so­wohl im Elternhaus als auch in der Bruken­thalschule – mich zu dem gemacht hat, was ich heute bin.

Sie sind von Beruf Lehrer. Wie wirkt sich dies auf Ihre heutige Arbeit aus?

Sehr positiv. Ich war sehr gerne Lehrer und denke, dass sehr vieles an der Art, wie ich an Probleme herangehe, mit meiner Ausbildung als Physiklehrer und meiner Arbeit als Lehrer zu tun hat. Es ist nun mal so, dass ein Lehrer für die Schüler sehr viel Verständnis haben muss. Wenn man dieses Verständnis in die Po­litik mitnimmt, ist das sicher nicht falsch.

Wie haben Sie sich das in einer so großen Stadtverwaltung erforderliche Fachwissen im Bereich Wirtschaft und Finanzen angeeignet? Wissen Sie, das ist ein bisschen wie beim Crash-Kurs im Schwimmen. Man wird ins Was­ser geworfen und muss schwimmen. Ähnlich ist es mir ergangen mit Verwaltung, mit Finanz­gesetzgebung. Teilweise habe ich mir das über die Arbeit angeeignet. Natürlich musste ich auch viel nachlesen, aber ich habe auch das Glück, hier in der Stadtverwaltung gute Mitarbeiter zu haben, und so klappt’s.

Das Alltagsleben in Rumänien ist noch immer von Korruption geprägt. Wie gehen Sie damit um?

Korruption ist nach wie vor ein Problem in Rumänien. Ich habe meine Position von Anfang an sehr deutlich kundgetan, dass ich Korrup­tion in keiner Form und auf keine Weise in meinem Amt tolerieren werde. Wir hatten dementsprechend auch keine Probleme mit Korruption im Rathaus und wenn man von Anfang an sehr deutlich sagt, wie man dazu steht, dann versuchen die Leute auch gar nicht mit komischen Dingen zu kommen. Das hat sehr positive Ne­ben­effekte. So fassen nicht nur die Bürgerinnen und Bürger Vertrauen, sondern auch Investo­ren. Und das ist für eine Stadt wie Her­mann­stadt lebenswichtig.

Wo sehen Sie Hermannstadt in zehn Jahren?

Wenn man die jetzige Entwicklung extrapoliert, dann sieht man eine Stadt, die noch wachsen wird, mit einer sehr guten Wirtschaft. Eine Stadt, die aber gleichzeitig auch ein schönes Reiseziel ist, eben eine touristische Stadt, sehr bekannt in Europa und auch sonst wo. Eine Stadt, in der die Hermannstädter gerne leben und in der sich die Touristen willkommen fühlen.

Wo sehen Sie sich in zehn Jahren?

Das kann ich kaum beantworten. Ich sehe meinen Platz vorläufig hier, wo ich jetzt bin. Ich werde auch 2008 bei den Wahlen wieder antreten, aber wo ich dann in zehn Jahren sein werde? Vielleicht hier, vielleicht wieder in der Schule. Wer weiß?

Vielen Dank für das Gespräch.

Schlagwörter: Kulturhauptstadt, Johannis, Forum

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