12. September 2016

Ein siebenbürgisch-sächsischer Freund: Zum 90. Geburtstag von Harald Zimmermann

Er wurde vor neunzig Jahren, am 12. September 1926, in Budapest geboren, kam als Dreijähriger nach Wien, wo er zur Schule ging, studierte, Magister und doppelter Doktor (der Theologie und der Geschichte) wurde, seine berufliche Laufbahn begann, die dann mit Professuren in Saarbrücken und Tübingen gekrönt wurde, er kennt auch den kleinsten Ort des Burgenlandes, da er in dessen evangelischen Gemeinden als Student und junger Pfarrer wandernd gepredigt hat, er ist ein bedeutender deutscher Mediävist von europäischem Format. Und doch ist Univ.-Prof. Dr. theol. Dr. phil. Dr. h.c. mult. Harald Zimmermann vor allem – ein überzeugter Siebenbürger Sachse.
Natürlich hängt das mit seiner Herkunft zusammen – seine Vorfahren stammen aus Henndorf, Schäßburg, Bistritz, Hermannstadt und Kronstadt, einige aus dem Buchenland und aus der Zips – aber entscheidend war die Prägung im Elternhaus, durch Dr. jur. Rudolf Oskar Zimmermann und seine Gattin Alina Emilie, geborene Teutsch. „Schon als Achtjähriger war ich sozusagen ein beinahe 800-jähriger Siebenbürger Sachse, und das ist meinen Eltern zu verdanken“, bekannte er in seiner Dankrede zur Verleihung des Siebenbürgisch-Sächsischen Kulturpreises in Dinkelsbühl, zu Pfingsten 1994. Sein Credo begründet die Hoffnung, dass es überzeugte Siebenbürger Sachsen auch in den folgenden Generationen geben wird!

Harald Zimmermann hat ein bedeutendes wissenschaftliches Œuvre geschaffen, das das deutsche und europäische Mittelalter zum Hauptthema hat, mit Schwerpunkten auf dem so genannten „Dunklen“, dem 10. Jahrhundert (ein Buch, das in mehreren Sprachen erschienen ist), auf der Papstgeschichte, mit Werken über den Canossagang von 1077 (ebenfalls ein mehrfach übersetztes Werk), über die Päpste allgemein, über Papstabsetzungen im Besondern und mit der Edition der „Papsturkunden 896-1046“ als für viele Generationen grundlegendes Quellenbuch, das durch eine Privataudienz bei Papst Johannes Paul II. eine besondere Ehrung des evangelischen Theologen erfuhr.

Harald Zimmermann hielt einen brillanten Vortrag ...
Harald Zimmermann hielt einen brillanten Vortrag bei der Tagung „Der Deutsche Orden im Burzenland (1211-1225)“ am 30. Oktober 2010 in Bad Kissingen. Foto: Siegbert Bruss
In diesem Gesamtwerk nehmen seine Beiträge zur siebenbürgischen und siebenbürgisch-sächsischen Geschichte eher einen bescheidenen Platz ein. Sie wurden 1996 in der Festgabe zu seinem 70. Geburtstag zusammengefasst: „Siebenbürgen und seine Hospites Theutonici. Vorträge und Forschungen zu südostdeutschen ­Geschichte“ (Schriften zur Landeskunde Siebenbürgens, Band 20, im Böhlau Verlag). Grundlegend, und von weitaus mehr als nur siebenbürgischer Bedeutung ist sein in zwei Auflagen erschienenes Buch „Der Deutsche Orden im Burzenland. Eine diplomatische Untersuchung“ (Studia Transylvanica, Band 26, Böhlau Verlag 2000, 2011). Und ein Zeugnis sächsischer Geschichte und Geschichtsschreibung ist seine Edition des „Zeitbuchs“ seines Großonkels Franz Zimmermann, des Direktors des Archivs der Stadt Hermannstadt und der sächsischen Nation und Herausgebers der drei ersten Bände des „Urkundenbuchs zur Geschichte der Deutschen in Siebenbürgen“ (Schriften zur Landeskunde Siebenbürgens, Band 34, Böhlau Verlag 2013).

Harald Zimmermann kann wie kein Zweiter die beiden Grundvoraussetzungen guter Geschichtsschreibung miteinander verbinden: die „scientia“, die Wissenschaft, mit der „ars“, der Kunst, sie zu vermitteln, sie in klare, verständliche, wohl klingende Worte zu fassen. Davon zeugen seine Werke, davon zeugen die unzähligen Vorträge, die er vor unterschiedlichst gebildetem Publikum stets verständlich und mitreißend ­gehalten hat und hält, oft humorvoll und hintergründig hinterfragend. Unvergessen der erste Satz seines Festvortrags „850 Jahre Sieben­bürger Sachsen“ in der Frankfurter Paulskirche am 27. Oktober 1991: „Vielleicht feiern wir falsch, in falscher Art, zu falscher Zeit, am falschen Ort, vielleicht!“

Der akademische Lehrer hat an den Universitäten Saarbrücken und Tübingen zahlreiche Generationen von Historikern ausgebildet. Es war nicht leicht, sein Schüler zu sein, aber heutige Universitätsprofessoren, die durch seine Schule gegangen sind, etwa Immo Eberl (Ellwangen), Knut Görich (München), Achim Thomas Hack (Jena), Klaus Herbers (Erlangen-Nürnberg) oder Hans-Henning Kortüm (Regensburg), um nur einige zu nennen, zeugen von der Qualität, die der fordernde Förderer Harald Zimmermann zu erkennen und weiter zu entwickeln verstanden hat.

Besonders verbunden ist Harald Zimmermann dem Arbeitskreis für Siebenbürgische Landeskunde, zu dessen Gründungsmitgliedern er 1962 gehört hat. Dieser wissenschaftlichen Vereinigung, die siebenbürgische Forschung „im Geiste der Völkerverständigung und der gegenseitigen Toleranz im europäischen Rahmen“ dienen wollte und auch heute noch dient, hat er dreißig ­Jahre lang als Mitglied des Vorstands, des ­Geschäftsführenden Vorstands und als stellvertretender Vorsitzender, nicht zuletzt als Schriftleiter der „Zeitschrift für Siebenbürgische Landeskunde“ viel Zeit und Kraft geopfert, immer anregend, aktiv mithelfend, insbesondere bei der Vorbereitung der wissenschaftlichen Tagungen. Der Landeskundeverein wäre ohne sein Mitwirken nicht das geworden, was er ist – ein Hort der unvoreingenommenen wissenschaftlichen Auseinandersetzung mit seiner, mit unserer Heimat Siebenbürgen.

Persönlich – einem auf die 70 Gehenden sollte das gegenüber einem Neunzigjährigen erlaubt, ja eine willkommene Pflicht sein – kann ich nur „Danke“ sagen, lieber Harald, für deine Lehre, für deine Strenge, für deine Hilfsbereitschaft und vor allem für deine Freundschaft!

Konrad Gündisch

Schlagwörter: Zimmermann, Kultur, Historiker, Kronstadt, Tübingen, AKSL

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