21. Juni 2006

Lebendiges Museum, das man stets neu entdecken kann

Seit März diesen Jahres amtiert Dr. Sabin Adrian Luca als neuer Generaldirektor des Brukenthalmuseums. Der 47-jährige Archäologieprofessor und Prodekan der Geschichts- und Rechtsfakultät der "Lucian-Blaga"-Universität in Hermannstadt konnte das Auswahlverfahren auch aufgrund seines Managementprojekts zu seinen Gunsten entscheiden. Seine Hauptpriorität sieht Luca in der Rückführung jener Sammlungen, die der Evangelischen Kirche A.B. in Rumänien gehören. So sollen noch in diesem Jahr 19 wertvolle Gemälde, die sich zurzeit im Nationalen Kunstmuseum in Bukarest befinden, nach Hermannstadt zurückgebracht werden, erklärt Luca in dem nachfolgenden Gespräch, das Ruxandra Stănescu führte.
Warum haben Sie sich um diesen Posten beworben?

Dafür habe ich mich ja mein ganzes Leben lang vorbereitet. Mit 19 bin ich an der Geschichts- und Philosophie-Fakultät angekommen. Ich glaube, am zweiten Tag habe ich den Professor getroffen, der mich inspiriert hat. Ich habe auch ein Museologie-Masterstudium absolviert, habe an der Hochschule unterrichtet und werde dies auch weiterhin tun.

Dr. Sabin Adrian Luca, der neue Leiter des Brukenthalmuseums, am Eingang zu seiner neuen Wirkungsstätte. Foto: Konrad Klein
Dr. Sabin Adrian Luca, der neue Leiter des Brukenthalmuseums, am Eingang zu seiner neuen Wirkungsstätte. Foto: Konrad Klein
Eine große Herausforderung?

Ja. Ich mag aber solche Herausforderungen.

Welches sind die ersten Schritte, die Sie unternehmen wollen?

Wir gehen alles auf einmal an. Wir können ja nicht mehr warten. 2007 ist eine große Herausforderung und wenn wir es nicht schaffen, sind wir selber schuld. Zurzeit läuft die Inventur, wir streichen, malen, putzen. Wir haben mehrere Tonnen Bauschutt aus den Kellern und vom Aufboden des Palais entsorgt, es sind noch mindestens 100 Tonnen davon im Museum. Wir möchten einen Barockgarten anlegen, die Innenhöfe restaurieren, aber auch die Verwaltungs- und wissenschaftlichen Kommissionen wieder gründen.

Ganz nach Ihrem Plan.

Da ich das Auswahlverfahren gewonnen habe, ist mein Plan wahrscheinlich auch gut. Ich habe aber zwei Vorgesetzte: das Kulturministerium und die Evangelische Kirche. Die Kirche hat ja das Gebäude und die mobilen Güter, die vor 1948 verstaatlicht wurden, zurückbekommen. Das Kulturministerium wird die Kosten der Erhaltung des Museums tragen. Allein die Instandhaltung des Palais' ist sehr kostspielig. Wie aber die Zusammenarbeit der Evangelischen Kirche mit dem Kulturministerium aussehen wird, wird wahrscheinlich per Gesetz festgelegt, wenn die Kommissionen ihre Arbeit abgeschlossen haben.

Welche Kommissionen?

Die Rückgabe wird per Inventur gemacht. Gemischte Kommissionen - sowohl Vertreter der Evangelischen Kirche als auch des Museums bzw. des Kulturministeriums - begutachten alle Objekte aus den Beständen des Museums, die aus den Brukenthalschen Sammlungen stammen. Es sind vier Kommissionen, je nach der Art des Patrimoniums: Kunst, Bibliothek, Geschichte, Naturkunde. Das wird aber dauern. Wir möchten uns nicht beeilen, denn falls Fehler gemacht werden, müssen wir neue Kommissionen ernennen. Wir hoffen, dass diese Inventurarbeiten noch in diesem Jahr abgeschlossen werden können, denn erst danach kann das Übergabeprotokoll zwischen Kulturministerium und Evangelischer Kirche verfasst und unterzeichnet werden.

Es gab immer wieder Skandale wegen der Rückgabe.

Das sind politische Machenschaften und die gehen mich gar nichts an. Ich bin sehr beschäftigt, habe keine Zeit für solche Dinge. Ich weiß ganz genau, was ich zu tun habe. Wir arbeiten viel. Die Angestellten im Museum haben in den letzten Jahren, wo hier nichts Großartiges unternommen wurde, viel Energie gesammelt und die werden sie jetzt los. Mich interessiert, dass zum Beispiel die Inventur in Ordnung ist - als nationales Museum muss jedes siebte Jahr eine gründliche Inventur gemacht werden - und dass unsere Institution endlich modern und funktionell ist.

Die 19 Gemälde, eine sehr wertvolle Kollektion, die verstaatlicht wurde, kommen erst Ende des Jahres. Warum so spät?

Diese Geschichte von dem Vertrag zwischen dem Brukenthalmuseum und dem Nationalen Kunstmuseum in Bukarest habe ich später erfahren. Natürlich will das Museum in Bukarest die Wiedergabe verzögern, aber es steht fest, dass die Gemälde Ende des Jahres kommen. Ich weiß es nicht genau, warum dieser Vertrag nicht veröffentlicht wurde. Wir werden aber die Fehler und Konventionen der Vergangenheit nicht wiederholen. Und irgendwie tragen wir alle Schuld daran, dass bis jetzt nichts getan wurde.

Es wurden aber weitaus mehr Gegenstände verstaatlicht.

Es sind Tausende von Gegenstände, die dem Brukenthalmuseum noch nicht rückerstattet wurden. Zum Beispiel Brukenthals Siegelring und eine bekannte Inschrift auf einem Stück Kandelaber aus Birthälm, die auch im Nationalen Kunstmuseum in Bukarest sind. 8 200 weitere Objekte sind nur im Nationalen Geschichtsmuseum in Bukarest. Außer den Gemälde gehören die meisten davon der Geschichtsabteilung des Museums. Und der größte Teil davon stammt aus den Brukenthalschen Sammlungen, soll also der Evangelischen Kirche erstattet werden.

Warum ist das noch nicht geschehen?

Die ersten Schritte wurden vor Jahren gemacht. Und in den letzten zwei bis drei Jahren hat man viele Stücke zurückerhalten. Aber wie gesagt, noch fehlen uns viele. Wir wissen ganz genau, wo sie sind, mit welchem Gesetz sie verstaatlicht wurden, wie sie aussehen. Es fehlt nur manchmal der politische Wille. Diese Angelegenheiten werden ja zwischen den Direktionen der Museen festgelegt. Ich möchte aber im nächsten Jahr, da Hermannstadt Europäische Kulturhauptstadt sein wird, eine große Ausstellung organisieren, in der wir die zurückerhaltenen Objekte dem Publikum vorstellen werden. Das ist die große Überraschung für unsere Besucher: ein lebendiges Museum, das man jederzeit neu entdecken kann.

Danke für das Gespräch.

(gedruckte Ausgabe. Siebenbürgische Zeitung, Folge 9 vom 31. Mai 2006, Seite 4)

Schlagwörter: Interview, Kulturspiegel, Hermannstadt, Brukenthalmuseum, Museum, Brukenthal

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