23. November 2014

Porträt: Klaus Johannis, der Mensch und Politiker

Die Wahl Klaus Johannis' zum Präsidenten Rumäniens hat in den vergangenen Tagen in den Medien zu einem Nachrichtenboom über die Siebenbürger Sachsen, die deutsche Minderheit in Rumänien, die deutschen Tugenden u.v.m. geführt. Vieles ist überzeichnet, einiges trifft wohl zu. Wer ist Klaus Johannis und wofür steht er, wie wird er vor allem in Rumänien gesehen? Eine Antwort ist nicht einfach, da er kaum Auskunft über sich gibt. Friedrich Roth zeichnet im Folgenden ein Porträt des neuen Staatschefs.
Im August 2007 führte ich ein Interview mit Klaus Werner Johannis für diese Zeitung. Sein Pragmatismus und seine Bodenhaftung waren schon nach wenigen Sätzen zu erkennen: „Ich habe meine Position von Anfang an sehr deutlich kundgetan, dass ich Korruption in keiner Form und auf keine Weise in meinem Amt tolerieren werde… So fassen nicht nur die Bürgerinnen und Bürger Vertrauen, sondern auch Investoren. “ Auf die Frage, wo er sich selbst in zehn Jahren sehen würde, meinte er: „Das kann ich kaum beantworten. Ich sehe meinen Platz vorläufig hier, aber wo ich in zehn Jahren sein werde? Vielleicht hier, vielleicht wieder in der Schule. Wer weiß? “ (Siebenbürgische Zeitung Online vom 3. Oktober 2007)

Klaus Johannis beim Heimattag der Siebenbürger ...
Klaus Johannis beim Heimattag der Siebenbürger Sachsen 2014 in Dinkelsbühl. Foto: Hans-Alfred Schüller (Don Alfredo)
Heute wissen wir es: Am 16. November 2014 wurde Johannis zum rumänischen Staatspräsidenten gewählt. Im Vorfeld des Wahlkampfes hat er ein erfolgreiches autobiographisches Buch geschrieben „Pas cu pas“ (Schritt für Schritt), das demnächst auch in deutscher Übersetzung erscheinen wird. Dort skizziert er Persönliches nur kurz, umfangreicher beschreibt er seine Tätigkeit im Bürgermeisteramt und seine heutigen politischen Visionen. Als Kind fühlt er sich den engen, verwinkelten Gassen verbunden, die Beziehung zu seiner Heimatstadt wird mit den Jahren immer tiefer. Gerne besucht er die Großeltern in Girelsau, wo er das harte Leben der Bauern kennenlernt. Sonst „war mein Leben ganz normal“, schreibt er.

Prägend sind die Jahre am Brukenthal-Lyzeum. Seine Leistungen sind gut, ohne als Streber zu gelten. Ehemalige Kolleginnen erinnern sich an einen gutaussehenden Burschen, den Mädchen gut leiden konnten. Andere Mitschüler erleben ihn als „großen Schweiger“. In der Rückblende ist es „diese Erziehung – sowohl im Elternhaus als auch in der Brukenthalschule – (die) mich zu dem gemacht hat, was ich heute bin“. Um Lehrer werden zu können, studiert er Physik in Klausenburg. Damals zählen für ihn vornehmlich Mathe und Physik; Geschichte, Literatur und Fremdsprachen sind für ihn bedeutungslos, „ohne dafür eine rationale Erklärung zu haben“. Während des Studiums lernt er seine spätere Ehefrau Carmen kennen. Nach 25 Ehejahren stellt er fest, „dass die Kunst nicht im Verlieben liegt, sondern darin, die Liebe lange Zeit lebendig zu bewahren“.

Nach dem Berufseinstieg an einer Agnethler Schule kommt Johannis 1989 ans Brukenthal-Lyzeum. Hier will er sich entfalten, ist gerne Lehrer. Eine ehemalige Schülerin erinnert sich: „Sparsame Bewegungen, kaum lächelnd, aber cool.“
Friedrich Roth, Vorsitzender der HOG Mardisch ...
Friedrich Roth, Vorsitzender der HOG Mardisch (links), führte 2007 ein Interview mit Bürgermeister Klaus Johannis.
Über seine Wahl im Jahr 2000 zum Bürgermeister von Hermannstadt ist schon viel geschrieben worden. Die Augsburger Allgemeine resümiert: „Es ist viel passiert seit damals. Hermannstadt ist schick geworden und es ist angekommen in Europa – eine Attraktion für Touristen und Investoren.“ Das sei auch der Verdienst eines Deutschen, der nie sein Heimatland Rumänien verlassen wollte, obwohl auch seine Eltern und die Schwester ausgewandert sind. Während seines Besuches im Kulturhauptstadtjahr 2007 hat Julio Iglesias, der bekannte spanische Sänger, Johannis vorausgesagt: „Sie werden der Präsident Rumäniens! Ich habe hunderte Politiker in meinem Leben kennen gelernt. Ich weiß wie ein zukünftiger Präsident aussieht.“

Nach seinem überraschenden Einstieg 2009 in die nationale Politik seitens der Liberalen versucht er in den Folgejahren, in Bukarest Einfluss zu nehmen. „Was mein öffentliches Bild anbelangt, hat mich die (damalige) Krise vermutlich nicht betroffen, im Gegensatz: Gezwungenermaßen bin ich viel öfter als früher in der Öffentlichkeit aufgetreten, so dass sich viel mehr Menschen ein vollständigeres Bild des Politikers Klaus Johannis machen konnten.“ (Autobiographie)

Im Präsidentschaftswahlkampf 2014 wird eher seine öffentliche Wahrnehmung als seine politischen Visionen thematisiert: „Tatsächlich ist Johannis kein Mann der vielen Worte, oft findet er nicht die passenden. Er wirkt bedächtig, in der rumänischen Politszene zuweilen sympathisch schwerfällig.“ (Der Spiegel) „(Er) ist gebildet, höflich und hält sich sowohl an die Anstandsregeln bei der Rede in der Öffentlichkeit als auch an die grammatikalischen Regeln der rumänischen Sprache“, begründet Tatiana Niculescu Bran, weshalb sie Johannis gewählt hat (Contributors.ro).

Gewiss sprengt Johannis die gängigen Wählervorstellungen: Er ist Siebenbürger Sachse, er ist evangelisch. Nach einer Fernsehdebatte, in der Ponta ihn wiederholt unterhalb der Gürtellinie angegriffen hat, sagt er: „Lieber verliere ich, als mich auch so wüst zu benehmen.“

Sein solides, vor allem aber sauberes Image hat die Wähler überzeugen können. Sein Sieg ist eine Sensation und leitet einen Politikwechsel in Rumänien ein. Als Erstes „werde ich der Bevölkerung Rumäniens die Hoffnung wiedergeben“, kündigt er in seiner Autobiographie an.

Friedrich Roth

Schlagwörter: Johannis, Wahlen

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