4. Februar 2012

Bühnenwerke als Hobby-Beruf - Gespräch mit der jungen Autorin Elise Wilk

Der Kronstädterin Elise Wilk (Jahrgang 1981) gelingt es nach und nach, aus ihrem Hobby einen Beruf zu machen. Sie hat in Klausenburg Journalismus studiert, war als Stipendiatin der Robert-Bosch-Stiftung in einer Berliner Zeitungsredaktion tätig und verfügt über Berufserfahrung in den Bereichen Medien sowie Kultur- und Projektmanagement. Ihre große Leidenschaft ist aber das Verfassen von Bühnenwerken. Um diesem Interessengebiet nachzugehen, hat sie bereits ein Masterstudium in Literatur und Kommunikation (Kreatives Schreiben) in Kronstadt abgeschlossen und sommersüber regelmäßig Schreibworkshops für Jugendliche mitorganisiert. Seit 2010 lernt sie szenisches Schreiben an der Theaterhochschule Neumarkt am Mieresch. Vor allem ihre jüngsten zwei Theaterstücke, in denen es um Entfremdung und Probleme der „banalen“ modernen Welt geht, erfreuen sich positiver Kritiken. In einem Gespräch mit Christine Chiriac stellt sich Elise Wilk den Lesern vor.
Wann hast du mit dem Schreiben begonnen? Wie kam es dazu?

Ich habe es mir schon immer gewünscht. Als Schülerin habe ich zuerst Gedichte und Kurzgeschichten auf Deutsch verfasst. Etwa in der zehnten Klasse habe ich begonnen, mich für Theater zu interessieren – ich machte damals in der Theatergruppe des Honterus-Lyzeums mit. Mein erstes Stück wollten wir in der Schule aufführen, aber letztendlich konnten wir uns nicht koordinieren. Später sah ich es von einer anderen Theatergruppe gespielt – und es gefiel mir überhaupt nicht mehr.


Wie ging es weiter?

Mein Debüt gab ich in der Zeitschrift Astra, dann erschien ein Theaterstück von mir in der Anthologie der jungen Kronstädter Schriftsteller „Junii 007“. Während der Hochschuljahre habe ich leider sehr wenig geschrieben. Erst wieder in Kronstadt habe ich mich für das Masterstudium „Kreatives Schreiben“ entschlossen, was ein Schritt nach vorne war: Wir haben uns sehr viel mit Theater, Prosa und Gedichten beschäftigt, selbst für den Abschluss musste ich zwei Theaterstücke verfassen.
Die junge Kronstädter Autorin Elise Wilk ...
Die junge Kronstädter Autorin Elise Wilk
Die nächste Etappe begann mit dem Preis „dramAcum“: Eine Gruppe von Bukarester Regisseuren hatte sich zum Ziel gesetzt, neue Theaterstücke zu entdecken und aufzuführen. 2008 habe ich den Wettbewerb „dramAcum“ mit dem Stück „Es geschah an einem Donnerstag“ gewonnen. Es folgte eine szenische Lesung in Bukarest, nachher hätte das Stück aufgeführt werden sollen, leider kam es aus organisatorischen Gründen nicht mehr dazu. Erst im Juni 2010 hat der Regisseur Rareș Budileanu den Text im „Ariel“-Theater Neumarkt inszeniert. Ein anderes Stück von mir, „Die mittlere Lebenserwartung der Waschmaschinen“, wurde im Oktober 2010 im Theater „I.D. Sârbu“ aus Petroșani in der Regie von Eugen Făt uraufgeführt und nahm später am Festival der Rumänischen Komödie in Bukarest teil.


Und das nächste Theaterstück?

Es folgt bald. In Neumarkt wird zurzeit ein EU-Projekt für Theaterpraxis durchgeführt. Studententeams, in denen angehende Schauspieler, Regisseure, Dramatiker, Bühnenbildner und Manager vertreten sind, „üben“ den Alltag einer Theatergesellschaft. Für die sechs Schauspieler aus meinem Team habe ich ein Stück geschrieben, dessen Premiere im März im Rahmen eines Festivals stattfinden soll. Kritiker werden die Arbeit aller Teams bewerten – die besten drei kommen auf den Spielplan des Hermannstädter Theaterfestivals. Das Schöne am Projekt ist, dass – auch wenn man nicht unter den ersten drei rangiert – man weiterhin als Team zusammenarbeiten kann. Bis dann werde ich dank eines Erasmus-Stipendiums im Theater „89“ in Berlin hospitieren, Regieassistenz und Dramaturgie machen, die Proben verfolgen. Im Juni soll „Die mittlere Lebenserwartung der Waschmaschinen“ als Hör­stück von Radio Neumarkt ausgestrahlt werden.


Das alles gehört jedoch zu deiner Freizeit. Wie passt es mit dem Berufsleben zusammen?

Ich habe fünfeinhalb Jahre als Redakteurin der Kronstädter Tageszeitung Transilvania Expres und eine Zeitlang auch als Korrespondentin der România liberă gearbeitet. Es war sehr spannend, vor allem im investigativen Journalismus. Wir waren immer unterwegs, mussten manchmal inkognito arbeiten. Leider gab es finanzielle Schwierigkeiten, das Erscheinen der Beilage wurde eingestellt und ich landete in einem Ressort, das mir nicht den gleichen Spaß machte. Ich wollte also eine Pause nehmen und die Arbeit im Kulturbereich kennen lernen. So wurde ich Anfang 2010 Kulturreferentin im Deutschen Kulturzentrum. Ich koordiniere Events, verwalte das Budget, betreue die Künstler. Es ist etwas ganz verschiedenes, aber ich kann nicht sagen, welches mir besser gefällt.


Ist in den Theaterstücken auch Autobiographie dabei?

Ein bisschen, natürlich. Es kann nicht sein, dass jemand literarische Texte schreibt, ohne ein wenig aus seiner eigenen Biographie einzubringen.


Du schreibst in rumänischer Sprache. Heißt das auch, dass du langfristig in Rumänien bleiben möchtest?

Es war für mich ziemlich frustrierend, dass in letzter Zeit viele meiner Freunde ausgewandert sind. Was hierzulande fehlt, ist Anerkennung und Geld – gewiss sind dies auch die Hauptmotive der Auswanderer. Ich selbst wollte schon immer in Rumänien leben und freue mich sehr, wenn jemand bleibt, obwohl es schwer ist. Im Ausland wird es wohl auch nicht viel einfacher sein.


Hast du Lieblingsschriftsteller?

Eher Lieblingswerke – Ich glaube nicht, dass es einen Schriftsteller gibt, von dem mir alles gefällt. Ich bin sehr begeistert von den Theaterstücken „Bash“ von Neil la Bute und „Plastilin“ von Wassili Sigariew. Eins der besten Bücher, die ich überhaupt gelesen habe, ist „Kaltblütig“ von Truman Capote.

Schlagwörter: Kultur, Theater, Kronstadt

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