31. Oktober 2005

Partisanen gegen das kommunistische Regime Rumäniens

Besprechung der Neuerscheinung von Karl-Heinz Brenndörfer: „Banditen, Spione oder Helden? Bewaffneter antikommunistischer Widerstand in Rumänien 1948-1962“, Selbstverlag, Stuttgart 2005, 298 Seiten mit 52 Abbildungen und Dokumente, ISBN 3-00-015903-7.
Als Schüler habe ich in den Jahren 1948 bis 1954 an drei Schulausflügen in das Fogarascher Gebirge teilgenommen. Dabei war immer die Rede von Partisanen, die es dort gebe. Wir haben nie welche getroffen, auch wussten wir nicht, was es damit auf sich hatte. Darüber gibt das hier zu besprechende Buch Aufschluss. Meines Wissens ist Karl-Heinz Brenndörfer der erste und einzige Deutsche aus Rumänien, der sich eingehend mit dieser Materie beschäftigt hat und seine langjährigen Forschungsergebnisse nun in einem Dokumentationsband veröffentlicht. Das ist sicherlich dadurch zu erklären, dass in diese Aktion kaum Deutsche involviert waren.

Worum geht es bei dem als „bewaffneten antikommunistischen Widerstand“ bezeichneten Kampf? Brenndörfer präsentiert in seinem Buch zwei Widerstandsgruppen, die so genannten „Partisanen“ und die „Spione“, die in den Jahren 1948 bis 1962 den kommunistischen Repressionsapparat herausforderten und als Phantome die Phantasie der Öffentlichkeit beschäftigten, da die Behörden deren Aktionen zu vertuschen versuchten und die Angelegenheit als Tabu behandelten. Das führte dazu, dass die Gerüchteküche auf Hochflamme kochte und die abenteuerlichsten Geschichten produzierte.


Bevor der Verfasser in das eigentliche Thema einsteigt, beschäftigt er sich mit der Geschichte der Eisernen Garde bzw. der Legionärsbewegung und der Etablierung des kommunistischen Regimes in Rumänien. Dabei wäre eine kritischere Bewertung der terroristischen Legionärsbewegung angebracht gewesen.

Gegen die Sowjetisierung Rumäniens und die Machtergreifung der Kommunisten entstand Widerstand in den verschiedensten politischen und sozialen Kreisen, der sich in verschiedenen Formen äußerte. Eine dieser Widerstandsgruppe stellten die so genannten Partisanen. Sie traten vor allem nach 1948 in Aktion, als in Rumänien nach der Ausschaltung der bürgerlichen Parteien und deren Opposition sowie der erzwungenen Abdankung des Königs Michael I. (30. Dezember 1947) die Kommunistische Partei daran ging, eine Diktatur und gesellschaftliche Ordnung nach stalinistischem Vorbild zu errichten. Da füllten sich die Gefängnisse mit Menschen, die die Machthaber als Klassenfeind und Regimegegner betrachteten. Bei den Partisanen handelte es sich um Personen, die als Gegner des Regimes verfolgt wurden und, um der Verhaftung zu entgehen, untertauchten beziehungsweise sich versteckten, in organisierten Gruppen in die Gebirge zurückzogen und sich bewaffnet gegen ihre Festnahme wehrten. Die Partisanen entstammten verschiedenen Bevölkerungsschichten – es waren darunter vor allem viele gewesene Legionäre, dann entlassene Offiziere, Studenten, Schüler, Bauern, ja sogar Pfarrer.

Es sind etwa 15 bis 20 Partisanengruppen bekannt, die in den Karpaten und im Măcin-Gebirge (Dobrudscha) agiert haben. Brenndörfer beschäftigt sich mit zwei dieser Gruppen, die zugleich die stärksten waren – mit jener vom Nordhang und jener vom Südhang des Fogarascher Gebirges. Er liefert dazu eine Dokumentation, die sich auf Memoiren von und Gesprächen mit Überlebenden sowie auf Recherchen in Archiven der Securitate stützen, die nach 1990 allmählich zugänglich wurden. Er hat die Partisanen zum guten Teil namentlich erfasst und ihr Schicksal verfolgt. Der Gruppe des Nordabhanges gehörten etwa 15 Männer an.

Zur Erfassung der „Banditen“ – so der Sprachgebrauch des Sicherheitsdienstes („Securitate“) – wurden Sondertruppen gebildet, wobei die lokalen Milizionäre sowie reguläre Militäreinheiten herangezogen und Spürhunde eingesetzt wurden. Brenndörfer zeigt ausführlich, wie es den Partisanen gegen die überlegenen staatlichen Einsatzkräfte jahrelang gelang, sich der Festnahme zu entziehen, wie sie ihren Alltag und ihre Versorgung bewältigten, wie sie mit der Dorfbevölkerung und den Hirten zusammenarbeiteten, wie sie ihre Verstecke bauten. Äußerst selten kam es zu bewaffneten Auseinandersetzungen mit den Einsatztruppen. Es war oft ein Katz-und-Maus-Spiel, das sich die Gehetzten und ihre Verfolger lieferten.

Wurden die Partisanen gefasst – und dieses Schicksal ereilte schließlich bis Mitte der 50er Jahre fast alle –, wurden sie vor Militärgerichte gestellt und des Verbrechens der Aufwieglung gegen das Regime, der Zugehörigkeit zu bewaffneten, terroristischen Organisationen sowie anderer regimefeindlicher Handlungen beschuldigt und zum Tode verurteilt. Es gab keine Begnadigung.

In Wirklichkeit ist von den Partisanengruppen, zwischen denen es auf Landesebene keine koordinierte Zusammenarbeit gab, keine Gefahr für das Regime ausgegangen. Sie haben auch nicht versucht, konkrete Umsturzaktionen in Szene zu setzen, sondern waren darauf bedacht, nicht verhaftet zu werden. Sie setzten ihre Hoffnungen, wie viele Menschen in den Ostblockstaaten, auf die Befreiung vom Kommunismus und den Sowjets durch die Amerikaner und wollten dann bereit sein, zum Sturz des verhassten Regimes beizutragen. Man kann demnach meiner Auffassung nach nicht von einem eigentlichen „bewaffneten antikommunistischen Widerstand“ sprechen, es waren eher ein Rückzug sowie passive, abwartende Handlungen, bei denen nur dann von der Waffe Gebrauch gemacht wurde, wenn die Gehetzten angegriffen wurden.

Im zweiten Teil seiner Dokumentation bietet Brenndörfer Informationen über den Einsatz von Agenten seitens der amerikanischen, französischen und anderer westlicher Geheimdienste mittels Fallschirmspringern. Es handelte sich dabei um Exilrumänen, hautsächlich um Legionäre, die als Agenten angeworben und ausgebildet wurden und nach ihrer Landung in Rumänien mit den Partisanen Verbindung aufnehmen sollten, um den Kern einer Revolutionsgruppe zu bilden und um per Funk militärrelevante Informationen an ihre Zentralen zu senden. In dem Buch wird über den Einsatz von fünf als „Spione“ bezeichnete Agentengruppen in den Jahren 1951 bis 1953 berichtet, die aus jeweils zwei bis fünf Mann bestanden. Sie suchten bei ihren Familien, Anverwandten und fremden Unterschlupf und Unterstützung. Da ihr Absprung der Securitate nicht verborgen blieb, setzte ihre Verfolgung ein, die teilweise wie ein Krimi verlief. Die Spione konnten weder Verbindung mit den Partisanen aufnehmen noch sonstige Diversionstätigkeiten ausführen, sondern rangen lediglich um ihr Überleben. Bereits 1953 waren fast alle gefasst und sie sowie ihre Helfer, die ihnen Unterschlupf und sonstige Hilfe gewährt hatten, wurden als Vaterlandsverräter zum Tode verurteilt. Viele Mitwisser wurden zu hohen Kerkerstrafen wegen Unterlassung der Anzeige bestraft. Es war nicht nur ein aussichtsloses und unrealistisches Unternehmen, sondern es hat verantwortungslos Menschen dem kommunistischen Terror ausgeliefert.

Brenndörfer untersucht auch, in welchem Maße Siebenbürger Sachsen an diesen Aktionen beteiligt waren. Daraus ergibt sich, dass sich unter den Partisanen keine Sachsen befanden. Es gab aber Familien, vor allem in Seiburg, die Partisanen gelegentlich Quartier oder Hilfe gewährten. Unter den Spionen, die mit Fallschirmen abgesetzt wurden, waren zwei Sachsen: Mathias Bohn aus Bulkesch und Wilhelm Spindler aus Großscheueren. Sie waren 1943 zur Waffen-SS eingezogen worden und als Kriegsgefangene als Agenten angeworben worden. Während Bohn sich nach der Landung am 18. Oktober 1951 außerhalb seines Verwandtenkreises versteckt hielt und bereits am 16. Dezember 1951 gefangen wurde, begab sich Spindler zu seiner Familie und stellte sich bald selbst der Miliz. Trotzdem wurden ihm keine mildernden Umstände, wie er und seine Angehörigen gehofft hatten, gewährt. Er wurde auch zum Tode verurteilt, dazu noch seine Mutter und Schwester mit drei Jahren Haft belegt.

Als Mitschuldiger am Verbrechen des Vaterlandsverrates wurde der Kronstädter Sachse Erich Tartler 1953 zum Tode verurteilt und hingerichtet, weil er in seiner Gärtnerei im Bartholomäer Viertel zwei Agenten längere Zeit beherbergt hatte. Seine Ehefrau wurde als Mitwisserin zu 15 Jahren Zwangsarbeit und mehrere weitere Anverwandte wegen unterlassener Anzeige zu zwei bis zwölf Jahren verurteilt.

Der wertvolle Dokumentationsband kann über den SiebenbuergeR.de-Shop oder beim Verfasser Karl-Heinz Brenndörfer, Werner-Haas-Weg 5, 70469 Stuttgart, Telefon/Fax: (07 11) 85 02 89, zum Preis von 19,80 Euro, zuzüglich Porto, bestellt werden.

Michael Kroner


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