22. August 2019

Preisgekrönte Architektur zum Genesen, Entspannen und Wohnen: Udo-Friedrich Schuster

Udo Schuster hat gut lachen! Der Mittfünfziger hat all das erreicht, wovon Architekten weltweit träumen: Sein Wiener Büro skyline architekten ist international bekannt und blickt auf eine hochkarätige Palette realisierter Projekte. Ihre ausgezeichneten Bauten sehen auch nach Jahren sehr gut aus und werden von den Nutzern geschätzt. Gut gelaunt sitzt mir Udo Schuster in seinem hellen Wiener Büro gegenüber und erzählt, wie alles begann: von seiner Kindheit in Brenndorf, Ausreise nach Österreich, Architekturstudium in Wien, USA und Japan und seine glückliche, vierköpfige Familie. Anhand zweier großer Therapiezentren illustriert er auch die erfolgreiche Kernkompetenz seines Büros

Kindheit in Brenndorf

Am 19. Mai 1963 freuen sich Friedrich Johann Schuster und seine Frau Herta-Rosa, geborene Lurtz, über die Geburt ihres ersten Sohnes Udo-Friedrich. Die Siebenbürger Sachsen mit langjährigem Stammbaum leben in der Gemeinde Brenndorf (rumänisch: Bod) neben Kronstadt. Als Kind beeindruckten Udo Schuster vor allem die Hochzeiten: „Sehr lustig, laut und mit schöner Blasmusik zu der alle mitsingen!“ Im Keller des großen Saals neben der Kirche kochen die Erwachsenen für diese riesengroße Feste mit über 300 Gästen. „Davor haben sie geschlachtet und servieren selbstgemachte Würste und leckere Suppen. Die Benndorfer feiern sehr begeistert, alle sind engagiert und stellen ein perfektes Fest auf die Beine. Obwohl die Zeiten dazumal wirtschaftlich alles andere als rosig sind, gibt es bei Hochzeiten Essen und Getränke in Hülle und Fülle, auch allerbestes Fleisch. An die Kuchen, Baumstriezel, Dobosch- und andere Torten erinnere ich mich sehr gut, auch wie wir Brenndorfer alle fest zusammenhalten!“
Udo-Friedrich Schuster leitet sein erfolgreiches ...
Udo-Friedrich Schuster leitet sein erfolgreiches Architekturbüro in Wien. Foto: skyline architekten

Ausreise und Leben in Österreich

Nach jahrelanger Wartezeit erhält die Familie Schuster 1970 das Ausreisevisum und erreicht Hallein bei Salzburg mit dem Zug. Dort wohnen zwei Brüder der Mutter, die nach dem 2. Weltkrieg als ehemalige deutsche Reichswehrkämpfer nicht mehr nach Rumänien zurückkehren können. Udo Schusters jüngere Schwester Hedda, im Jahr 1965 geboren, lebt heute mit ihrer Familie in Mödling bei Wien. Udo Schuster heiratet Sieglinde Schuster-Lurger, die seit der Bürogründung 2003 die Interior-Planung leitet. Ihre Kinder Elina, 18 Jahre alt und Alwin, 16 Jahre alt, leben noch bei den Eltern und besuchen eine höhere technische Lehranstalt.
Udo Schuster mit Frau Sieglinde und den Kinder ...
Udo Schuster mit Frau Sieglinde und den Kinder Elina und Alwin.

Erfolgreiche Karriere als Architekt

Eigentlich will Udo Schuster nach dem Abitur Medizin studieren und plastische Chirurgie anstreben. Doch aufgrund seines Zeichentalents kommt es ganz anders und er entschließt sich, Architektur zu studieren, zunächst ab 1982 an der Technischen Universität Wien. Er arbeitet parallel dazu sehr gerne und intensiv in Architekturbüros mit. 1988 studiert er ein Semester an der University of Michigan in den USA und spezialisiert sich auf computergestütztes Entwerfen (Computer Aided Design). 1990 eröffnet ihm ein Forschungsstipendium an der Universität von Tokyo, in Tokyo Daigaku, in Japan, die Chance, sich mit den „New Towns“ den neuen japanischen Städten zu befassen. Danach will er seine Dissertation darüber als Assistent an der technischen Universität Wien verfassen. Bis zum Beginn seiner Uni-Anstellung arbeitet er im führenden Architekturbüro in Österreich bei Prof. Wilhelm Holzbauer in Wien mit. Dort steigt er in wenigen Monaten zum Leiter der Wettbewerbsabteilung auf. Diese Arbeit findet Schuster dermaßen spannend, dass er sich entscheidet, in der Praxis zu bleiben. Er begleitet seinen größten Wettbewerbserfolg Wagner Jaurreg Spital in Linz (heute Kepler Universitätsklinikum, Neuromed Campus, Linz) in der Realisierung. Als künstlerischer Leiter dieses 240-Millionen-Euro-Projektes lernt er sehr viel über die Baupraxis und insbesondere über das Bauen für psychisch Kranke.

2003 gründet Udo Schuster als geschäftsführender Gesellschafter das Büro skyline architekten Ziviltechniker GmbH zusammen mit Herbert Schiff, Christian Schuppa und Peter Todorov, allesamt sehr erfahrene Projektleiter aus dem Büro Holzbauer. Wenn ich ihm zuhöre, kann ich mir gut vorstellen, wie er die Auftraggeber mit seiner Begeisterung für die Architekturgestaltung ansteckt! Dabei geht er vom Erleben, den Blicken und der Bewegung der Nutzer aus, was allen ihren Projekten sehr zugute kommt. Doch Schuster will sich nicht als Architekt mit spektakulären „Eintagsfliegen“ profilieren, sondern hat die Wünsche und das Budget der Bauherren fest im Blick sowie die nachhaltige Dauer seiner Bauwerke. Die ersten Aufträge des Büros sind zwei Bürohochhäuser in Budapest und inzwischen haben sie vier große Therapiezentren für psychische Rehabilitation errichtet sowie viele Wohn- und andere Gebäude. 73 von rund 180 Büroprojekten werden auf der Homepage www.skyline-architekten.at präsentiert, davon wurden 43 auch gebaut.
Projekt Tauern Spa Zell am See in Kaprun: Der ...
Projekt Tauern Spa Zell am See in Kaprun: Der gläserne Skyline Pool wurde zur Trademark des Hotels. © Foto: Franz Reifmüller

Tauern Spa Zell am See in Kaprun

Schuster berichtet: „Dieses größte Projekt unseres Büros, für rund 70 Millionen Euro, haben wir jahrelang entwickelt: es ist ein Vier-Sterne-Luxushotel mit 320 Betten, in Kombination mit einer öffentlichen Therme für 2000 Personen. Der Hotel-Spa mit gläsernem Becken und die über 2000 qm große Wasserfläche erwiesen sich als ‚Gäste-Magneten‘. Die Aussicht nach Süden, durch die großen, leicht geneigten Glasflächen der Therme, auf den Kitzsteinhorn mit den Gletschern ist sehr schön. Der besonnte Gebäudekomplex steht mitten im Tal, doch der gute Baugrund liegt hier in 70 Meter Tiefe. Für das Gebäude mussten wir eine geschlossene Struktur erzeugen, die auf tausend 20 m langen Schwebepfählen schwimmt. Heute, acht Jahre nach der Fertigstellung, ist das Gebäude samt Straßen und Pools 12 cm abgesunken, doch man sieht überhaupt keine Risse.[…]

Den gläsernen Pool am Dach überdeckt eine 18 m auskragende, flügelartig spitze Konstruktion. Der riesige Aufwand dafür hat sich gelohnt, dank des weitreichenden Werbeeffekts. Auch von 12 km weit erkennt man die Skulptur. Unser ‚Alternativdach‘ ist mit konischen Aluminium-Bahnen abgedeckt und war auch sehr kompliziert zu bauen. Das Spannende ist, dass wir jetzt dort eine Erweiterung planen – einen Trakt mit 120 zusätzlichen Betten. Auch das Restaurant und die Küche erweitern wir und bauen bis November 2019 einen neuen Hotel-Spa mit zusätzlichen exklusiven Angeboten. Den Zubau haben wir abgesetzt und konisch geformt, so dass man perfekt vorbeischauen kann. Ein gläserner Gang verbindet die neuen und alten Teile des Hotels. Das Restaurant und die Küche haben wir ringförmig erweitert und noch ein Geschäft hinzugebaut.“
Projekt Tauern Spa Zell am See in Kaprun: Der ...
Projekt Tauern Spa Zell am See in Kaprun: Der geschwungene Hotelbaukörper öffnet sich nach Süden und bietet Windschutz für die Außenterrassen. © Foto: Rupert Steiner

Therapiezentrum Vita Med in Bad Radkersburg

Dazu Schuster: „Wir sind spezialisiert auf ‚Bauen für die Gesundheit‘ – insbesondere Therapie- und Rehabilitations- (Reha)-Zentren. Wir haben schon mehrere solcher Baukomplexe geplant und das Therapiezentrum Vita Med in Radkersburg ist ein besonderes Beispiel: Zu einem bestehenden Ensemble sollten wir ein Therapiezentrum dazubauen und eng mit dem Bestand verknüpfen. Den Vorplatz der Therme sollten wir durch den Neubau aufwerten und das Gesamte sollte als Einheit erscheinen. Wir haben diesen Generalplaner-Wettbewerb gewonnen und unser Gebäude zwischen die bestehenden Riesenbäume platziert. Neben der Therme befindet sich jetzt das Kurzentrum des Ortes. Diese beiden Gebäude ‚spielen‘ miteinander und die Gäste können hinüber gehen ins Restaurant oder in die Therme. Das ganze Projekt wird mit Erdwärme, Geothermie beheizt. Wir waren in der glücklichen Situation, dass wir nicht nur sehr heißes Wasser in großen Mengen vorfanden, sondern es hat auch die höchste Mineralisierung im Vergleich zu allen Thermen Österreichs. Es sind über 8000 Milligramm pro Liter Mineralanteil. Und man spürt richtig, wie es wirkt. In unserem neuen Therapiezentrum gibt es auch viel Bäder und sonstige Funktionen, wie Konsiliarärzte, Massagepraxen usw.“
Projekt Therapiezentrum Vita Med in Bad ...
Projekt Therapiezentrum Vita Med in Bad Radkersburg: Es liegt neben der Parktherme und reagiert auf den imposanten Baumbestand. Foto: Parktherme, Harald Eisenberger

Sächsische Wurzeln und Tradition

Udo Schuster war erst sechseinhalb Jahre alt, als er mit der Familie auswanderte: „Obwohl seither fast 50 Jahre vergangen sind, erkennen mich alte Siebenbürger an meinem Akzent und ich erkenne sie“, stellt er fest. „Wenn gelegentlich das Gespräch darauf kommt, lege ich die Siebenbürger Geschichte und meine Wurzeln gerne dar. International ist das kaum bekannt, aber Transsylvanien ist wegen den ganzen Blutsauger-Filmen ein Begriff. Was die Aktivitäten der Landsmannschaften der Siebenbürger Sachsen anbelangt, freut es mich, dass sich jemand erfolgreich darum bemüht.“

Melita Tuschinski

Schlagwörter: Kultur, Architektur, Brenndorf, Wien

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