2. August 2017

Über Jahrzehnte kulturgeschichtlich wirkend: Hansgeorg v. Killyen zum Achtzigsten

Vielseitig interessiert, vielseitig tätig und offen für Gespräche und Projekte, deren Inhalte einen weiten Bogen spannen über Themen der Landeskunde, der Naturwissenschaften und Medizingeschichte, der Kulturgeschichte, der Musik, der Literatur sowie darüber hinaus: So kennen viele von uns Hansgeorg v. Killyen, der Generationen übergreifend Anerkennung und Wertschätzung für seine Tätigkeit und sein Interesse an seiner Umgebung findet. Am heutigen 2. August 2017 erfüllen sich acht Jahrzehnte seit seiner Geburt, sicherlich ein Tag der Dankbarkeit und der Freude, gleichzeitig aber auch ein Tag des Rückblicks auf die Vielfalt von Ereignissen und Tätigkeiten, in die er eingebunden war und ist.
Als zweites von vier Kindern wurde er in der Gymnasiallehrer-Familie Franz und Tilde v. Killyen in Kronstadt geboren. Beide Eltern hatten Vorfahren, die, bis zurück ins 18. Jahrhundert nachweisbar, die für die Zeit typischen intellektuellen Berufe Lehrer, Pfarrer und in der ungarischen Linie auch Juristen ausübten. In die Zeit des Zweiten Weltkrieges hineingeboren, blieben Kindheit und Jugend nicht ohne für ihn prägende Erlebnisse wie der erste Bombenangriff auf Kronstadt im Mai 1944 und dann die schweren Jahre des Kommunismus in Rumänien, die mit dem Verlust der eigenen Schulgebäude der evangelischen Kirche einhergingen. Der Vater, Rektor der Honterusschule, wurde aus politischen Motiven fristlos entlassen und für Monate zur unqualifizierten Schwerstarbeit am Bau gezwungen. Trotz der Schatten, die die Kriegsereignisse und deren Folgen auch für die Familie mit sich brachten, hatte er nach eigener Aussage eine fröhliche und in der Erinnerung positive Kindheit und Jugend in Kronstadt, mit Freunden aller drei Nationen in der Oberen Vorstadt.

Hansgeorg v. Killyen, aufgenommen von seinem Sohn ...
Hansgeorg v. Killyen, aufgenommen von seinem Sohn Johannes Killyen, 2016.
Nach dem Abitur, das er 1955 am Honterus-Gymnasium ablegte, studierte er Biologie und Geographie an der Universität Klausenburg . Neben seinem Studium betätigte er sich musikalisch im Chor der sächsischen Klausenburger Studenten jener Jahre bis zur Verhaftung ihrer Dirigenten im Jahr 1956 während der aufregenden Zeit der Revolution im Nachbarland Ungarn. Nach dem Staatsexamen war Hansgeorg v. Killyen ab Herbst 1959 Lehrer für Biologie und Geografie in der Burzenländer Großgemeinde Tartlau. 1960 heiratete er die Mediascher Ärztin Ingeborg, geb. Schuster. Fünf Jahre später wurde er Schulrat der regionalen Schulbehörde in Kronstadt und Dozent, zuständig für Lehrerfortbildung an der Universität seiner Heimatstadt.

1975 stellte er einen Antrag auf Ausreise nach Deutschlands zu Eltern und Geschwistern. Daraufhin erhielt er Arbeitsverbot an der Universität.1980 reiste er mit seiner Ehefrau und den beiden Söhnen in die Bundesrepublik Deutschland aus. Im badischen Lahr gelang ihm ein rascher Einstieg ins gymnasiale Lehramt am Max-Planck-Gymnasium, wo er bis zu seiner Pensionierung im Jahr 2002 als Oberstudienrat und auch für weitere vier Jahre am Abendgymnasium tätig war. Seine gewesenen Lahrer Schüler erinnern sich heute noch gerne an seinen Unterricht, in dem er ihnen Biologie, Natur und Landschaft näher gebracht hat, sowie an die Exkursionen, Aufenthalte im Landschulheim und Studienreisen im In- und Ausland. Dabei ging es nicht nur um die Vermittlung von Wissen, sondern auch um die Abende mit interessanten Gesprächen und heiterer Geselligkeit. Unvergessen bleiben insgesamt bei vielen die anregenden Gespräche, die gute Kommunikation, die er in jeglicher Generation mit Einfühlsamkeit und Offenheit führen kann. So nimmt er auch am Leben seiner Kinder und Enkel regen Anteil, wie auch an dem der Kinder in der Großfamilie. In ihr fand er auch Trost, Halt und die wiederkehrende Lebensfreude, nachdem seine Frau Ingeborg vor nunmehr zehn Jahren verstorben war.

Seine wissenschaftliche Tätigkeit begann er bald nach seinem Studium in den 1960er Jahren in Kronstadt. So war er Mitautor des ersten rumänischen Lehrbuchs für Ökologie und des ersten Lehrerhandbuchs für den Ökologieunterricht sowie Verfasser zahlreicher Veröffentlichungen zur Didaktik des Biologieunterrichtes in deutscher und rumänischer Sprache. Seine damaligen wissenschaftlichen Arbeiten im Bereich der Verhaltensforschung und Anthropologie erschienen in Fachzeitschriften in Bukarest und Klausenburg. Mit seinem Eintritt (1981) in den Arbeitskreis für Siebenbürgische Landeskunde (AKSL) begann 1982 auch seine rege Tätigkeit im Rahmen der Sektion Naturwissenschaften, deren Schriftführer der Jubilar bis heute ist. Er war rege beteiligt an der Planung und Durchführung der zur Tradition gewordenen Frühjahrstagungen der Sektion sowie an größerer Fachtagungen im In- und Ausland. Es war ihm ein wichtiges Anliegen, die Forschungen im Bereich der Wissenschaftsgeschichte in einem europäischen Kontext zu sehen und damit diese in ihrer Wertung in einen breiteren Rahmen zu stellen. Seine zahlreichen Publikationen umfassen insgesamt ein breites Spektrum unterschiedlicher Fachbereiche und belegen sein breit gefächertes und fundiertes Wissen. Bemerkenswert sind seine umfassenden Publikationen zu unterschiedlichen Themen der Medizingeschichte Siebenbürgens als alleiniger Autor oder in Zusammenarbeit u.a. mit dem verstorbenen Prof. Arnold Huttmann und Dr. Robert Offner. Mit Letzterem verbindet ihn eine langjährige Zusammenarbeit und Freundschaft, über die Dr. Offner schreibt: „Sein vielseitiges Engagement für die siebenbürgische Gemeinschaft hatte für mich echten Vorbildcharakter. Es war und ist stets eine große Freude, mit Hansgeorg bei medizinhistorischen Themen zusammenzuarbeiten, wie es beispielsweise am gemeinsamen Buchprojekt über die ungarländischen und siebenbürgischen Studierenden an der Wiener medizinisch-chirurgischen Militärakademie (Josephinum) im Jahr 2012 (E. Ötvös-Lorant-Akademie Budapest), oder am Gedenkband Arnold Huttmann (‚Medizin im alten Siebenbürgen‘, Hermannstadt-Bonn, 2000) der Fall war. Das Gleiche gilt auch für weitere gemeinsame Publikationen, wo er sein umfangreiches naturwissenschaftliches Wissen und seine historische Kompetenz äußerst hilfsbereit und stets kooperativ eingebracht hat“. Weitere Veröffentlichungen entstanden z.B. zusammen mit Dr. Heinz Heltmann, Dres. Erika und Eckbert Schneider sowie mit Dr. Harald Roth.

Hansgeorg v. Killyen entfaltete auch eine vielseitige publizistische Tätigkeit in Siebenbürgen bezogenen Periodika in Deutschland, aber auch in Zeitschriften in Budapest und Hermannstadt. Auch ist er Mitautor des „Lexikon der Siebenbürger Sachsen“ (1993) und Verfasser zahlreicher Tagungsberichte etc. Für die Zukunft ist weiterhin die Arbeit an den Biographien und Dateien siebenbürgischer Biologen und Ärzte geplant.

Auch als Herausgeber oder Mitherausgeber zahlreicher Publikationen des AKSL hat sich Hansgeorg v. Killyen erfolgreich betätigt. Außerdem nahm er regelmäßig an den Münchener Tagungen der Sektion Schulgeschichte des AKSL teil. Es entstanden auch einige wichtige Publikationen zur Geschichte des Schulwesens der Siebenbürger Sachsen, insbesondere des Honterus-Gymnasiums. Dabei wird der integrative Ansatz deutlich, in dem er das Schulwesen Siebenbürgens vergleichend im europäischen Kontext betrachtet.

1983 gehörte er zu den Gründungsmitgliedern der HOG Kronstadt, in der er etliche Jahre im Vorstand und zum Teil auch Vorsitzender dieses Vereins war. Aufgrund seiner vermittelnden Tätigkeit, seiner Funktion als Brückenbauer zwischen der HOG Kronstadt in Deutschland und den Kronstädtern vor Ort wurde Killyen zum Ehrenmitglied des Deutschen Forums in Kronstadt ernannt.

Er war jahrelang Mitglied der evangelischen Körperschaften im badischen Lahr z. B. im Bezirkskirchenrat. Auch hier hat er sich als Mitverfasser einiger wichtiger Werke beteiligt, wie unter anderen am Band „750 Jahre Stiftkirche in Lahr“.

Auch musikalisch war und ist der Jubilar aktiv tätig. In der bekannten Löwensteiner Musikwoche, an der er regelmäßig samt einem Großteil seiner Familie teilnimmt, gehört er zu den dienstältesten Mitgliedern. Bemerkenswert ist sein langjähriges Mitwirken in Chören seiner Heimatorte Lahr und seit einiger Zeit Freiburg i. Br., wo er mit seiner Lebensgefährtin ein neues zu Hause gegründet hat.

Für seine umfassende, motivierte fachliche und sonstige Tätigkeit gebührt ihm unser aller herzlicher Dank. „Ich wünsche mir sehr, dass es noch lange so weitergeht“, schrieb Robert Offner und mit diesem Wunsch steht er nicht allein da. Wir alle vom Arbeitskreis für Siebenbürgische Landeskunde, der Sektion Naturwissenschaften und Freunde darüber hinaus gratulieren ihm ganz herzlich zu seinem runden Geburtstag und wünschen ihm weiterhin Schaffenskraft, Schwung und Freude an seiner vielfältigen Tätigkeit und vor allem noch viele Jahre in guter Gesundheit, die alles weitere möglich macht.

Erika Schneider

Schlagwörter: Kultur, Naturwissenschaften, Kronstadt, AKSL

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