25. Mai 2003

Kronenfest der Jugend in Dinkelsbühl

Beim diesjährigen Heimattag der Siebenbürger Sachsen in Dinkelsbühl werden die Tanzgruppen der Siebenbürgisch-Sächsischen Jugend in Deutschland (SJD) am Pfingstsonntag, den 8. Juni, 15.45 Uhr, am Marktplatz in Dinkelsbühl das Kronenfest feiern. Das im Rahmen der Brauchtumsveranstaltungen organisierte Fest findet in Zusammenarbeit mit dem Mitgestalter des diesjährigen Heimattages, dem Verband der Siebenbürgisch-Sächsischen Heimatortsgemeinschaften, statt.
Das Kronenfest war bis zum Massenexodus 1990 in vielen Gemeinden Siebenbürgens, besonders im Gebiet zwischen Kokel und Alt, beheimatet und wurde ausschließlich von der konfirmierten Jugend gestaltet. Es gehört zu den schönsten sächsischen Festen und fand meistens Ende Juni um den Johannistag (24. Juni) oder den Peter-und-Pauls-Tag (29. Juni) in der Zeit der Ernteerwartung und -vorbereitung statt. Geprägt wird das Kronenfest durch die leuchtenden Farbe einer mit Blumen und Laub geschmückten Krone, die auf einem oft bis zu 20 Meter hohen Baumstamm befestigt war.

In manchen Gemeinden gab es ortsspezifische Besonderheiten bei diesem Fest, aber im Großen und Ganzen war der Ablauf des Kronenfestes in etwa der Gleiche: Einige Tage vor dem Fest holten die Burschen der konfirmierten Jugend, die sogenannten „Knechte“ einen Baumstamm (Buche, Fichte, Tanne) aus dem Wald, brachten ihn auf den Dorfplatz und schälten ihn von der Rinde. Am Vortag des Kronenfestes brachten die „Mägde“, die konfirmierten Mädchen, Feld- und Gartenblumen sowie grünes Laub (meistens Eichenlaub) und schmückten damit die Krone, ein Sinnbild des Sommers und der Sonne, die in jenen Tagen ihren höchsten Stand am Himmel erreicht. Der Volkskundler Erhard Antoni unterscheidet verschiedene Arten von Kronen: einfache Baumkronen, die aus einem Wagenrad bestanden; Doppel-Baumkronen, wo auf die untere große Krone eine kleinere aufgesetzt wird; oder einfache Hängekronen, bei denen mehrere waagerechte Reifen mit senkrechten Streben verbunden werden. Die Krone wurde auf dem Baumstamm befestigt und auf dem Dorfplatz aufgestellt.

Nach dem Gottesdienst und Mittagessen, begann das Fest mit dem Aufmarsch der Jugend in Tracht, wobei sich stets fast die gesamte Dorfbevölkerung auf dem Dorfplatz einfand. Die jugendlichen Trachtenträger stellten sich im Kreis um den Kronenbaum auf, während anschließend meistens die Lieder „Af deser Ierd“ oder „Siebenbürgen, Land des Segens“ gesungen wurden. Ein schon vorher bestimmter Bursche, der so genannte Jungaltknecht, hatte dann die Ehre den Kronenbaum zu erklimmen. Bei tosendem Beifall der Anwesenden und Blasmusiktusch setzte er sich in die Krone, stärkte sich mit einen kräftigen Schluck aus der in der Krone befestigten Weinflasche und hielt dann aus luftiger Höhe die Kronenrede, in der er auf eine gute Ernte hoffte und sich bei den Helfern des Kronenfestes bedankte. Die Kinder freuten sich ganz besonders, wenn es mit Bonbons oder anderem Naschwerk aus der Krone regnete. Unter Blasmusikbegleitung stieg der Jungaltknecht herab und tanzte mit der Jungaltmagd einen Ehrenwalzer. Es folgte der allgemeine Tanz der Jugend unter der Krone. Das Kronenfest leitete die Erntezeit ein, die mit viel Arbeit verbunden war. In dieser Zeit durfte die Jugend nicht tanzen. Erst der Martinstag im November setzte dieser schwersten Zeit im Jahresablauf der bäuerlichen Bevölkerung ein Ende.

In Deutschland wird die Tradition des Kronenfestes durch Veranstaltungen der landsmannschaftlichen Kreisgruppen oder Heimatortsgemeinschaften fortgeführt. Wie in unserer Heimat Siebenbürgen erfreuen sich die feste sehr großer Beliebtheit. Als wichtigstes Fest der Jugend wollen die siebenbürgisch-sächsischen Tanzgruppen diesen Brauch einem breiten Publikum am Pfingstsonntag in Dinkelsbühl vorführen. Hierzu sind alle Landsleute, Groß und Klein, sehr herzlich eingeladen.

Rainer Lehni


(gedruckte Ausgabe. Siebenbürgische Zeitung, Folge 9 vom 31. Mai 2003, Seite 4)

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